KW 40 | Infinity

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Diese Woche findet ihr hier eine sommerliche Geschichte von UndercoverengelKate . Ich habe sie während des Sommers gefunden und verschlungen. Und vielleicht bringt sie auch euch ein wenig Sommer zurück. Oder zumindest das Gefühl der Unendlichkeit...

 Oder zumindest das Gefühl der Unendlichkeit

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1. Hingerissen

Cassandra lag im Schatten des riesigen weißen Hotelsonnenschirms, der - zusammen mit der Sonnencreme Lichtschutzfaktor 50Plus - verhindern sollte, dass ihre Haut die Farbe ihrer Haare annahm und sah ihrer kleinen Schwester dabei zu, wie sie sich in einem knappen roten Bikini am Pool in der Sonne räkelte, umgeben von drei Mädels, die sie bei ihrer Ankunft kennen gelernt hatte und die nicht minder von Mutter Natur mit unempfindlicher Haut beglückt worden waren.

Tatsächlich suhlte sich Cassandra seit ihrer Ankunft am Pool in Selbstmitleid und kämpfte beständig mit einem hässlichen grünen Monster, dem sie wie immer unterliegen würde. Nicht nur, dass die wunderschönen, langen, weizenblonden Haare Rosalies in der Sonne golden glänzten - was sogar die Aufmerksamkeit erwachsener Männer erregte - sie gehörte auch zu der Sorte Frau, die dreimal Sonne sagen musste, um eine gleichmäßige, makellose Bräunung ihrer Haut zu erreichen. Noch nie hatte ihre kleine Schwester sich in der Sonne verbrannt. Die verfluchte Sonne war ihre beste Freundin.

Cassandra schnaubte frustriert und schmierte sich ein weiteres Mal mit der dickflüssigen Sonnencreme ein, wobei sie darauf achtete ihren neuen schwarzen Bikini nicht mit einzucremen, um unschöne Flecken zu vermeiden. Sie hasste es so sehr sich einzucremen, dass ‚hassen' als Wort nicht ausreichte ihre Abneigung zu beschreiben. Dreihundertundvierundvierzig Tage im Jahr cremte sie keinen Zentimeter Haut ein, weil es zum einen dort wo sie lebte völlig unnötig war, zum anderen ekelte sie das Gefühl von Creme an den Händen. Diese sahneähnliche Konsistenz, das feuchte, klebrige ... sie schüttelte sich. Einundzwanzig Tage im Jahr blieb ihr nichts anderes übrig, weil ihre Familie aus Sonnenanbetern bestand, denen vierzig Grad gerade warm genug waren. Temperaturen, die für jemanden mit Hauttyp kalkweiß unheimlich geeignet waren.

Wütend starrte sie die hässlichen Sommersprossen an, die sich - trotz permanenten Eincremens - bereits überall auf ihrem Körper bildeten, so als ob sie sie durch bloße Willenskraft würde verschwinden lassen können. Überraschenderweise völlig erfolglos.

Man sollte doch meinen, dass sie sich mit ihren dreiundzwanzig Jahren mit ihrem Äußeren abgefunden hatte, aber das Gegenteil war der Fall. Jeden verdammten Sommer, wenn sie sich mit ihren verflixten Eltern und ihrer goldfarbenen Schwester in den immer gleichen Urlaub, auf der immer gleichen Insel, in das immer gleiche Hotel zwingen musste, versank sie einundzwanzig unendlich lange Tage in zerstörerischen Selbstzweifeln. Sie brauchte jedes Jahr, die auf diesen lästigen Familienurlaub folgenden dreihundertvierundvierzig Tage, um sich selbst wieder zu lieben und Selbsthass, Selbstzweifel und ihr seelisches Ungleichgewicht zu verarbeiten. Dann ging es von vorn los. Ein nie enden wollender Teufelskreis, gemacht um sie zu zermürben. Grässlich.

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