08| So schnell sieht man sich wieder

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Tag X
Madrid
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    Wie von alleine waren meine Wangen unter seinem eindringlichen Blick, der mich regelrecht zu durchleuchten schien, warm geworden. Ich hoffte, dass er dieses kleine Detail wegen der Dunkelheit nicht wahrnahm.
»Sie sollten lieber Ihre Leute fragen, wieso Sie diese Bilder nicht zuerst in die Finger bekommen haben«, entgegnete ich. Immer schön die Schuld auf andere schieben!

»Sie weichen schon wieder meiner Frage aus«, stellte er mit trügerisch ruhiger Stimme fest.

Trotzig verschränkte ich die Arme. »Ich habe in den umliegenden Geschäften nach Überwachungsaufnahmen gefragt. Wie sollte ich die auch sonst aufgetrieben haben? Vom Himmel sind sie definitiv nicht gefallen.«

Der Mann schüttelte ungläubig den Kopf.

»Wissen Sie was? Glauben Sie doch, was Sie wollen! Ich habe dafür gesorgt, dass Ihre Hände rein vom Blut Unschuldiger sind, aber so etwas wie Dankbarkeit kann man augenscheinlich nicht erwarten. Stattdessen misstrauen Sie mir und meinen Fähigkeiten! Ich habe es satt, mich dafür rechtfertigen zu müssen, dass ich meine Arbeit gewissenhaft und gründlich erledige, denn sowas sollte man doch wahrlich von jedem erwarten können«, fuhr ich ihn an. Mit meinen Nerven war ich am Ende. Die Worte sprudelten einfach so aus meinem Mund heraus. Ich konnte nichts dagegen tun.

»Mir scheint, als würden Sie immer sagen, was Sie gerade denken.«

Entnervt stöhnte ich auf. Herr Gott nochmal, wo ist der Nobelpreis für diese meisterhafte Erkenntnis? Wo sind die Kameras? Der rote Teppich? Die Urkunde mit dem Umschlag? Und der ganze Rest, der dazu gehört?
»Und dafür wollen Sie mich jetzt festnehmen? Weil ich mich an Fakten orientiere?«

Suárez legte den Kopf schief, als würde er meine Verhaftung ernsthaft in Erwägung ziehen. Er machte einen Schritt auf mich zu. Zum ersten Mal fiel mir auf, wie viel größer er doch war. Ich musste meinen Kopf in den Nacken legen, um in seine einschüchternden schwarzen Löcher schauen zu können – nicht, dass mich dieser Größenunterschied davon abhalten würde, dieses Blickduell zu gewinnen!

»Eigentlich hätte ich Sie beim ersten Mal schon festnehmen müssen, aber in dem Moment hatte ich besseres zu tun gehabt«, sagte er.

»Was bin ich doch für ein Glückspilz!«

»Beim zweiten Mal haben Sie den Abbruch der Operation provoziert und damit nicht nur sich selbst in Gefahr gebracht«, fuhr er unbeirrt fort.

Ein ironisches Lächeln stahl sich auf meine Lippen, als ich ihn erneut unterbrach. »Tut mir leid. Habe ich damit etwa Ihr Ego verletzt?«
Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Offensichtlich habe ich das...

»Es ist doch so, wenn Sie mich von Anfang an ernst genommen hätten, dann wäre es zu dieser Schmach doch gar nicht erst gekommen. Aber wissen Sie was? Ich habe keine Lust mehr, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Früher oder später werden Sie noch erkennen, dass ich recht habe«, ich unterdrückte ein Gähnen. »Ich werde jetzt nach Hause fahren, bevor ›Rumpelstilzchen‹ nicht mehr abgelenkt ist und mir eine wohlverdiente Mütze Schlaf gönnen.«
Ich stieg in das Auto ein und fuhr davon.

༻♥༺

»Was hast du schon wieder angestellt?«

Welch' nette Begrüßung! Ich zuckte mit den Schultern und brummte irgendetwas. Mein Gehirn war noch nicht so wach, wie meine Ausstrahlung vermuten ließ, immerhin hatte ich mir die halbe Nacht um die Ohren geschlagen.

El Corazón Del Ladrón | LCDPWo Geschichten leben. Entdecke jetzt