21 - Annabell

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Am darauf folgenden Tag brachen wir auf. Gian und ich jeweils mit einem Rucksack auf dem Rücken, in dem sich die nötigsten Sachen befanden.

Der Wald war düster. Nur einmal war ich bis jetzt in einem gewesen und das war zur Beerdigung meiner Großmutter. Sie wollte nicht, wie es sonst üblich war, in einem luftdichten Sarg ausgestellt werden. Man wurde schön hergerichtet und dann in dem Haus der Angehörigen in das speziell dafür vorgesehene Zimmer gestellt. Sie würden niemals zerfallen. Man konnte ihnen immer ins Gesicht sehen. Aber meine Großmutter wollte das nicht. Sie wurde verbrannt und in einem Kokon aus Seide neben ihrem Lieblingsbaum vergraben.

Das Blätterdach ließ keinen Sonnenstrahl durch und unter den großen Bäumen herrschte eine unangenehme Kälte. Ein Schauer lief meinen Rücken hinauf, als eine Eule schrie.

„Wollen wir eine Pause machen?", fragte Gian hinter mir. Ich blieb stehen und suchte einen Platz zum Sitzen, aber der Nebel hatte auf allem seine feuchten Spuren hinterlassen. Hinter ein paar Bäumen lag eine Lichtung. Hier schien die Sonne warm auf den Boden. Gian und ich ließen uns nieder. Wir hatten noch vier Tage und ich fragte mich, ob wir es in dieser Zeit bis zum Montagne De La Vie schaffen würden.

„Auf jeden Fall sollten wir in der nächsten kleineren Stadt ein Auto mieten." Gian nickte, trank einen Schluck und reichte die Flasche dann mir. Ich wischte mit dem Ärmel über die Öffnung und trank auch.

Wir liefen und liefen weiter durch den Wald. Als es Abend wurde, hatte Gian eine kleine Höhle gefunden. Wir konnten geradeso in ihr stehen. Gian war, bevor wir aufgebrochen waren, zu diversen Geschäften gegangen und hatte besorgt, was wir brauchten. Jetzt holte er zwei Schlafsäcke aus seinem Rucksack und wir legten uns hin. Der Schlafsack wurde sofort warm, als ich den Reißverschluss schloss.

Der Wald war eintönig, die nächste Stadt noch zu weit entfernt und unsere Vorräte fast aufgebraucht. Der dritte Tag war vergangen. Noch zwei und das Feuerwerk würde ohne uns stattfinden. Ich hörte Gian, der sich durch das Gebüsch zu mir zurück kämpfte.

„Gefunden!", rief er schon von weitem.

„Was? Was hast du gefunden?"

„Eine Stadt." Nun stand er vor mir, nahm meine Hand in seine, die Rucksäcke in die andere und zerrte mich mit in die Richtung, aus der er gekommen war. Wir rannten noch ein kurzes Stück und gelangten dann auf eine Wiese, die genauso aussah wie die, auf der wir mit den Luftpacks gelandet waren. Auch hier führte eine Straße durch die Leere. Aber wenn man ganz genau hinsah, konnte man am Horizont Wolkenkratzer entdecken.

„Geschafft", sagte ich, mehr zu mir selbst als zu Gian.

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Hey, ihr seid jetzt bei der Hälfte der Geschichte angekommen. Was haltet ihr bisher davon? Irgendwelche Gedanken, die ihr mit mir teilen wollt? Wie findet ihr die Charaktere & wen mögt ihr gerne, wen nicht?


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