Rückblick

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Mit ängstlichen Blick schaute ich erneut in den Spiegel. Heute sollte ein neuer, besserer Lebensabschnitt beginnen, weshalb ich noch aufgeregter war als am Abend davor. Meine Mutter trat hinter mir an den Spiegel und streichelte mir über meine Haare. "Sei nicht so angespannt. Ich bin mir sicher das du mit deiner positiven Ausstrahlung viele Freunde finden wirst. Und vergess nicht: DU BIST EIN STARKES MÄDCHEN UND NIEMAND WIRD DICH MEHR SO VERLETZEN KÖNNEN WIE FRÜHER!". "Danke Mama was würde ich nur ohne dich machen:)." "Aber jetzt schnell ins Auto sonst kommst du noch zu spät zur Schule!". Ich packte mein Frühstück noch schnell in meine Tasche und ging runter zum Auto, welches schon aus der Garage gefahren worden ist.

Sicherlich fragt ihr euch was passiert ist in meinem früheren Leben und was so schlimm sein konnte gleich die Stadt zu wechseln. Ich werde es euch sagen:
In meiner alten Schule waren nicht alle immer so scheinheilig wie sie aussahen. In jedem noch so niedlichen Gesicht sah ich nur eins. Schadenfreude. Schadenfreude, weil ein weiteres Mal ein unschuldiges Mädchen voller Demut weinend wegrannt. Immer wieder, jeden Tag.
Ehemalige Freunde wurden zu meinen größten Feinden.
Greifend nach einem noch so kleinen Hoffnungsschimmer endlich jemanden gefunden zu haben, der einen respektiert wie man ist, versuchte ich Tag täglich diese Torturen des endlosen Mobbings über mich ergehen zu lassen. Jeden Tag fragte ich mich, was an mir falsch war. War ich zu hässlich? Zu dick? Behandelte ich meine Mitschüler falsch? War ich nicht nett oder hilfsbereit genug? Bis heute weiß ich immernoch nicht was Schuld an allem war. Jedoch blieben die Narben auf meiner Seele zurück.
Nach einem Jahr beschlossen meine Eltern und ich schließlich wegzuziehen und ein neues Leben in Neustadt anzufangen.

Jetzt wisst ihr grob was der Grund für meinen Neuanfang war.

An der Schule angekommen stieg ich mit zitternden Knien aus. Das Schulgelände war auf den ersten Blick nicht sehr groß und auch auf den zweiten nicht sonderlich viel größer, aber irgendwie versprühte das Gebäude eine Gefühl von Unbesiegbarkeit. Schnell verabschiedete ich mich von meinen Eltern und ging über den Schulhof zum Haupteingang. Offenbar war die Tür noch verschlossen, jedoch viel mir dies zu spät auf, weshalb ich prompt gegen die Tür gestoßen bin.
"Verdammt!", flüsterte ich und hilt mir prüfend die Hand an die Stirn. Plötzlich sprach mich ein Typ überraschend mit seiner freundlich klingenden Stimme von der Seite an. Meinen Erfahrungen zu Folge hieß Nettigkeit nicht gleich Nettigkeit.
"Hey, ich bin Marc:). Offensichtlich bist du neu hier an der Schule sonst würdest du wissen, dass der Hausmeister erst um 7:55 Uhr die Türen öffnet. " Er reichte mir seine Hand und ich nahm sie etwas zögernd entgegen. "Hey, ich bin Ina", gab ich etwas kleinlaut wieder. "Du scheinst nicht gerade gesprächig zu sein aber das ist überhaupt kein Problem jeder ist schließlich mal schüchtern. ", meinte der braunhaarige Junge zu mir.
Die Tür ging auf ich ich lief erstmals zum Sekretariat um mein Stundenplan abzuholen.
Die erste Hürde war geschafft.

Narben der SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt