Das Aufleuchten meiner Zigarette, wenn ich daran zog, war das einzige Licht im Schlafzimmer. Neben mir lag "er" und schlief noch tief und fest. Ich wischte mir meine Tränen weg, stand auf und zertrat die Zigarette auf dem Bärfell-Teppich. Eine Weile saß ich einfach nur da um mich zu sammeln.
Scheiße, was mach ich hier eigentlich?
Schließlich stand ich auf, hob meine Kleidung vom Boden auf uns zog mich an.
Was hab ich mir nur dabei gedacht? Wie konnte ich so dumm und naiv sein?
Bevor ich die Wohnung verlassen wollte, warf ich einen letzten Blick auf meine "Hoffnung". Elender Mistkerl. Er würde mir nie helfen, nein, er hatte nur das Eine im Kopf. Gerade, als ich leise die Schlafzimmertür öffnen wollte, fiel mein Blick auf die fette Uhr, die er gestern trug. Sie lag da einfach auf den Boden. Achtlos hingeschmissen. Wenn er so mit ihr umging, bedeutete es dann nicht, dass dies nicht seine einzige Uhr, nicht sein einziger teurer Besitz, ist? Langsam streckte ich meine Hand nach ihr aus...
Nein. Das konnte ich nicht tun. Ich steckte schon in zu viel Schwierigkeiten. Also, öffnete ich die Tür und trat aus dem riesigen und modern eingerichteten Schlafzimmer. Nur um es mir gleich darauf anders zu überlegen, die Uhr einzustecken und aus der Wohnung zu rennen.
Das könnte Folgen haben. Er könnte mich finden und anzeigen, doch das war mir egal. Er wusste ja nicht mal meinen Namen. Nachdem er mir falsche Hoffnungen gemacht hatte, stand es mir zu sie, als Entschädigung, mitzunehmen.
Ich lief also die Straße in der Gegend der Stadt, in der ich noch nie war, herunter und suchte nach einer U-Bahn Station. Auf meiner linken und rechten Seite erstreckten sich riesige wunderschöne und verdammt teure Gebäude, wie ich sie sonst nur in Zeitschriften sehe.
Da will ich auch mal drin leben.
Meine Füße schmerzten fürchterlich, denn ich hatte die ganze Zeit über High Heels an. "Eine Frau muss sich immer zurecht machen und schön aussehen. Denn tut sie das nicht unterscheidet sie nichts mehr von einer einfachen Magd.", sagte meine Mutter früher immer. Scheiß drauf. Ich zog sie aus, nahm sie in die Hand und lief barfuß weiter. Ich musste wohl einen ziemlich erbärmlichen Anblick bieten, mit dem zerzausten Haar, dem verschmierten make-up und den Heels in der Hand.
Nach gefühlten drei Stunden fand ich endlich einen U-Bahn Station und fuhr "nach hause". Es war inzwischen mitten in der Nacht.
Die U-Bahn war voll mit betrunkenen Menschen die mich lallend ansprachen und ich war froh, als ich aussteigen musste.
Ich lief weiter, bis ich an meiner Wohnung ankam. Sie war versteckt auf der Rückseite einer kleinen Bäckerei. Seufzend machte ich mich daran leise durchs Fenster zu klettern, dass ich immer offen ließ, wenn ich ausging. Als ich dann endlich in meinen Zimmer stand und das Fenster schloss, ging auf einmal das Licht an. Vor Schreck stieß ich einen spitzen Schrei aus.
Es war Nathalie. Sie stand in ihrem grauen Schlafanzug und fettigen braunen Haaren an der Tür und betrachtete mich mit einem müden und traurigen Blick.
"Wo, zur Hölle, warst du schon wieder?", fragte sie mich mit trauriger und leiser Stimme.
"Ich war aus.", antwortete ich trocken und kühl.
Du kannst mich mal.
Jetzt fing sie an bitter zu weinen."Weißt du was für Sorgen ich mir gemacht habe?! Ich...ich...", sie konnte vor Schluchzen kaum reden, "Ich kann das einfach nicht mehr!" Sie brach zusammen. Und das mein ich ernst. Ihre Beine gaben unter ihr nach. Sie fiel auf die Knie und schlug sich die Hände vors Gesicht um schließlich jämmerlich zu heulen. Ich selbst verdrehte nur die Augen und lief an ihr vorbei ins Badezimmer. Ich nahm eine warme Dusche und kämmte mir das lange kupferrote Haar. Ich schlang mir ein Handtuch um den Körper und wagte noch einen letzten Blick in den Spiegel. Meine großen rehbrauen Augen waren vom Weinen gerötet. Pah, da sind ich und Nathalie uns in einem Punkt doch ähnlich. Wir heulen wegen jedem Scheiß. Jep, lächerlich, ich weiß.
Als ich wieder in mein Zimmer ging, war Natha nicht mehr da. Das Schluchzen kam jetzt aus ihrem Schlafzimmer.
Na, toll.
Ich zog meine Schlafsachen an und legte mich auf meine Matratze. Ein Bett konnten wir uns nicht leisten. Mit wir meine ich Natha, meine Tante, Jana, ihre Tochter und mich. Meine Eltern, naja, sagen wir einfach sie hatten andere Pläne als ein Kind groß zu ziehen.Tja, das ist das Leben.
Natha erleidet täglich wegen mir einen Nervenzusammenbruch, weil ich nicht das tue, was sie von mir verlangt und weil ich eigene Pläne für meine Zukunft habe und Jana ist Analphabetin, aus der wird sowieso nie was. Ganz toll, ich weiß.
Ich schaue auf die Uhr. Noch drei Stunden bis zum Schulbeginn. Zum vielleicht zwazigsten Mal an diesem Tag muss ich seufzen.
Welch wundervolles Leben.
Ich nahm mein Täschchen und holte vorsichtig die Uhr raus, die ich gestohlen, äh, mitgenommen hatte. Sie war aus Weißgold und viel zu groß für mein Handgelenk. Jedoch war sie wunderschön und würde mir bestimmt ein Vermögen einbringen. Hoffe ich.

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senseless
RandomIhr denkt bestimmt euer Leben ist scheiße. Jeden Tag den gleichen Ablauf, die Schule geht euch auf die Nerven, eure Eltern gehen euch auf die Nerven und eure Freunde haben nur selten Zeit für euch. Was für n' Horror. Wisst ihr, mein Leben lief ander...