Detlef Landers klopfte einmal an die Zimmertür seiner Tochter. Als keine Reaktion erfolgte, klopfte er ein weiteres Mal.

„Antonia?", rief er, nachdem sich abermals nichts tat und betrat anschließend das Zimmer, wo seine Tochter auf dem Bett lag und gebannt auf ihr Handy starrte. „Ich wollte dir Bescheid sagen, dass das Essen fertig ist.", teilte Detlef mit.

„Kannst du mal die Fresse halten?!", motzte ihm Antonia ungehalten entgegen.

„Was soll denn diese Reaktion schon wieder?", erwiderte Detlef fassungslos.

„Toll, jetzt hab ich nicht gehört, von wem Caro Schwanger ist!", gab Antonia angewidert zurück.

„Schön, dass das deine einzigen Sorgen sind.", entgegnete Detlef. „Also, kommst du dann in die Küche?"

„Jaja...", gab Antonia genervt zurück und tippte auf dem Handy herum, während Detlef das Zimmer verließ.

*

Detlef hatte bereits einen Teller Nudeln mit Tomatensoße gegessen und saß wartend am Tisch, als Antonia die Küche betrat.

Sie trug Kopfhörer in den Ohren und war weiterhin mit ihrem Handy beschäftigt, als sie sich an den Tisch setzte.

Detlef stand auf und bereitete ihr einen Teller und etwas zu trinken vor.

„Guten Appetit.", wünschte er, als er es hinstellte, worauf sie nichts erwiderte.

Während sie beiläufig zum Besteck griff, behielt sie ihren Blick weiterhin wie hypnotisiert auf dem Handy.

„Kannst du nicht wenigstens beim Essen mal darauf verzichten?", fragte Detlef.

„Nö.", antwortete sie dreist, während sie sich ein paar Nudeln in den Mund schaufelte. „Das ist ja voll kalt.", protestierte sie kurz darauf und ließ das Besteck auf den Tisch fallen.

„Wärst du rechtzeitig da gewesen, wäre es noch warm.", gab Detlef ruhig zurück.

„Ach, jetzt soll ich wieder Schuld sein?", erwiderte Antonia ungehalten.

„Du kannst jedenfalls nicht behaupten, dass ich dich nicht rechtzeitig informiert habe.", antwortete Detlef seufzend. „Soll ich es dir nochmal warm machen?"

„Nein, es schmeckt sowieso nicht.", entgegnete Antonia.

„Vielleicht kochst du demnächst besser selber oder gehst zumindest mit zum Einkaufen.", schlug Detlef vor. „Du hast ständig etwas auszusetzen und wenn ich aus deiner Sicht alles falsch mache oder das Falsche mitbringe bei Sachen, wo du selbst genauer Bescheid wüsstest,..."

„Ich soll mich hinstellen und Essen machen oder noch lange einkaufen gehen, wenn ich geschafft aus der Schule komme?", unterbrach ihn Antonia aufgebracht. „Ich will mich auch mal ausruhen. Du gehst ja nicht arbeiten und weißt nicht, wie anstrengend es ist, wenn man immer früh raus muss."

„Musst du mir das jetzt auch wieder vorhalten?", erwiderte Detlef unverständnisvoll. „Du weißt, dass ich mir alle Mühe gebe, wieder einen Job zu finden, aber es ist eben nicht so leicht."

„Ne, weil du einfach nichts kannst.", behauptete Antonia dreist.

„Sag mal, was ist nur mit dir los?", entgegnete Detlef fassungslos. „Wir sind hier nicht in einer deiner Serien oder einem dieser Videos, was du dir ständig anschaust, wo alle so miteinander reden. Du musst dich nicht auf dieses Niveau herabbegeben!"

„Ach, jetzt willst du mir wieder verbieten, dass ich meine Serien und Videos anschaue?", schlussfolgerte Antonia.

„Ich möchte nur nicht, dass du dir sowas laufend zum Vorbild nimmst.", erwiderte Detlef. „Außerdem hängst du doch ständig davor und bist während dessen komplett abgemeldet, selbst ohne Kopfhörer. Du bekommst überhaupt nicht mit, wenn ich dir eine Frage stelle oder mit dir reden will. Doch vielleicht sollten wir genau das mal tun, denn es kann doch so nicht weitergehen, dass wir immer wieder wegen Kleinigkeiten aneinandergeraten, die sich dann derart hochschaukeln. Also, sag mir, wenn du Probleme hast und ich dir helfen kann! "

„Wenn ich das sage, regst du dich doch eh wieder auf.", gab Antonia zurück.

„Na, was denn?", fragte Detlef ruhig nach.

„Gut, dann sag ich es dir eben...", fuhr Antonia fort. „Heute in der Schule haben wieder alle davon erzählt, wo sie dieses Jahr in den Urlaub hinfahren: nach Italien, Spanien, in die Türkei,... und ich bin wieder die einzige, die nicht mitreden kann, weil ich sowas nie erleben werde."

„Du weißt doch, dass wir uns das derzeit nicht leisten können.", antwortete Detlef. „Ich kann verstehen, wie du dich fühlst und ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, um dir so einen Traum eines Tages erfüllen zu können. Wenn du willst, kann ich mich aber nach etwas Günstigem erkundigen, worauf man sparen könnte. Es muss ja nicht gleich ins Ausland sein."

„Wie lange soll ich denn noch darauf warten?", fragte Antonia unverständnisvoll. „Was gibt es denn hier im Land schon zu sehen? Ich glaube, du willst überhaupt nicht ins Ausland reisen und deshalb bemühst du dich in Wirklichkeit gar nicht um eine neue Arbeitsstelle, obwohl du es behauptest. Meine Ferien sind jedes Mal vollkommen sinnlos, nur weil du so ein Loser bist."

„Weißt du, was du mir da unterstellst?", erwiderte Detlef fassungslos. „Nichts wäre mir lieber, als genügend Geld zu haben, um dir etwas bieten zu können, nur im Augenblick brauche ich das, was ich bekomme anderweitig, unter anderem um das Internet zu finanzieren, was du benötigst, um deinen Mist auf dem Handy anschauen zu können."

„Ja, jetzt bin ich wieder Schuld, dass wir nicht in den Urlaub fahren können.", rief Antonia.

„Dreh' mir doch nicht immer das Wort im Mund herum!", gab Detlef zurück. „Wenn deine Mutter noch leben und dich so reden hören würde, wäre sie maßlos enttäuscht von dir. Es ist unfair, wie du mich behandelst und dass du nicht erkennst, dass ich trotz meiner bescheidenen Mittel alles für dich versuche."

„Es ist ein beschissenes und eintöniges Leben, was du mir bietest.", behauptete Antonia. „Ständig muss ich akzeptieren, dass du mir alles vermiest." 

„Soll ich dir jetzt das Essen noch mal warm machen?", fragte Detlef seufzend und wollte bewusst das Thema wechseln.

„Ne, brauchst du nicht.", antwortete Antonia trotzig und ging an den Kühlschrank, aus dem sie einen Schokoladenriegel entnahm.

„Das ist doch keine Lösung, dass du immer wieder auf diesen Süßkram zurückgreifst.", erwiderte Detlef verständnislos. „In Zukunft wird das unsere erste Sparmaßnahme werden, dass ich solches Zeug einfach nicht mehr hole!"

„Siehst du, schon wieder willst du mir alles vermiesen.", gab Antonia zurück. „Dann brauch' ich auch gar nichts zu essen.", fügte sie gleichgültig hinzu.

„Ich möchte nur, dass du dieses Zeug nicht ständig zum Spaß oder aus Frust isst.", erwiderte Detlef. „Wenn ich dir mein Essen nochmal warm mache, schmeckt es bestimmt. Es wäre schade, wenn ich den Rest wieder wegwerfen müsste."

„Iss es doch selbst, damit du noch fetter wirst!", gab Antonia zurück.

Sie nahm ihren Teller und schüttete ihn Detlef entgegen, dass er das darauf liegende Essen ins Gesicht bekam. Während alles an ihm herunterlief, verließ Antonia die Küche.



Blankenthal: TeufelspaktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt