Kapitel 22

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Nova

Olivia lächelte mich mitfühlend an, als sie die beiden Kaffeetassen auf dem kleinen Beistelltisch an David's Bett abstellte.

,,Ich bin bei Giuseppe'', flüsterte sie mir zu.

Ich runzelte die Stirn.

,,Soll ich nicht lieber raus gehen? Nicht dass wir ärger von den Krankenschwestern bekommen, weil wir keine Familienangehörige sind ...''

,,Sollte das der Fall sein, mache ich diesen tias Feuer'', meinte David's Schwester bestimmt und zwinkerte wieder, bevor sie nach draußen verschwand und mich mit meiner Mutter, die niedergeschlagen am Eingang stand, allein ließ.

Unsicher erhob ich mich von meinem Stuhl und sah meine Mutter verlegen an. Es war eigenartig ... Wir hatten uns eigentlich immer gut verstanden, besonders nach dem Tod meines Vaters hatten wir stets ein sehr festes, inniges Verhältnis zueinander gehegt ... Und doch hatte ich es die letzten Monate nicht übers Herz gebracht, mich ihr anzuvertrauen ...

Und nun standen wir hier, sahen uns betroffen an und wussten beide nicht so recht, wie wir uns verhalten sollten.

Meine Mutter ergriff als erste das Wort.

,,Linda hat mir alles erzählt ...'', sagte sie leise.

,,Alles?'', hakte ich nervös nach.

,,Ja ... Alles.'' Ein trauriger Ausdruck lag auf ihrem schmalen Gesicht. ,,Es tut mir so leid, was dir widerfahren ist ... Und auch, dass ich es nicht geschafft habe dir das Gefühl zu geben, dich mir anvertrauen zu können ...''

Tränen verließen die Augen meiner Mutter, als sie mir mit schweren Schuldgefühlen entgegenblickte.

,,Nein ...'', schniefte ich und ging aufgewühlt auf sie zu. ,,Es ist nicht deine Schuld ... Ich habe mich nur so geschämt ... Und du mochtest Fabian immer so ... Ihr wart immer einer Meinung und ...'' Schluchzend brach ich mitten im Satz ab, da schlang meine Mutter auch schon ihre Arme um mich.

,,Was Fabian getan hat, ist unverzeihlich! Für seine Gefühle kann man nichts, mein Schatz.''

Wie ein kleines Kind wiegte meine Mutter mich in ihren Armen. Lange hatte ich mich in ihrer Gegenwart nicht mehr so fallen gelassen und geborgen gefühlt.

Irgendwann ließ meine Mutter mich los, musterte mich mit geröteten Augen, wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und spähte sowohl neugierig, als auch bestürzt, zu David hinüber.

,,Deine Freunde meinen, er wird wieder gesund.''

Ich nickte, doch neue Tränen füllten meine Augen.

,,Ja ... Aber warum wacht er einfach nicht auf?'', wimmerte ich.

,,Das wird er ... Gib ihm Zeit.''

,,Aber ... Ich habe solche Angst, Mama ...'', flüsterte ich mit zittriger Stimme.

Meine Mutter lächelte verständnisvoll und strich mir zärtlich eine Haarsträhne hinters Ohr.

,,Du liebst ihn wirklich sehr, oder?''

Ich nickte.

,,So sehr, dass ich mir kein Leben ohne ihn vorstellen kann ...''

Die Augen meiner Mutter funkelten. Sie dachte an meinen Vater, das wusste ich.

,,Das musst du auch nicht, mein Schatz.''

Plötzlich klopfte es an der Tür und eine Krankenschwester trat ins Zimmer. Sofort erschien Olivia mit einer weiteren Tasse Kaffee neben ihr.

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