Kapitel 13

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Argon hält weiterhin den Blickkontakt zu mir und hält sich seine Seite. Stimmt, ich habe ihn verletzt. Ganz vergessen.

„Du solltest ins Krankenhaus", sage ich und Argon drückt seinen Kopf zu mir hoch.
„Du bist den Schmerz wert. So sehr, dass ich hier bis zum Ende meines Lebens knien werde", sagt er und ich schlucke. „Ich halte lieber jeden Schmerz der Welt auf, als dich zu verlassen", sagt er und mehr Blut tropft aus seinem Körper. Seine Gesichtsfarbe wird blasser und seine Augen trüber.

„Ich mache das nur, weil ich dir was schulde", sage ich und ziehe ihn an seinem Arm mit mir nach oben.
„Wir können nicht in ein Krankenhaus", flüstert er gegen meine Haut. „Ich werde immer noch gesucht", sagt er und zieht seine Augenbrauen vor Schmerzen zusammen.

„Dann mache ich das", sage ich und helfe Argon auf den Tisch in der Küche.

Es wäre nicht das erste mal, dass ich mich um seine Wunden kümmere. Schon früher habe ich Wunden zugenäht, Kugeln aus seinem Fleisch gezogen oder Knochen wieder eingerenkt.

Mit Handschuhen und Handtüchern komme ich aus dem Badezimmer und schaue auf Argon. Er sitzt auf dem Tisch und zieht sich sein T-Shirt aus.
Die vielen Tattoos, die mir gewidmet sind blitzen auf und übersähen seinen Körper.

„Sind es mehr geworden?", frage ich und schaue auf seine Brust. „Ich hatte genügend Zeit im Gefängnis dafür", grinst er und legt sich wieder hin. Kurz schüttle ich den Kopf, ehe ich eine große Nadel herausziehe.

Mit bebenden Herzen schaue ich auf die Wunde und das triefende Fleisch.

„Ich vertraue dir", sagt er.
„Das solltest du aber nicht", antworte ich und seine Augen werden schwach.

„Ich vertraue dir bis in den Tod", sagt er und schaut wieder hoch zur Decke.

„Es tut mir leid", flüstere ich und drücke die Nadel mit Faden durch sein Fleisch. Argon zieht die Luft ein und sein Brustkorb bewegt sich nicht mehr. „Weiteratmen!", ermahne ich ihn und ziehe den Faden durch das kleine Loch.

„Bellezza (Schönheit)", stöhnt er schmerzhaft und ich verknote den Faden. „Beeil dich", sagt er und seine Atmung wird unregelmäßig. „Ich bin gleich fertig. Halte durch", sage ich und greife nach der Watte.

Bis ich seine Wunde komplett versorgt habe, ist Argon in Ohnmacht gefallen. Ich wäre schon nach dem ersten Stich gestorben.
Seine Atmung ist flach und sein Körper eiskalt.

Scheiße. Er wird mir noch wegsterben. Aber dann wäre es vorbei. Dann wäre es endlich vorbei.
Dann wäre er tot - einfach weg und nicht mehr mein Problem. Dann würde er mich für immer und ewig in Ruhe lassen.

Scheiße.

OUR PAST WILL BE OUR DEATHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt