Letzte Nacht

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Ich schließe die Tür hinter Finnick und mir. „Letzte Nacht, huh?"
sagt Finnick belustigt,
aber ich kann ganz genau raushören,
dass er es ganz und garnicht lustig findet.
Da ist mehr als ein Hauch Angst in seiner Stimme zu erkennen.
Wer hätte das nicht.
„Ich verspreche dir,
ich werde dich da rausholen"
versichere ich ihm.
„Wie wollt ihr das eigentlich anstellen?"
fragt er.
„Lass das mal meine Sorge sein"
antworte ich.
„Komm schon, Aura. Ich will es wissen"
drängelt er.
„Es ist noch nicht zu hundert Prozent sicher,
aber Plutarch wird es noch hinkriegen bevor es losgeht"
versichere ich ihm zögernd.
Zweifel macht sich in seinem Gesicht breit.
„Was ist, wenn ihr er es nicht schafft?"
„Er wird es schaffen, Finnick.
Bitte mach dir keine Sorgen"
sage ich.
Darum muss er sich nicht auch noch Sorgen machen.
Er schaut nachdenklich zu Boden.
Ich nehme sein Gesicht in meine Hände.
„Denkst du wirklich,
dass ich dich da drinnen lassen würde?"
flüstere ich.
„Naja, kommt drauf an wieviele Kommentare ich mir nicht verkneifen kann"
antwortet er mit schelmischen Grinsen.
„Du kannst echt nicht ernst bleiben"
lache ich.
„Wenn ich immer ernst bleiben würde,
würde ich das hier nicht durchstehen"
gibt er zu.
Jetzt schauen wir beide bedrückt zum Boden. „Ich sollte duschen gehen,
ich muss noch die Farbe abwaschen"
erklärt Finnick.
„In Ordnung, ich warte hier"
erwidere ich und Finnick verschwindet im Bad. Währenddessen suche ich mir wieder ein Tshirt aus seinem Schrank heraus und schäle mich aus diesen ungemütlichen Klamotten.

Ich lasse mich auf das Bett fallen,
mir schwirrt der Kopf.
Morgen geht es los,
morgen kommen er und 23 andere unschuldige Tribute in diese Arena.
Wie soll ich heute Nacht bloß schlafen?
Im Hintergrund höre ich das Wasser in der Dusche auf den Boden herab prasseln.
Ich habe so schrecklich Angst um ihn.
Ich weiß das er stark ist,
aber die anderen Tribute sind auch nicht ohne.
Man darf ebenfalls nicht vergessen wie viele Tribute schon verdurstet oder durch Mutationen gestorben sind.
Zum Glück ist Plutarch der oberste Spielemacher, aber er kann auch nicht dafür sorgen das niemand stirbt, das wirkt zu verdächtig.
Wir haben ja noch nichtmal einen genauen Plan, wie wir uns ein Hovercraft beschaffen können.
So Vieles, das schief gehen könnte...

Ich höre wie die Türklinke betätigt wird und setze mich auf.
Hoffentlich ist er nicht nackt,
denn das wäre ihm durchaus zuzutrauen.
Doch da kommt er nur mir einem Handtuch um die Hüfte wieder rein.
Das wars aber auch.
Seine Haare hängen wild über seiner Stirn und sein Oberkörper ist noch leicht nass.
Ich würde lügen wenn ich sagen würde,
das er nicht gut aussieht.
Um ehrlich zu sein sieht Finnick
verdammt gut aus.
„Reiß dich zusammen, Aura.
Sonst merk ich noch, dass du mich anstarrst."
schmunzelt er.
Ich hatte garnicht bemerkt,
dass ich starre und schaue verlegen weg.
Wie peinlich...
Finnick läuft zu seinem Schrank und öffnet ihn, während er sein Handtuch fallen lässt.
Er steht jetzt splitterfasernackt vor mir.
Schon wieder.
„Finnick!"
schreie ich und halte mir die Augen zu.
„Was? Ich dachte dir gefällt die Show?"
fragt er belustigt.
„Warn mich doch das nächste mal vor!
Außerdem hab ich nicht gestarrt!"
kreische ich.
„Sicher? Ich dachte ich habe da schon ein bisschen Sabber gesehen"
wirft er mir vor.
„Das hättest du wohl gerne!"
rufe ich aufgebracht.
Ich höre ihn bloß lachen.
Mich in Verlegenheit zu bringen macht ihm eindeutig zu viel Spaß!
„Nicht witzig"
sage ich genervt.
„Ein bisschen witzig ist es schon.
Du kannst übrigens wieder kucken"
meint er und ich nehme meine Hände von meinem Gesicht weg.
Finnick legt sich zu mir ins Bett und ich lege
mich ebenfalls neben ihn hin.
Keiner weiß so wirklich, was er sagen soll.
Egal was es wäre es könnte Finnick nicht vor seinem Schicksal schützen,
trotzdem fühle ich mich wie als müsste ich ein paar Worte für ihn finden.
Ich will nicht, dass er sich alleine fühlt,
doch egal wie lang ich überlege,
ich finde nicht die richtigen Worte.
Nach einer Weile entscheide ich mich dazu einfach ehrlich zu sein:
"Ich wünschte ich könnte dir gut zu reden,
aber ich weiß wirklich nicht, was man in so einer Situation zu jemanden sagen soll.
Finnick, es tut mir so leid was du durchmachen musst. Ich will nur, dass du weißt,
dass ich immer an dich denken werde und alles dafür tun werde um dir gute Sponsoren zu besorgen und dich sicher da raus zu holen.
Ich werde alles in meiner Macht stehende tun,
ich verspreche es"
„Danke, Aurora"
flüstert er mir nur zu.
„Ich wünschte, ich könnte mehr tun"
gebe ich niedergeschlagen zu.
„Deine Anwesenheit ist gerade Hilfe genug" erwidert er.
Sofort bekomme ich Gänsehaut. 
Ich muss Grinsen.
Ich hoffe er sieht es nicht, doch da dreht er sich um und ich versuche sofort es mir zu verkneifen. „Ich werde unsere nächtlichen Gespräche schon vermissen"
sagt er gespielt verlegen.
„Ich auch"
gebe ich zu und drehe mich zu ihm.
Da verfangen sich wieder unsere Augen in einander.
„Was wird nach unserem Ausbruch passieren?" will er nun wissen.
„Das werden wir dann sehen"
antworte ich und versuche damit zu verstecken, dass ich keinen blaßen Schimmer habe. 
„Ich hoffe sehr, dass du dann immer noch in einem Bett mit mir schlafen willst"
Gibt er mit seinem typischen Grinsen zu,
aber da ist auch ein Hauch von Neugierde.
Ich stammle:
"Was meinst du damit?"
Dummkopf, natürlich weiß ich was er meint.
Ich laufe schon wieder rot an.
„Ich meine, dass ich nicht will, dass das hier aufhört"
Mein Kopf versucht irgendetwas zusammen zu reimen,
doch ehe ich mich versehe hab ich mich schon wieder in seinen Augen verloren.
„Vorausgesetzt das beruht auf Gegenseitigkeit"
fügt er nach langer Stille hinzu.
Ich bin wie erstarrt.
Bei dem Gedanken daran mit Finnick in einem Bett zu schlafen,
nicht etwa um dem Kapitol etwas vorzuspielen, sondern aus freiem Willen,
setzt mein Herz fast aus.
Solche Gedanken durfte ich nie haben.
Es ging immer nur um den Fall des Kapitols,
das ist immer das einzige in meinem Leben gewesen.
War das einzige gewesen.
Ich habe nie daran gedacht,
wie es nach all dem weiter geht und erst Recht nicht wie es mit Finnick und mir weiter geht.
Ich bin total überrumpelt.
„Ich... ehm..." stammle ich.
„Du musst noch nicht darauf antworten.
Lass die Zeit"
entgegnet er liebevoll meinem Gestottere.
Was ist wenn wir es nicht schaffen?
Was ist wenn Finnick nie wieder lebend aus dieser Arena raus kommt?
Wie soll ich jetzt über ein danach nachdenken,
wenn ich nicht mal weiß ob es das geben wird?
Wir wissen ja noch nichtmal wie wir dieses bescheuerte Hovercraft beschaffen sollen!
„Das wird mir jetzt alles zu viel"
stelle ich laut fest und ergreife panisch die Flucht. „Aura"
schreit Finnick,
der mittlerweile auch aufgestanden ist.
Als ich durch die Tür stürme ruft er mir noch hinterher, das ich noch sein Tshirt anhabe doch das ist mir egal.
Ich will so schnell wie möglich weg da.
Mein Gehirn muss erstmal darauf klar kommen,
was da gerade passiert ist.

Ich hechte zu meinem Zimmer und lasse mich hinter der Tür erschöpft auf den Boden sinken. Wollte Finnick Odair gerade wissen,
ob ich mit ihm zusammen schlafen möchte?
Und bin ich darauf hin wirklich gerade weg gerannt?
Wie konnte sich so ein Chaos innerhalb weniger Minuten entwickeln?
Da packen mich sofort die Schuldgefühle.
Er muss morgen in die Arena und wurde gerade komplett alleine in seinem Zimmer zurück gelassen.
Ich frage mich, ob ich wieder zurück gehen sollte. Doch dann müsste ich mit ihm über das Geschehene reden und das kommt gerade unter keinen Umständen in Frage.
Ich weiß aber genauso, dass ich ihn nicht alleine lassen kann, das wäre nicht fair.
Hauptsache ich kann eine Rebellion anleiten, aber so eine winzige Frage wirft mich völlig aus dem Konzept.
Ich wusste nicht,
das meine Gefühle schon so stark für ihn sind.
Hin und her gerissen raufe ich mir die Haare.
Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es halb 1 ist. Finnick hat ohnehin nur noch ein paar Stunden zu schlafen und nach dem was gerade passiert ist, wird er wahrscheinlich kein Auge zu bekommen. Nachdenklich laufe ich in meinem Zimmer auf und ab.
Nach einer Weile entschließe ich mich dazu, wieder zurück zu gehen und über meinen Schatten zu springen.
Was zum Teufel sollte ich ihm aber auf seine Fragen antworten?
Was ist überhaupt die Wahrheit?
Das einzige was ich weiß ist,
dass ich jede Sekunde die ich nicht mit ihm verbringe, mich nach ihm sehne.
Ich kenne die Antwort,
aber bin ich auch bereit Sie auszusprechen?
All das ist so neu für mich.
Ich bin das erste Mal verliebt nur leider zu dem scheinbar ungünstigstem Zeitpunkt in meinem Leben und dann auch noch in Finnick Odair.
Das alles geht so schnell,
wir kennen uns gerade einmal ein paar Tage und die Bedingungen sind zugegebener Maßen auch nicht die besten.
Ich glaube ich bin eine Art Anker für ihn,
etwas das ihm Hoffnung gibt.
Anders als bei mir,
ich habe Tausende von Dingen zu erledigen und keinen Platz für solche Gedanken in meinem Kopf.
Aber in meinem Herzen weiß ich ganz genau,
dass ich alles dafür tun würde jede Sekunde mit ihm zu verbringen.

Mit neuer Energie durch meine Erkenntnis, mache ich mich auf den Weg zurück.
Leise schleiche ich durch die Gänge,
falls noch jemand wach sein sollte,
doch es scheinen alle schon zu schlafen.
Endlich erreiche ich Finnicks Zimmertür,
die mittlerweile geschlossen ist.
„Finnick?"
rufe ich und klopfe.
Keine Antwort,
also entscheide ich mich dazu einfach einzutreten.
„Aura"
flüstert er erleichtert als er mich sieht und
stürmt auf mich zu.
Ich komme ihm mit geöffneten Armen entgegen und wir fallen in eine Umarmung.
„Vergiss einfach, was ich gesagt habe"
Meint er.
Ich drücke ihn etwas fester an mich,
bevor ich ihn loslasse.
„Ich will es aber nicht vergessen"
erwidere ich schüchtern.
Als Antwort bekomme ich einen fragenden Blick. „Weil... weil ich dich mag und weil ich gerne neben dir schlafe"
stottere ich und auf Finnicks Lippen schleicht sich ein schelmisches Grinsen.
„Finnick"
rufe ich sauer.
„Ich kann meine Gefühle nunmal nicht so gut ausdrücken und das hat mich ziemlich überrumpelt..."
platzt es nur so aus mir heraus.
„Sei einfach still"
schmunzelt er und zieht mich in eine Umarmung.
"Mehr brauche ich garnicht zu wissen"
fügt er noch hinzu.
Ich kuschele mich dankbar an ihn und genieße still die Zweisamkeit.
„Es tut mir so leid wegen dem ganzen Drama an deinem letzten Tag,
du müsstest eigentlich schon lange schlafen" entschuldige ich mich als wir uns aus der Umarmung lösen.
Ich schleife ihn schon Richtung Bett,
da antwortet er:
"Das war es mir wert"
Ich lasse ihn bei seiner Seite stehen und laufe zu meiner rüber, während ich schmunzeln muss. „Wir können alles bereden,
das verspreche ich,
aber jetzt musst du dich unbedingt ausruhen" quengle ich besorgt.
„Solange du bei mir bleibst, gerne"
sagt er während er sich hinlegt und in meine Richtung dreht.
Ich tue es ihm gleich.
„Ich verspreche es"
Flüstere ich.
„Gute Nacht, Aura"
wünscht er mir mit verführerischer Stimme. „Gute Nacht"
erwidere ich lächelnd.

Collide - Finnick Odair FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt