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Samuels Leinenhemd war feucht vom Blut, das aus der Wunde über seinem Herzen austrat. Der Stoff klebte unangenehm an seiner Haut. Die Klinge seines Gegners war durch die geschmiedete Rüstung gedrungen. Er konnte glücklich sein, dass sein Gegner nicht über ein Flammenschwert verfügte, sonst wäre er jetzt tot gewesen.

Samuel wehrte den nächsten Schlag mit seinem Schwert ab. Eisen traf auf Eisen, rieb kreischend übereinander. Unzählige Opfer hatte dieser Kampf schon gefordert. Er hätte nicht sagen können, was den lehmigen Boden unter seinen Stiefeln mehr aufgeweicht hatte. Der Regen, der erbarmungslos auf die Krieger herunterprasselte, oder das Blut seiner gefallenen Brüder.

Rechts von ihm erhellten Flammen die hereinbrechende Dunkelheit, als das Schwert eines Engels einen anderen aufspießte. Egal auf welcher Seite sie kämpften, jeder Krieger, der sein Leben ließ, war einst sein Bruder gewesen.

Samuel blinzelte Regenwasser aus seinen Augen, das ihm die Sicht auf seinen Gegner nahm. Hinter sich konnte er Adrian keuchen hören. Auch er war verletzt und kämpfte mit letzten Kraftreserven gegen die Überzahl der anderen Seite an. Lange würden sie die Stellung nicht mehr halten können. Sie waren von Anfang an unterlegen gewesen.

Mit einem kräftigen Hieb trieb Samuel sein Schwert in die Brust eines Bruders. Flammen züngelten an seiner Klinge, erfassten den Körper des anderen Kriegers. Schreiend stürzte er zu Boden. Die Flammen erstarben im gleichen Moment, da seine Seele erlosch.

Samuel hatte keine Zeit sich nach Adrian umzusehen. Schon drängten sich die nächsten Dämonen um ihn herum. Sie umzingelten ihn. Schlugen mit ihren Schwertern erbarmungslos auf ihn ein. In ihren Augen flackerten rote Lichter. Er hatte kaum noch die Kraft, sich auf den Beinen zu halten. Die Wunde in seiner Brust kostete ihn zu viel. Sie würde ihn nicht umbringen, aber sie schwächte ihn empfindlich.

Die vier gegnerischen Krieger verringerten ihren Abstand immer mehr. Wollten sie mit ihm kuscheln? Samuel versuchte sich Platz zu schaffen, indem er sich mit dem Schwert in der Hand um die eigene Achse drehte. Einen kurzen Blick konnte er auf Adrian erhaschen, der seinerseits mit mehreren Gegnern kämpfte. Es schien, als drängten sie ihn von Samuel weg.

Die anderen wussten, warum sie so vorgehen mussten, um Adrian und ihn zu besiegen. Seit vielen Jahrhunderten schon kämpften sie Seite an Seite in diesem Krieg. Sie wussten in jeder Situation, was der andere tun würde. Nur ein kurzer Blick reichte aus, um sich zu verständigen. Niemand hatte es bisher geschafft, einen Kampf für sich zu entscheiden, solange Adrian und Samuel zusammen waren. Doch dieses Mal würde es anders laufen. Der Gegner hatte es auf die beiden Heerführer abgesehen. Von Anfang an hatten sie sich bewusst nur auf die beiden konzentriert.

Hände griffen nach Samuel, packten ihn an den Oberarmen und zerrten ihn von Adrian fort, der mit dem Schwert um sich hieb und Samuel mit schreckgeweiteten Augen hinterher starrte.

Er versuchte sich zu befreien. Stemmte seine schweren Stiefel tief in den schlammigen Boden. Riss an seinen Armen.

Das Letzte, was er sehen konnte, bevor er teleportiert wurde, waren Krieger seines Heeres, die Adrian zu Hilfe kamen.

Keuchend schreckte ich aus meinem Traum auf. All das Blut, die leblosen Körper, die Schreie und mittendrin Adrian und Sam. Fröstelnd rieb ich mir über die Arme. Was war das für ein Traum gewesen? Warum war er mir so real vorgekommen? Ich hatte sogar den entsetzlich metallischen Gestank von Blut, Tod und verbrennendem Fleisch riechen können, wenn die Flammenschwerter sich tief in den Körper eines der Männer gebohrt hatten. Flammenschwerter? Leuchtend rot, grün oder blau? Hatten nur noch Darth Vader und Skywalker gefehlt.

Diese merkwürdigen Träume aus einer Zeitepoche, die ich gar nicht kannte, häuften sich, seit wir zurück nach Linden gezogen waren.

Ich hatte früher schon ähnliche Träume von ähnlichen Schlachten gehabt. Das war jetzt einige Jahre her. Sie hatten mich mit all ihrer blutigen Grausamkeit kurz nach unserem Umzug nach Wiesbaden eingeholt. Und in all diesen Träumen war immer wieder das Gesicht eines jungen Mannes aufgetaucht, der nur kurz im Haus von Dave gelebt hatte. Schon damals wusste ich nicht, was das zu bedeuten hatte und warum gerade er in diesen Träumen immer wieder auftauchte. Zugegeben, ich fühlte mich heimlich etwas von ihm angezogen. Er hatte etwas an sich, das mich nicht losließ. Nicht so wie bei Adrian, aber fast so wie bei Sam – keine romantischen Gefühle, sondern eine Faszination.

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