4 - Expecto Patronum

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Das ganze Schloss freute sich auf die groß angekündigte Halloweenparty. In den Gängen hingen schwarze Stoffbahnen und Spinnweben, die Klassenräume waren zusätzlich mit Fledermäusen geschmückt und die große Halle wurde von einem ganzen Volk Kürbisgesichter bewohnt. Selbst atmosphärische Musik erklang in den Gängen. Am Vormittag trugen die Schüler noch ihre Schuluniformen, doch die Lehrer waren bereits kostümiert in der großen Halle zum Frühstück erschienen und dann auch in ihrem Unterricht.
Professor McGonegal war als schottischer Wassergeist verkleidet, Professor Vector als ägyptische Prinzessin und Professor Sprout als Yggdrasil. Passend zu Professor Vector erschien Professor Flitwick als ein mumifizierter Hausdiener.
Der Schultag sollte bereits nach dem Mittagessen enden, sodass die Schüler Zeit haben würden, sich ebenfalls in ihre Kostüme zu werfen, bevor die Feier mit dem Festessen am Abend beginnen würde. Harry saß still und grummelt beim Frühstück. Hermine legte eine Hand auf seinen Unterarm.
„Es tut mir leid Harry. Ich weiß heute ist schwer für dich, aber Ginny will Dir nur helfen", sagte Hermine verständnisvoll zu ihm. Er nickte nur abwesend. Normalerweise ignorierte Harry diesen Tag so gut er kann, aber Ginny hatte darauf bestanden, dass sie heute mit feiern würden und Paarkostüme tragen würden.
„Ich weiß, du vermisst sie. Vielleicht setzt du dich nachher was an den See und sprichst zu deinen Eltern. Ich weiß sie können nicht antworten, aber heute werden sie dich ganz sicher hören."
Harry blickte auf und ein kleines trauriges Lächeln legte sich auf seine Lippen.
„Danke Hermine."

Der Unterricht ging schnell vorbei, da die Lehrer ebenfalls in Feierstimmung waren. Als letzte Stunde hatten sie Vereidigung gegen die dunklen Künste. Hermine war gespannt, ob Snape auch ein Kostüm tragen würde. Da er zum Frühstück nicht in der großen Halle war, hatte sie ihn noch nicht gesehen.
Der Klassenraum war offen und alle Tische und Stühle waren entfernt worden. Snape war jedoch nirgendwo zu sehen.
„Hey Narbengesicht! Als was kommst du nachher zum Fest? Oder verkriechst du dich wieder in deinem Bett und heulst um Mummy?", fragte Malfoy und lachte verächtlich. Harry ballte die Fäuste, doch bevor die Situation eskalieren konnte, entgegnete Hermine: „Und du, Draco? Als Frettchen vielleicht? Oder als Lucius Abraxas Malfoy? So ein Daddysöhnchen wie du bist? Oder als deine großen Vorbilder die Todesser?"
Malfoy wurde bleich. „Ach, du hast auch ne Meinung  Schlammblut? Dich hat keiner gefragt. Du brauchst ja auch kein Kostüm um anstoßend zu sein!"
Ron sah rot und schlug Malfoy direkt ins Gesicht. Bevor dieser zurückschlagen konnte, kam Snape herein gerauscht.
„Was ist hier los?", fragte er mit kalter Stimme und blitzte sie aus seinem schwarzen Augen an.
„Mr. Malfoy. Erklären Sie was passiert ist?"
„Potter hat darüber rumgeheult, dass seine Mummy gestorben ist und hat uns dumm angemacht, weil wir Halloween feiern. Die Granger hat uns beleidigt und Weasley hat mich geschlagen", berichtete Malfoy jammernd.
Hermine kochte über soviel Dreistigkeit.
„5 Punkte Abzug für Slytherin wegen Missachtung der Toten", sagte Snape ruhig und alle starrten ihn fassungslos an. Was war denn mit dem los?
„20 Punkte Abzug für jeden von euch für Jammern, Beleidigung und Gewaltanwendung", sagte Snape nun an die Gryffindors gewannt. Ein Raunen ging durch die Klasse. „Ruhe jetzt! Heute werden wir einen mächtigen Zauber üben, der euch vor dunklen Energien schützt. Entwickelt wurde er gegen Dementoren. Wer kann uns erklären, was genau ein Patronus ist?"
Die Hände aller Gryffindors hoben sich. Überrumpelt zog Snape diesmal beide Augenbrauen hoch. Hermine musste ein Kichern unterdrücken. Alle anwesenden Gryffindors waren letztes Jahr in Dumbledores Armee gewesen und es bis zum Ende des Schuljahres geschafft einen gestaltlichen Patronus zu erzeugen. Das würde eine lustige Stunde werden.
Als Snape sich wieder gefangen hatte, glitt sein Blick über die im Kreis stehenden Schüler. Ein diabolisches Grinsen legte sich auf seine Lippen und erst jetzt bemerkte Hermine, dass er tatsächlich kostümiert war. Strahlend weiße Vampirzähne blitzten durch seine Lippen. Die hatte er definitiv normalerweise nicht, auch wenn ihn alle die Kerkerfledermaus nannten und sich das Gerücht unter Erstklässlern jedes Jahr hartnäckig hielt, er sei ein Vampir. Hermine schmunzelte. Sie wusste gar nicht, dass er so selbstironisch sein konnte.
„Longbottom, erleuchten sie uns", schnarrte Snape. Neville fiel alles aus dem Gesicht. Er hatte sich als einziger Gryffindor nicht gemeldet, obwohl auch er die Antwort wusste, aber seine Angst vor Snape war einfach zu groß.
„Zeig's ihm Neville!", flüsterte Ron etwas zu laut und Hermine lächelte ihm aufmunternd zu.
„Ein Pa- Patronus ist eine Li- Lichtgestalt, die das Gefühl des Glücks bün- bündelt."
Snapes Augen verengten sich zu Schlitzen. „Und wie führt man diesen Zauber durch, Longbottom?"
Neville schluckte. „Man de- denkt an die - die glück- glücklichste Erinnerung, die man hat und da- dann-"
„Bei Merlin hören Sie auf so zu stottern Longbottom!", fauchte Snape ihn an.
Neville wurde noch blasser. „A- also..." er blickte sich hilfesuchend um und als sein Blick Hermines traf formte sie mit ihren Lippen die Worte ‚Du kannst das!'
Neville schloss kurz die Augen, atmete tief durch und sagte dann mit festerer Stimme: „Man konzentriert sich auf die glücklichste Erinnerung, nimmt seinen Zauberstab", er hob ihn und zeigte in die Luft, „und sagt Expecto Patronum!"
Zunächst schoss nur weißer Nebel aus Nevilles Stab, doch dann formte er sich zu einem Dachs. Snape war fassungslos. Er schien vor Wut zu kochen und verzweifelt nach einem Grund für Kritik zu suchen. Als ihm nichts einfiel, ging er einfach darüber hinweg.
„Verteilt euch im Raum und übt."
Sofort war die Seite auf der sich die Gryffindors verteilen von Licht durchflutet, doch die andere Seite blieb finster. Kein einziger Slytherin schaffte es, einen Patronus zu erzeugen.
„Seht ihr?", murmelte Harry ‚ „Todesser können keinen Patronus zaubern."
„Ach Harry, du glaubst doch nicht, dass alle Slytherins Todesser sind", erwiderte Hermine seufzend.
„Natürlich nicht, aber während Crabbe und Goyle wahrscheinlich einfach zu doof sind, trifft das nicht auf Malfoy zu."
Hermine schüttelte nur den Kopf und ging rüber zu den Slytherins um ihnen zu helfen. Immerhin hatten alle anwesenden Gryffindors den Zauber schon vor einem Jahr gelernt. Da sie nicht direkt eine Konfrontation mit Malfoy wollte, stelle sie sich neben Daphne und sprach in die Gruppe.
„Ihr braucht eine glücklichere Erinnerung."
„Also ich war schon ziemlich glücklich, als du zu Stein erstarrt warst, Granger", entgegnete Malfoy abfällig.
„Einen glücklichen Moment, Malfoy. Keinen amüsanten, schadenfrohen oder hämischen. Einen Moment in dem ihr alle Sorgen vergessen konntet und einfach dankbar wart zu leben. Einen Moment der euch mit Glück und Freude erfüllt und euch bei dem Gedanken daran zum Lächeln bringt."
Malfoy schnaubte, versuchte es aber erneut. Als es nicht klappte, sagte er: „Ich brauch kein leuchtendes Schoßhündchen wie das Wiesel."
„Schnauze Frettchen!", rief Ron da. Doch bevor es eskalieren konnte, kam Snape von Seamus rüber zu der Gruppe und knurrte: „20 Punkte Abzug von Gryffindor und wenn Sie Mr. Weasley noch einmal meinen Unterricht stören, werfe ich Sie aus diesem Kurs. Miss Know-it-all, wer hat Sie gebeten Ihre Nase in die Übungen der anderen Schüler zu stecken? 50 Punkte Abzug für Ihre Arroganz und Nachsitzen heute bei mir." Sie wollte protestieren, überlegte es sich dann aber anders. Heute schien er noch mieser gelaunt, als normalerweise. Sie fragte sich warum und ihr verliebtes Herz sorgte sich um ihn. Bei Dumbledores Zitronenbrausebonbons, was war bloß los mit ihr? Das war Snape, der sie immer schikanierte und sie himmelte ihn sogar an, wenn er gemein war. Wenn sie nicht wüsste, dass er sie nicht leiden kann, würde sie einen Liebestrank vermuten, aber so. Warum war sie in ihn verliebt? Ja, sie war ihm dankbar und es nervte sie wie Harry und Ron über ihn sprachen, aber sich in ihn zu verlieben, war eine ganz andere Sache. Sie seufzte.
Mit den Worten „Der Unterricht ist vorbei, verschwindet. Und Miss Granger, ich erwarte Sie um 16 Uhr in der Eingangshalle. Wenn Sie abends beim Fest kostümiert sein wollen, ziehen Sie ihr Kostüm bereits zum Nachsitzen an. Wir werden bis zum Fest Trankzutaten sammeln" schloss er die Stunde.
„Ja Sir", antwortete Hermine und folgte nachdenklich ihren Freunden, die schon wieder über Snape herzogen, aber sie hörte nicht zu.

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