Warum ausgerechnet Er?

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Ein wohlwollender Mittwoch in der Stadt Weimar. Die Straßen sind befüllt mit Spaziergängern, Kutschen und Reitern auf ihren Rossen.

Goethe und Schiller saßen im Garten des geheimen Rat's. Die Blumen verteilen einen gutriechenden Duft. Christiane brachte den beiden Herren Tee.
,, Wie ergeht es deiner Familie?" Goethe schlirfte von seinem Tee und schaute Schiller interessiert an.
,, Gut gut. Meine Maus verbringt ihre freie Zeit mit Bildung und Wissen. Ein tüchtiges und begabtes Weib. Die Kinder sind wohlauf und genießen ihr Dasein in der Welt." Schiller nahm seine Teetasse und setzte sie an seinen Mund.
,, Das ist schön zu hören. Ich hoffe dieser Wohlstand wird beibehalten."
,, Ich tue mein Bestes." Gab Herr Schiller zurück.
,, Nein, August nicht!" Hört man wenige Sekunden von Christiane bevor der kleine August von Goethe in den Garten rannte. Abrupt blieb der Junge stehen und starrte die beiden Männer an. Die verschiedenen Mienen der Dichter waren bemerkenswert. Schiller lächelte den Jungen nett an und wünschte ihm einen guten Tag. Goethe jedoch warf seinem Sohn einen giftig warnenden Blick zu.
,, Scher' dich zurück ins Haus, du Bengel!"
,,Verzeih' mir, Vater"
August ging zügig zurück. Christiane nahm den Jungen an die Hand und ging mit ihm in die Küche.
,, War das denn unbedingt nötig?" Schiller schaute seinen Freund verständnislos an.
,, Was meinst du?" Goethe legte die Stirn in Falten.
,, Er hat nicht's Falsches getan. Er will im Garten Zeit verbringen. Ist das denn so furchtbar?" Schiller zog eine Augenbraue nach oben und wartete auf die Antwort seines Gegenübers.
,, Ein Junge seines Alters muss lernen sich zu benehmen."
,, Johann, er ist 5!" Goethe verschluckte sich an seinem Tee. Warum in Gottes Namen wurde Schiller so laut?
,, Dir wurde anscheinend auch nie Respekt beigebracht." Gab Herr von Goethe zurück.
,, Oh natürlich, Verzeihung, wenn ich so wenig Respekt habe, dann hast du sicher nicht den Willen weiter deine wertvolle Zeit mit meiner Wenigkeit zu verschwenden." Mit diesem Worten ging Schiller zurück in das Wohnhaus. Goethe schaute ihm sprachlos hinterher.

Schiller ging in die Küche und sagte Christiane und August Leb' wohl.
,, Warum wollen sie schon gehen? Es ist doch nicht etwa mein kleiner Junge schuld?" Christiane machte einen besorgten Eindruck.
,, Nein nein, machen sich ja keine Vorwürfe. Nicht der kleine August hat's getan, sondern ihr Gatte." Schiller drehte sich abrupt um und verließ das Haus. August schaute seine Mutter fragend an.

Goethe saß da. Das Gesicht in die Hände gelegt. Endlich konnte er seinen Freund wiedersehen und er hatte es vermasselt. Die Wut in Schiller wird seinen körperlichen Zustand verschlechtern. Goethe machte sich die schlimmsten Vorwürfe. Wieso musste er immer Streit anfangen? Und dann auch noch mit...mit Friedrich. Warum ausgerechnet der Mann den Goethe doch so sehr mochte?

Schiller hastete durch die Straßen Weimar's. Sein Wohnhaus war nicht weit entfernt. Tränen bildeten sich in seinen Augen. Hatte Goethe das Gesagte ernst gemeint? Gleich würde er zu Hause sein. Bei seiner Frau. Bei seinen Kindern. Aber, wollte er das Überhaupt? Nein. Eigentlich wollte er am liebsten zurück zu Goethe und ihm um den Hals fallen. Schiller wischte diesen Gedanken schnell wieder aus seinem Kopf. So eine Art körperliche Annäherung war nicht ihr Stil...Leider. Auch wenn Schiller es nicht wahr haben wollte, er hatte Gefühle für den alten Greis. Daraus konnte und würde natürlich nie etwas werden. Sie waren schließlich nur Kollegen, höchstens Freunde, mehr aber auch nicht. Außerdem waren sie beide verheiratet und hatten Kinder. Ab gesehen davon würde eine romantische Beziehung ihren Ruf in der Gesellschaft zerstören. Schiller blieb 1 Meter vor der Haustür stehen, richtete seinem Gehrock und brachte seine Tränen wieder unter Kontrolle. Er öffnete die Tür und betrat sein Zuhause. Seine Söhne Karl und Ernst rannten auf ihn zu und drückten ihn ganz fest. Charlotte kam aus dem kleinen Wohnzimmer in den Flur und begrüßte ihren Ehemann. In Charlotte's Armen lag die kleine Caroline, die Schiller anlächelte.
,, Ich werde mich in mein Arbeitszimmer zurückziehen." sagte er und ging an seiner Frau vorbei.
,, In einer Stunde wird aufgetischt." sagte sie ihm hinterher. Schiller nickte leicht, so leicht dass Charlotte es wahrscheinlich garnicht gemerkt hatte. In seinem Schlafzimmer, das auch als Arbeitszimmer funktionierte angekommen, setze sich Schiller an seinen Schreibtisch, breitete ein Blatt Pergamentpapier aus, nahm seine Feder in die Hand und schrieb einen Brief an seinen guten Freund Körner.

,, Grüße dich mein Freund,
Ich hoffe dir ergeht es gut und du bist im körperlichen als auch im geistlichen Sinne wohlauf.
Ich bin es leider nicht. Wie du weißt habe ich mich mit Goethen angefreundet und verbringe viel Zeit mit diesem. Ich genieße diese Zeit und will sie nicht missen müssen. Heute jedoch gab es einen mir unverhofften Vorfall, der mich zu tiefst erschüttert.
Ich und der Geheime Rat haben uns vertritten. Wie Kinder gezangt haben wir uns. Ich fühle mich schuldig und trotzdem im Recht.
Sag' mir mein Freund, was soll geschehen? Was soll ich tun?
Leb' wohl, F. Schiller."

Schiller legte seine Feder wieder beiseite und lehnte sich zurück. Er vermisste Johann. Seinen Johann. Der Geiheime Rat des Herzog's, der Autor der 'Leiden des jungen Werthers', der berühmteste Dichter Preußens. Johann Wolfgang von Goethe, der Mann den Schiller liebte.

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