Die Spiele

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„Aura.... Aura!"
ich werde von Finnicks Stimme geweckt und schrecke hoch.
„Ja?"
murmle ich und reibe mir den Schlaf aus den Augen.
„Noch eine Stunde bis das Vorbereitungsteam kommt"
erklärt er  mir mit angsterfüllten Augen,
"dann..."
weiter kommt er nicht.
Finnick umschlingt seine Beine und wiegt sich hin und her mit verstörtem Blick.
Dieser Anblick überfordert mich leicht.
Ich glaube er hat es die ganze Zeit einfach nur verdrängt und jetzt kickt die Realität.
Ich umarme ihn sofort und streichle seinen Kopf.
„Ich kann das nicht"
schluchzt er.
„Ich hol dich da raus"
versichere ich ihm und drücke ihn fester an mich.
Er pendelt sich langsam ein,
doch es kommen verstörte Geräusche von ihm. Ich will garnicht wissen wie traumatisch es ist in dieser Arena fest zu sitzen.
Ich gebe mein bestes ihn zu beruhigen,
doch es hilft nicht.
Die Minuten vergehen und bald bleibt uns nur noch eine Viertel Stunde bevor es losgeht.
Ich nehme seinen Kopf in meine Hände und zwinge ihn mir in die Augen zu schauen:
"Hey! Du schaffst das. Du weißt wem du trauen kannst und du weißt, dass du da rauskommst.
Ich werde alles dafür tun, dass du lebst.
Ich verspreche dir das!
Du musst mir auch versprechen, dass du alles dafür tun wirst um am Leben zu bleiben, Okay?"
Ich starre ihm eindringlich in die Augen und warte hoffnungsvoll auf eine Antwort.
Finnicks Körper hört langsam auf zu zittern und er fängt an zu nicken.
„Ja ich... ich verspreche es"
flüstert er, während er meine Augen fixiert.
Ich schenke ihm mein liebevollstes Lächeln und ziehe ihn nochmal in eine Umarmung bevor ich ihn loslasse.
Da klopft es auch schon an der Tür.
Finnick dreht seinen Kopf langsam in die Richtung der Tür und ich erkenne wie sein Kampfgeist geweckt wird.
Sein Blick strotzt nur so vor Entschlossenheit. „Herein"
ruft er und sein typisches selbstgefälliges Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus.
Ich frage mich ob er sich wieder gefangen hat und von seiner Wut leiten lässt oder ob das bloß eine Maske ist und er innerlich gerade zerbricht...

Das Vorbereitungsteam wäscht ihn und kleidet ihn in die Klamotten für die Arena ein.
Ich entscheide mich dazu in der Zwischenzeit Mags besuchen zu gehen.
Ein letztes mal.
Ich klopfe an ihrem Zimmer und komme herein. Es tut unbeschreiblich weh zu wissen,
das die letzte Person die sie vor den Spielen sehen wird Myrenn ist.
Er wird sie nicht sehr gut behandeln.
Sie verdient schöne Worte vor den Spielen,
doch Myrenn ist der letzte, der dafür geeignet ist.
Ich weiß Mags wird trotzdem stark sein und während den Spielen wird Finnick an ihrer Seite sein.
Das beruhigt mich etwas.
Immerhin ist Myrenn nicht der letzte Mensch, den sie jemals sehen wird.
Hoffentlich...
„Mags"
rufe ich freudig.
Sie ist gerade fertig geworden und das Vorbereitungsteam lässt uns alleine.
Sie dreht sich um und auf ihrem Gesicht ist ein strahlendes Lächeln zu sehen.
Wir umarmen uns für eine sehr lange Zeit.
„Bitte halte durch"
flüstere ich in ihr Ohr.
Als wir loslassen gibt sie mir ein halbherziges Lächeln.
Sie denkt nicht, dass sie es kann,
das sehe ich ihr genau an.
„Bitte versuch es"
bitte ich sie und sie nickt langsam.
„Ich werde dich wieder sehen und dann wird alles gut werden. Wir können wieder genau so wie früher zusammen leben"
flüstere ich ihr zu, nachdem ich mich umschaue ob auch niemand in unserer Nähe ist.
Sie lächelt und klopft mir auf die Schulter.
„Ich werde dich so vermissen, bis dahin.
Bitte pass auf dich auf"
wimmere ich und falle ihr ein letztes Mal in die Arme.
Nach unserem herzzerreißenden, vorläufigen Abschied gehe ich wieder zu Finnick.
Es ist jetzt Zeit zum Hovercraft zu gehen.

„Wo warst du?"
fragt Finnick panisch, als ich wieder bei ihm bin.
„Es tut mir leid, ich musste mich von Mags verabschieden"
gestehe ich ihm.
„Oh, ja natürlich"
murmelt Finnick nachdenklich.
„Myrenn ist der letzte den sie vor den Spielen sehen wird"
erinnere ich ihn.
„Keine Sorge,
dannach wird sie wieder bei mir sein"
versichert mir Finnick und gibt mir einen Kuss auf meinen Kopf.
Ich schenke ihm ein Lächeln,
aber innerlich stehe ich kurz vor einem Heulkrampf.
Ich will alles um mich schmeißen, schreien, Snow dem Kopf ab reißen.
Aber alles was ich im Moment tun kann ist stark zu sein, für Finnick.
Ich strecke meine Hand nach seiner aus und sage:
"Es ist soweit"
Zögernd nimmt er meine Hand an und schaut etwas ängstlich zu mir.
Ich schließe seine Finger fest in meine und gebe seiner Hand einen Kuss.
Ich gebe mein Bestes ihn zu stärken und sage:
"Du schaffst das, ich glaube fest an dich"
Er nickt langsam mit ernstem Blick,
er scheint entschlossen zu sein.
Wir laufen Hand in Hand zum Aufzug,
keiner sagt mehr ein Wort.
Auf dem Dach angekommen,
helfen uns ein paar Avoxe sicher in das Hovercraft zu gelangen,
wo Finnick seinen Aufspürer injiziert bekommt. Die ganze Zeit über halten wir unsere Hände und hin und wieder drückt Finnick fester zu,
doch beruhigt sich dann relativ schnell wieder. Die Fahrt geht nicht lange,
wenn die Hovercrafts einmal los legen können die Dinger echt schnell sein.
Angekommen müssen wir durch einen unterirdischen Tunnel zu einem Zimmer laufen, in welchem ein kleiner Aufzug ist in dem Finnick dann hochfahren muss.
Als wir in dem Zimmer ankommen drückt er mir fast meine Hand ab.
„Finnick"
stottere ich schmerzerfüllt.
„Oh es tut mir leid"
sagt er schnell.
„Alles gut"
antworte ich.
„Nichts ist gut, Aura, ich kann das nicht"
ruft er panisch und schaut sich im Raum um, wie als könnte er fliehen.
„Hey, pscht. Du kannst das"
ermuntere ich ihn und ziehe ihn in eine feste Umarmung.
Ich merke, wie sein Puls verrückt spielt.
„Du kennst unseren Plan.
Zieh einfach die Strategie durch, wie wir sie besprochen haben und es wird alles gut"'
versuche ich ihn zu beruhigen.
Er wird hoffentlich wissen, was ich meine.
Ich kann hier nicht offen reden, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass wir hier überwacht werden. Doch sein Puls scheint sich etwas zu beruhigen.
„Ich werde die ganze Zeit an deiner Seite sein und dir helfen"
versichere ich ihm.
Er löst sich aus der festen Umarmung,
doch lässt mich nicht komplett los.
Seine Arme liegen noch um meiner Hüfte und meine auf seinen Schultern.
„Danke"
flüstert er.
Ich lächle und für eine Weile bleiben wir so, wir verlieren uns ein letztes Mal in unseren Augen. Ich erwische mich, wie ich von seinen Augen zu seinen Lippen wandere.
Sofort fühle ich mich schlecht in so einem Augenblick, an sowas zu denken.
Doch als ich wieder zu seinem Augen blicke um zu schauen ob er es gesehen hat, merke ich, dass auch seine Augen auf meine Lippen starren. Erneut erlaube ich meinem Blick zu seinem Mund wandern zu lassen und merke,
dass unsere Körper sich immer näher kommen. Passiert es jetzt? Unser erster Kuss?
„10 Sekunden bis zum Start"
Eine Stimme ertönt durch einen Lautsprecher und wir beide schrecken auf.
Wir lassen voneinander ab und ich schaue peinlich berührt auf den Boden.
„Na dann"
sagt Finnick mit seinem schelmischen Grinsen, dass er urplötzlich wieder gefunden hat.
„Möge das Glück mit dir sein"
äffe ich spielerisch den Kapitol Akzent nach, nachdem ich mich wieder fangen konmte und wir beide lachen.
„Sei schön artig, so lange ich weg bin"
droht mir Finnick grinsend.
„Aber natürlich"
antworte ich immer noch mit meinem Kapitol Akzent.
Das Witzeln hat ihn offensichtlich nochmal aufgelockert, was bestimmt nicht schlecht für die Spiele ist und für mich. Denn es beruhigt mich etwas, auch wenn es nur der Schein ist, dass alles in Ordnung ist.
Finnick gibt mir einen Kuss auf die Stirn und stellt sich in den Aufzug.
„Ich werde dich vermissen"
gebe ich zu.
„Nicht lange und wir werden uns wieder sehen" verspricht mir Finnick mit einem Zwinkern.
Der Aufzug geht zu.
Eine Träne kullert mir meine Wange hinunter, doch ich bleibe stark in der Hoffnung,
Finnick sieht sie nicht durch das Glas.
Er bewegt seinen Mund,
doch ich kann ihn nichtmehr hören.
Es sah aus wie ein ‚Ich liebe dich'.
Kann das wirklich sein?
Ich zögere nicht lange und flüstere mit schmerzerfüllter Stimme, die Finnick zum Glück nichtmehr hören kann:
"Ich liebe dich auch"
Finnick lächelt und da setzt sich auch schon der Aufzug in Bewegung.
Langsam verschwindet er in das Unbekannte und ich bleibe tränen überströmt zurück,
doch er hat es viel schlimmer als ich.
Er ist jetzt da draußen und muss um sein Leben kämpfen.

Mögen die 75. Hungerspiele beginnen.



Auf dem Weg zurück zum Hovercraft beeile ich mich, auch wenn ich vor lauter Tränen kaum etwas sehen kann.
Es ist so viel passiert.
Finnick ist jetzt in diesen schrecklichen Spielen gefangen und ich kann nichts dagegen tun, zumindest noch nicht.
Die Tatsache, dass wir uns fast geküsst haben und uns irgendwie in irgendeiner Weise unsere Liebe gestanden haben macht es auch nicht einfacher. Wir konnten einander nichtmal hören!
Ich merke, dass ich es bereue ihn nicht geküsst zu haben.
Andererseits würde ich bestimmt vor Sehnsucht nach seinen Lippen sterben,
was ich zwar jetzt schon tue,
aber dann wäre es bestimmt noch schlimmer.
Ich bin jetzt schon am verzweifeln.
Wie soll ich das heute Nacht bloß durchstehen. Alleine in meinem Bett, ohne Finnick. Mittlerweile bin ich schon im Hovercraft angekommen und beruhige mich langsam.
Ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht und starre die ganze Zeit auf die Uhr.
Gleich bin ich wieder im Apartment und kann auf dem Fernseher die Geschehnisse verfolgen.
Ein Schmerz durchfährt meinen Körper.
Was ist, wenn er schon tot ist?
Noch nie in meinem Leben haben sich ein paar Minuten so lange angefühlt.
Als das Hovercroft endlich landet renne ich hektisch zum Aufzug und drücke panisch auf dem Knopf rum, damit er endlich kommt.
Mir ist total egal, was die Menschen, denen ich in meinem Rennen begegne, von mir denken.
Wie eine Dame aus dem Kapitol benehme ich mich nicht grade,
aber es gibt in diesem Moment viel Wichtigeres. Endlich kommt dieser blöde Aufzug an und ich hechte hinein.
Gleich werde ich bei Owen ankommen,
der schon vor dem Fernseher auf mich wartet.
Endlich gehen die Türen auf und ich laufe halbwegs gesittet zum Fernseher.
„Und?"
fragt meine panische Stimme, die ich auch mit größter Mühe nicht verstellen kann.
Man hört meine Angst total raus.
Owen muss garnicht erst reden, denn da ist Finnick schon auf dem Fernseher zu sehen.

Collide - Finnick Odair FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt