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Der eisige Wind bekundete seit etlichen Stunden sein leidvolles Wehklagen, das von den dicht gedrängten Bäumen widerhallte. Ihre spindeldürren Äste erhoben sich gen Himmel, glichen den Fingerknochen einer gierigen Kreatur, die nach dem unendlichen Grau des Äthers zu greifen versuchte.

Schneidende Böen peitschten dem zu Ross sitzenden lhesarischen Regenten, Lyanh Farrown, trotz der tiefsitzenden Kapuze unerbittlich ins Gesicht. Unermüdlich rieb er die frostklammen Finger am Halfter seines Hengstes, und durch das stundenlange Verharren in aufrecht sitzender Position schmerzten ihm alle Glieder.

Mittlerweile waren dem steten Schneefall träge Flocken gewichen, die den Schleier aus reinem Weiß zerrissen und so das Blickfeld allmählich wieder freigaben.
In weiter Ferne ragten die Wachtürme des Königtums Fhelyior auf, das Reich seines eigen Fleisch und Blutes – seiner älteren Schwester, Leera.

Trotz der Eiseskälte, die seine Glieder in eiserner Gewalt bannte, brandete in seinem Herzen lohende Vorfreude auf. Nach dem Tod ihrer beider Eltern hatte er die südlichen Ländereien geerbt und sich als neuer Besitzer um die Instandhaltung der dortigen Destillerien und Winzereien bemüht; doch die neuen zusätzlichen Verpflichtungen hatten ihn im Süden festgesetzt.

Erst heute, nach vier Wintern, die er ohne sie verbracht hatte, würde er seine im Norden residierende Schwester wiedersehen. Er spürte ein erwartungsvolles Ziehen in seiner Brust.

Tosender Wind fegte um Lyanhs Haupt, und seine sehnsuchtsvollen Gedankengänge entglitten ihm schlagartig, sodass er sich plötzlich auf jenem schneebedeckten Waldpfad wiederfand, die Erinnerungen wieder in die Tiefen seines Bewusstseins rückend.
Und da erblickte er jene Destination für die bevorstehenden, glorreichen Feierlichkeiten: 

Bedrohlich wie imposant ragte das aus Sandstein erbaute Schloss vor dem wolkenverhangenen Firmament auf, ein majestätischer Gigant unter all den altertümlichen Bauwerken Fangorahs. Die pechschwarzen Turmspitzen kontrastierten
mit dem schneeverwehten Horizont; wie Dolche reckten sie sich der Unendlichkeit entgegen, die Fahnen mit den Insignien seines Blutes jagten als rote Schlieren dem Seufzen des Windes nach.

Hoch über ihm, auf einer nahegelegenen Astgabel, durchbrach das kehlige Krächzen einer Nebelkrähe die Stille, ehe sie ihre Schwingen ausbreitete und sich in die Lüfte erhob, um als ferner Punkt mit dem Horizont zu verschmelzen.

Lyanh sog die kalte Luft ein und entließ sie sogleich wieder, warmer Atem wölkte vor seinem Gesicht. Irgendetwas hatte den Vogel aufgescheucht, dessen war er sich sicher. Gefahr.
Jene mahnenden Worte seines Vaters füllten seinen Geist. Worte, die er ihm in seiner Kindheit etliche Male gepredigt hatte.
Gib Acht auf die Vögel dieser Welt, mein Junge. Ihr Gespür erkennt das lauernde Dunkel noch bevor es sich zu erkennen gibt.

ARZAS || short story Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt