Besuch beim Herzog

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Die Kutsche hielt vor dem Schloss der königlichen Familie. Der Kutscher öffnete die Tür und Goethe trat heraus. Er blickte zu dem Kutscher.
,, Wo hält sich der Herzog auf?"
,, In seinem großen Arbeitszimmer." Der Kutscher schloss die Tür der Kutsche.
,, Ist nicht jedes seiner Arbeitszimmer groß?" Nuschelte Goethe und ging zum Eingang des Schlosses.

Karl August saß am seinem Schreibtisch und blätterte gerade in einem Buch über Metaphysik herum, als ein Bediensteter den Raum betrat.
,, Herr Geheimrat von Goethe ist soeben eingetroffen."
,, Schicken sie ihn herein." Befahl der Herzog und wedelte leicht mit der Hand. Der Bedienstete nickte und ging wieder hinaus.

,, Du willst deinem alten Kollegen wohl auf wiedersehen sagen." Sagte Goethe und schloss die Tür hinter sich.
,, Früher waren wir mehr als nur Kollegen." Gab Karl August zurück ohne von seinem Buch aufzublicken.
,, Sag das nicht. Das klingt als hätten wir mal ein Verhältnis gehabt." Sagte Goethe und schaute bedrohlich auf den Hinterkopf des Herzog's.
,, Hatten wir das nicht?" Karl August lächelte verschmizt, stand auf und schaute seinem Gegenüber direkt in die Augen.
,, Ich sollte mich auf den Weg nach Berlin machen."
,, Was ist zwischen dir und Schiller passiert?" Fragte der Herzog den Dichter. Goethe sah seinen Gegenüber überrascht an.
,, Ich bin kein Idiot, Johann. Wir kennen uns schon so lange. Dein Verhalten ist wie ein schönes altes Buch, das ich aufschlagen und lesen kann." Erklärte Karl August und blättere weiter in seinem Buch herum. Dann schlug er es zu und stellte es zurück in's Regal.
,, Wie hast du es gemerkt?" Goethe schaute ihn immernoch überrascht an.
,, Der Fakt das nicht Schiller sondern Wieland die Aufgaben des Theater's übernehmen soll hat Bände gesprochen." Der Herzog hielt die Hände hinter seinen Rücken und straffte sie Schultern.
,, Mein Besuch in Berlin hat nicht's mit Schillern zutun." Goethe blickte ihm tief in die Augen, um die Aussage glaubwürdig wirken zu lassen.
,, Ich bin wie gesagt kein dummer Mann. Taten sagen mehr, als Worte es jemals könnten." Mit diesen Worten setze sich der Herzog wieder an seinen Schreibtisch.
,, Du wirst nicht nach Berlin reisen." Karl August deutete Goethe zu gehen.
,, Du kannst mich nicht zwingen zu bleiben!" Goethe wurde laut und ballte die Fäuste.
,, Doch, kann ich. Geh' jetzt bitte." Er deutete Goethe nochmals zu gehen.
,, Wenn du mich so gut kennst, solltest du eigentlich wissen, dass mich niemand und ich wiederhole niemand aufhalten kann!" Damit verließ Goethe das Arbeitszimmer und ließ den Herzog alleine.

Goethe raste aus dem Schloss zur Kutsche.
,, Zurück zum Frauenplan." Sagte er, während er in die Kutsche stieg.
,, Sir." Sagte der Kutscher mit einem Nicken und fuhr los.

Der Herzog rief einen Bediensteten zu sich.
,, Was wünschen Sie, Sir?"
,, Behalten sie Johann Wolfgang von Goethe im Auge und informiert mich über alles was er außer Haus macht." Befahl Karl August und rieb sich nachdenklich über's Kinn.
,, Zu Befehl, Sir." Sagte der Bedienstete und ging wieder.

Am Frauenplan angekommen, stieg Goethe, immernoch rasend aus der Kutsche und stapfte in sein Wohnhaus. Die Kutsche fuhr wieder fort. Christiane erschrak als ihr Gatte plötzlich im Türrahmen stand.
,, Ich werde wohl doch noch ein paar Tage in Weimar bleiben." Sagte er und ging in sein Arbeitszimmer. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und grübelte vor sich hin. Plötzlich klopfte es an der Tür.
,, Herein." Sagte Goethe und blickte zur Tür. August trat herein und schaute ehrwürdig zu seinem Vater.
,, Frau Schiller ist bei uns. Sie will dich sehen." Goethe riss langsam die Augen auf und stand dann ruckartig auf.
,, Ich bin gleich da." Sagte er leise. August schloss langsam wieder die Tür und ließ seinen Vater im Arbeitszimmer zurück. Goethe stütze sich auf seinem Stuhl ab und atmete schnell. Was wollte Charlotte von ihm?

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