Goethe ging langsam und behutsam in das Wohnzimmer, wo er, als auch Christiane immer Gäste empfingen. Er blieb im Türrahmen stehen. Charlotte saß auf dem kleinen Sofa und trank Tee. Diesen hatte Christiane ihr vor wenigen Sekunden gebracht. August huschte neben seine Mutter und schaute seinen Vater aufmerksam zu, wie er den unangemeldeten Besuch begrüßte.
,, Charlotte, was verschafft mir die Ehre?" Fragte Goethe ohne sich vom Türrahmen zu entfernen.
,, Ich denke das sollten wir unter vier Augen besprechen." Der Dichter nickte und deutete Frau und Kind zu gehen. Er nahm vorsichtig neben Charlotte auf dem kleinen Sofa platz und schaute sie steif an. Irgendetwas muss vorgefallen sein. Irgendetwas mit Schiller.
,, Es geht um Friedrich." Charlotte machte ein ernstes Gesicht. Goethe spürte ein schmerzendes Stechen in seinem Herz.
,, Sein Zustand hat sich radikal verschlechtert." Charlotte setzte die Teetasse ab. Goethe konnte erkennen, wie ihre Augen feucht wurden.
,, Das letzte was er zu mir sagte war," Charlotte begann zu schluchzen. Goethe legte ihr beruhigend seine Hand auf die Schulter.
,, Was sagte er?" Charlotte blieben die Worte im Hals stecken.
,, Charlotte, bei aller meiner Liebe und Zuneigung und der Freundschaft die ich mit ihrem Ehemann flege, bitte sagen sie mir was los ist."
,, Er wollte sich mit ihnen treffen." Sagte Charlotte und Tränen rollten ihr über die Wangen. Goethe schaute seinen Gegenüber mit leerem Blick an.
,, Er wollte Sie sehen, Johann." Sagte sie und vergrub das Gesicht in den Händen. Plötzlich kam Christiane herein und hockte sich vor Charlotte hin.
,, Ich hörte die weinende Charlotte." Sagte sie zu ihrem Gatten und reichte Charlotte ein Tuch zum abwischen der Tränen. Goethe stand ohne ein Wort auf und verzog sich in sein Arbeitszimmer.Bücher und Schriften lagen auf dem Tisch. Darunter auch welche von Schiller. Goethe setze sich auf einen der Stühle und starrte in die Leere. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Er spürte immernoch dieses Stechen in seinem Herzen und Tränen bildeten sich in seinen Augen. Er konnte das Alles nicht mehr. Er würde nach Berlin reiten. Voller Entschlossenheit erhebte er sich wieder und schnappte sich die wichtigsten Bücher seiner Sammlung. Dann ging er in sein Schlafzimmer und packte seine Sachen erneut. Er nahm noch ein Stück Papier. Auf dieses schrieb er eine glaubhafte Erklärung, warum er jetzt doch nach Berlin ging. Dann schnappte er seine Sachen und ging leise und ohne Aufsehen zu erregen aus dem Wohnhaus. Er ging zu einem Pferdeverleih, wo er sich das schnellste Pferd mit herausragender Ausdauer aussuchte.
,, Eure Hoheit." Sagte ein Bediensteter des Herzog's. Karl August schaute den Bediensteten genervt an. Er hatte zu tun und wollte beim besten Willen nicht gestört werden.
,, Was ist?" Seine Stimme hatte einen giftigen Unterton, der einem Kind wahrscheinlich unglaubliche Angst eingejagt hätte.
,,Herr Geheimrat von Goethe hat sich ein Pferd geliehen und ist auf dem Weg raus aus der Stadt." Karl August sprang auf.
,, Dann verfolgt ihn, verdammt nochmal!"
,, Zu Befehl." Sagte der Bedienstete und ging ab.Goethe ritt los. Er spürte den Wind in seinen Haaren und genießte die angebliche Freiheit. Vor ihm, an der Grenze der Stadt, versperten ihm zwei Soldaten des Herzog's den Weg. Doch Goethe war nun voller Adrenalin. Er beschleunigte das Tempo des Pferdes und sprang. Knapp flog das Pferd über die Soldaten hinweg. Wieder auf dem Boden angekommen, setzte Goethe ein diaboloisches Grinsen auf. Er hatte Karl August gewarnt, Niemand könne ihn aufhalten. Wenige Sekunden später bemerkte Goethe weitere Soldaten hinter sich, die ihm entschlossen hinterher ritten. Doch Goethe hatte ein Ass im Ärmel und eine Stadt in Sichtweite. Die Universitäts Stadt Jena. So schnell er konnte ritt er auf die Stadt zu. Dann galoppierte das Pferd vollen Tempos durch die Straßen der Stadt. Er sprang über alles das ihm in den Weg kam und nichts konnte ihn ausbremsen. Die Leute wichen erschrocken zurück. Fichte, der das ganze Geschehen aus dem Fenster beobachtete, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.Goethe ist und bleibt ein Rebell. Der Dichter bog um eine Ecke und um eine zweite, bis er schließlich aus der Stadt raus war. Die Soldaten kamen nicht durch die Straßen und verloren so Goethe aus den Augen. Er hatte sie abgehängt.
Er galoppierte mit seinem Ross ruhig über die Feldwege und betrachte die wunderschöne Landschaft. Er zog die frische Luft durch seine Nase und genießte die nun wirkliche Freiheit.
,, Herr Geheimrat von Goethe ist uns entwischt." Sagte ein Bediensteter mit kleinlautem Ton. Der Herzog ballte die Fäuste.
,, Ihr werdet mir meinen geheimen Rat unverzüglich wieder nach Weimar bringen und wenn es das letzte ist, was ihr tut!" Schrie Karl August und schlug mit voller Wucht auf den Tisch.
,, Natürlich, eure Exzellenz." Antwortete der Bedienstete und ging wieder.
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Mehr als nur Dichter Kollegen?
FanfictionWeimar, die Stadt der Dichter und Denker. Und vielleicht auch der Liebe. Jedenfalls läuft es bei Schiller und Goethe ganz schön rund. Streit, Flucht, Tränen und viele viele Fragen sind der Haupt Bestandteil von "Mehr als nur Dichter Kollegen?" Wird...