KW 26 | Pride Month Special - Raven

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Diese Woche hat RavenRabenklaue eine kurze Fanfiction zum Thema Transidentität für uns. Sie spielt im Drei Fragezeichen Kosmos, viel Spaß beim Lesen.

Ich war gerade dabei ein Spiel auf meinem Computer zu spielen, als es an der Tür klingelte

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Ich war gerade dabei ein Spiel auf meinem Computer zu spielen, als es an der Tür klingelte. Genervt schloss ich das Spiel. Ausgerechnet jetzt, wo ich doch so kurz davor war, den Highscore knacken. Doch meine Eltern waren nicht zuhause, also musste ich die Tür öffnen.

Mein Ärger verflog sofort, als ich sah, wer da in unserem Vorgarten stand. „Barb!" rief ich überrascht, „Was machst du denn hier?" Ich wusste direkt, dass etwas nicht stimmte. Barbara, meine, seit kurzem feste, Freundin, wirkte total aufgelöst. Ihre Augen wirkten verweint und ihre Hände zitterten. „Komm rein", meinte ich und bevor ich überhaupt wusste, was überhaupt passierte, fiel sie mir in Arme. „Alles okay?", fragte ich daraufhin, doch Barbara schüttelte bloß den Kopf.

„Willst du darüber reden? Ist etwas passiert?", hakte ich weiter nach. Doch statt einer Antwort, sah sie mich regelrecht flehend an. „Peter?", murmelte sie dann, „kannst du mir einen Gefallen tun?" „Natürlich" antwortete ich, ohne sie loszulassen. Irgendwas sagte mir, dass sie das gerade brauchte. „Was soll ich tun?"

„Schneide mir die Haare", flüsterte Barbara und löste sich aus der Umarmung. „Bitte." Verwirrt sah ich sie an: „Was? Aber...", fing ich an, doch sie unterbrach mich: „Sag nichts. Tu es einfach!" Das Drängen in ihrer Stimme überzeugte mich davon, dass es ihr wirklich wichtig war und so fragte ich nicht weiter nach, griff nach einer Schere und ging mit Barbara ins Bad.

„Wie viel soll ich schneiden?", fragte ich meine Freundin. Diese griff nach einem der beiden Zöpfe, zu denen sie ihre Haare geflochten hatte. „Einfach ab", antwortete sie mit zitternder Stimme. „Barb!", rief ich überrascht „Bist du dir sicher?"

„Mach einfach", war ihre einzige Antwort und als ich es dann immer noch nicht über mich bringen konnte ihre schönen Locken einfach abzuschneiden, griff sie schließlich selbst zur Schere und hielt kurz darauf ihren Zopf in der Hand. „Und jetzt sorg dafür, dass es gut aussieht", meinte sie dann.

Gesagt, getan. Vorsichtig schnitt ich ihre Haare Strähne für Strähne kürzer. Währenddessen schwiegen wir und ich versank in meinen Gedanken. Mir war bereits aufgefallen, dass Barbara sich manchmal etwas...merkwürdig verhielt. Wie sie manchmal ein wenig zusammenzuckte, wenn jemand ihren Namen nannte. Wie verzweifelt sie manchmal wirkte, ohne dass ich einen triftigen Grund dafür fand. Oder wie ungern sie sich in engen oder knappen Klamotten zeigte. Doch das hatte ich bisher immer auf andere Dinge geschoben. Schließlich waren viele Menschen, besonders Teenager, unzufrieden mit ihrem Körper. Da wäre Barbara keine Ausnahme gewesen.

Allerdings fügte sich das alles, zusammen mit ihrer ungewöhnlichen Aufforderung, zu einem ganz anderen Bild zusammen. Schon zuvor hatte ich die leise Vermutung gehabt, dass Barbara transgender war, doch also nicht mit dem bei Geschlecht, das ihr bei ihrer Geburt zugewiesen wurde, identifizieren konnte. Für mich wäre das kein Problem, auch nicht auf unsere Beziehung bezogen. Ich bin bisexuell, also ist es mir egal welches Geschlecht mein Partner oder meine Partnerin hat, solang ich die Person liebe. Und Barbara weiß das eigentlich auch. Trotzdem kann ich mir trotzdem vorstellen, dass sie Angst hat, es mir zu sagen. Aber vielleicht liege ich auch falsch. Ich habe eigentlich gar nicht das Recht dazu, das zu beurteilen. Das hat nur sie. Und solange sie mir nichts anderes sagt, werde ich sie weiterhin so behandeln, wie zuvor.

„Fertig", meinte ich schließlich lächelnd und trat einen Schritt zurück. Ich war kein Profi-Friseur, aber es sollte reichen. Barbara starrte mit großen Augen in den Spiegel. Eine Minute verstrich, bevor sie etwas sagte. Vielleicht waren es auch zwei. Dann öffnete sie endlich ihren Mund und wisperte, so leise, dass ich es nur mit Mühe verstand: „Findest du, dass ich...." Sie machte eine kurze Pause und schien sich zu sammeln, „dass ich aussehe, wie ein Junge?"

Das bestätigte meine Vermutung gewissermaßen. „Willst du das denn?", fragte ich. Ein zaghaftes Nicken reichte als Antwort und brachte mich zum Lächeln. „Dann habe ich gute Nachrichten für dich, ...." Ich stockte. In dem Kontext, den ich nun hatte, fühlte sich der Name Barbara irgendwie...falsch an. „Bob!" Die schönsten Augen der Welt sahen mich entschlossen an. Es dauerte einen Moment, bis ich Begriff, was dies bedeuten sollte. Dann wurde es mir schlagartig klar. „Bob", murmelte ich. Der Name passte. Sehr gut sogar. „Alles klar, Bob", meinte ich dann und grinste meinen Freund durch den Spiegel an. In eben diesem sah ich, wie sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.


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