Rhaya suchte sich einen Platz zum schlafen. Es wurde langsam dunkler und sie würde bald nichts mehr sehen können. In einer verdreckten Gasse, nahe des Bergfrieds fand sie einen Hinterhof, auf dem eine große Hundehütte stand. Hier war sie vor neugierigen Blicken geschützt. Sie hörte von ihrer Hundehütte aus ein Gespräch von einigen Stadtwachen an, die aber der Hundehütte keine weitere Beachtung schenkten. Der eine meinte, dass er glaube, der Winter würde nahen. Die Anderen lachten darüber nur.
Rhaya fand das ganze glaubhaft, denn es wird langsam kälter. Zwar nicht viel, aber immer ein bisschen mehr. Wenn man sein halbes Leben lang auf der Straße gelebt hatte, dann spürt man das.
Am nächsten Morgen wurde Rhaya von zwei Männern der Stadtwache wachgerüttelt. Sie brüllten sie an, dass sie verschwinden solle und Rhaya stand auf und tat, was ihr befohlen wurde.
Sie ging umher und suchte nach einem Schmied. Schon nach kürzester Zeit wurde sie fündig. Ein ein junger Mann stand an einen Pfahl gelehnt und putzte einen Helm mit Hörnern. Er sah nach guter Schmiedekunst aus und auch die Schwerter waren, die weiter hinten auf einem Tisch auslagen, nicht von minderer Qualität. ,,Gendry, deine Pause ist vorbei. Arbeite weiter", sagte ein Mann mittleren Alters, der vorhin noch am Blasebalk stand zu dem anderen. Der Schwarzhaarige, der wohl Gendry hieß, legte seinen Helm ab und machte sich wieder an die Arbeit. Rhaya ging an dem Schmied vorbei und sah sich alles ganz genau an. Sie bemerkte, dass zwei Rotröcke von der Stadtwache das Gebäude vom Schmied bewachten. Es wird wohl schwe werden, hier einzubrechen, aber ich werde das schon shaffen, dachte sie sich.
Rhaya wartete bis es dunkel wurde und ließ sich in der Nähe der Schmiede nieder, sodas sie beobachten konnte, was in und um ihr vorging. Es war schon spät, als Gendry und der andere die Schmiede verließen. Zwei Rotröcke, die sich mit den anderen abgewechselt hatten, standen allerding immer noch davor, um sie zu bewachen. Rhaya schlich bis zu der Tür. Gerade soweit, dass die Wachen sie noch nicht sehen konnten.
Sie schlich weiter um die Schmiede herum. Irgendwann wurde ihr klar, dass es nur einen Eingang gab und sie sich nicht einfach hindurch schleichen konnte. Also musste sie es mit einer List probieren. Rhaya warf einen der Steine, die überall auf der Straße lagen, weit weg von dem Eingang der Schmiede. Die Wachen vielen tatsächlich darauf herein und gingen an die Stelle, wo der Stein aufgekommen ist.
Rhaya rannte, so schnell sie konnte durch die Tür der Schmiede und fand sich in einem halb offenen Haus wieder. Es war nicht so dunkel, wie zu erst angenommen hatte, denn das Mondlicht schimmerte herein. Sie sah ein paar Schwerter an einer Halterung an der Wand und nahm sich das nächst beste heraus. Es steckte nicht in einer Scheide und so musste sie vorsichtig sein.
Plötzlich vernahm sie vor der Tür eine Stimme. Die Wachen waren wieder zurückgekehrt. Panisch sah sich Rhaya um. Wie soll ich den jetzt wieder herauskommen, ohne dass die mich sehen? Sie versuchte Ruhig zu bleiben und schlich nach vorne zur Tür, so dass das einzige , was sie von den Rotröcken noch trennte, das Holz der Tür war.
Rhaya überlegte, was sie als nächstes machen sollte. Hier gab es keine Steine und die Wachen würden bestimmt nicht noch einmal auf den Trick mit dem Stein reinfallen. Rhaya wartete, ob die Wachen gehen würden, aber sie blieben da, wo sie waren. Sie würde wohl hier bleiben müssen. Rhaya versuchte die Nacht wach zu bleiben, doch es gelang ihr nicht. Schon nach kürzester Zeit lag sie mit dem Schwert im Arm vor der Tür und schlief.
Am nächsten Tag wurde sie von lauten Stimmen geweckt. Sie kamen nicht von der Tür, vor der sie lag, sondern von dem Stockwerk über ihr. Es schien so, als würden sich zwei Leute streiten. Obwohl Rhaya erst drei Stunden geschlafen haben musste, weil es gerade erst hell wurde, schienen die beiden Streitenden schon hellwach zu sein. Dieses Erkenntniss ließ auch Rhaya schlagartig die Augen aufschlagen.
Sie stand auf und stellte dabei fest, dass sie sich während dem Schlaf an der Schwertklinge geschnitten haben musste, denn sie blutete am Unterarm.
Rhaya wischte sich das Blut an ihrem Mantel ab und sah nach draußen. Die Wachen waren verschwunden, doch die beiden Stimmen von der Treppe wurden immer lauter. Rhaya versteckte das geklaute Schwert unter ihrem Mantel und hörte die Treppe knarren. Die Streitenden kamen herunter und würden sie bald entdecken, wenn sie nicht gleich verschwinden würde. Schnell machte sie die Tür auf und trat ins Freie. Sie suchte sich den schnellsten Weg, der sie etwas außerhalb der Stadt führte.
Als sie vom Königsweg in eine kleinere Straße abbog, machte sie sich schnell daran einen Platz zum schlafen und üben zu finden. Rhaya wählte eine von Moos bedeckte Stelle unter einem dicken großen Baum zum schlafen und eine etwas von Bäumen und Sträuchern freie Fläche zum trainieren. Sie legte ihren Mantel auf das Moos unter den Baum und fing auf den Baum einzuschlagen. Sie drehte sich über den Rücken und schlug erneut zu. Dabei stellte sie sich immer wieder vor, dass der Baum ihre Mutter war.
Wie komnte sie nur in einem Bordell arbeiten und sie auf die Straße schicken? Rhaya glaubte nicht, dass sie zu einer Hure geworden wäre. Ihre zwei Schwestern sind auch in dem Bordell aufgewachsen und bestimmt keine Huren. Also musste es an ihrem Vater liegen. Sie sah den Baum an und stellte sich nun vor, es wäre ihr Vater, auf den sie einschlagen würde. Als sie vor Anstrengung schnaufend fast umfiel, weil sie nicht mehr konnte, setzte sie sich ins Gras.
Nach kurzem Überlegen sagte sie sich, sie müsse weiter machen, denn auch wenn sie kaputt wäre, dann würden ihre Gegner sie trotzdem noch fertig machen wollen. Also stand sie wieder auf und schlug so lange auf den Baum ein, bis es dunkel wurde. Danach legte sie sich hin und deckte sich mit dem Mantel zu. Dann schlief sie ein.
Als sie aufwachte, stand die Sonne hoch über ihr am Himmel. Es war schön, entlich frei zu sein und so zu leben, wie man wollte. Was sie allerdings nicht bedacht hatte, war das Essen, denn Rhaya hatte Hunger. Doch das Glück war auf ihrer Seite und sie fand ein Eichhörnchen, das sie auf ihrem geklauten Schwert aufspießte. Sie machte sich ein kleines Feuer und steckte das Tier auf einen Stock, damit sie es braten konnte. Es schmeckte etwas zäh, aber man konnte es essen.
Sie trainierte noch bis in den Abend hinein und fand, dass sie immer besser wurde. Schließlich hatte sie das Blut von Sandor Clegane in sich. Ob sie es wirklich schaffte gegen ihren Vater, den Bluthund des Königs zu kämpfen und ihn zu besiegen war etwas ganz anderes. Sie zweifelte daran gegen ihn zu gewinnen, was wohl nicht gerade unangemessen war. Trotztem trainierte sie weiter.
Die Zeit verstrich und nach ein paar Tagen machte sie sich wieder auf den Weg in die Stadt, um herauszufinden, wann der Namenstag des Königs und das Turnier dazu stattfanden.
Rhaya lief mit offenen Ohren durch Königsmund und fand heraus, dass König Joffrey senen Namenstag in zwei Tagen feiert. Es soll nur ein kleines Turnier werden, aber das reichte Rhaya. Sie war froh, dass nicht so viele Ritter und andere Kämpfer kommen würden, denn dann ist die Chance, dass ausgerechnet sie gegen jemanden kämpfen muss, gering. Bis das Turnier stattfand, trainierte sie bei ihrem kleinen Waldstück weiter. Sie legte sich an dem Tag vor dem Turnier früh zu Bett, damit sie ausgeschlafen war.
Als der Tag des Turniers kam, wusste sie nicht recht, was sie fühlte. Zum einen freute sie sich, weil sie entlich ihrem Vater gebenüber treten und ihr Können beweisen könne, doch zum anderen war es auch genau das, wovor sie Angst hatte.
Sie wachte früh am Morgen auf und schlug bevor sie ging noch ein paar mal gegen den Baum. Rhaya machte sich auf den Weg zum Turnier. Sie war nervös.
