Kapitel 9

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David

Es dämmerte bereits, als ich aus Hakims Waschstraße herausfuhr und auf einem der Parkplätze parkte. Ich zog ein Mikrofasertuch aus meiner Mittelkonsole und stieg aus dem M5, um die übrig gebliebenen Wasserperlen von meiner Motorhaube und meiner Windschutzscheibe zu wischen. Ich hasste Wasserflecken auf meinem Auto! Als ich mit dem Ergebnis zufrieden war, drehte ich mir eine Kippe und starrte gedankenverloren auf meinen schnieken Wagen.

Eine lange Nacht erwartete mich, denn endlich fanden unsere Street-Fights wieder statt, und zwar im Keller der Pink Oasis. Burkhart wusste selbstverständlich Bescheid. Als Giuseppe und ich bei einem Meeting mit ihm unser Vorhaben angesprochen hatten, hatte er nur das money vor den Augen gehabt und war sofort einen Deal mit uns eingegangen. So konnte Burkhart auch die zusätzlichen Kosten eines zweiten Securitymanns für die Pink Oasis gut verkraften. Der neue Türsteher war ein alter Kollege von Amir aus seiner Red Balloon- Zeit. Also eine easy Sache!

Ich schnippte meinen Kippenstummel über den Parkplatz und musste unwillkürlich lächeln, als ich mich daran erinnerte, wie sie mich vor vielen Monaten tadelte, als ich dasselbe vor ihren Augen getan hatte. Mein Lächeln wurde noch breiter, wenn ich an Aphrodites verlegenes Gesicht dachte, als ich ihr meine biologisch abbaubaren Filter vor die Nase hielt.

Einerseits wünschte ich mir, ich hätte sie niemals kennengelernt, um diesen abgefuckten Schmerz nicht fühlen zu müssen, andererseits wollte ich keine einzige Sekunde missen, die ich mit ihr verbracht hatte.

Seufzend stieg ich wieder in meinen Wagen und machte mich auf den Weg ins mudança de cor. Ich hatte mich vor den Fights noch zum Dart spielen mit Lino verabredet. Zwar setzten mir die ganzen Erinnerungen, welche mich jedes Mal in der Bar folterten, ganz schön zu, doch wollte ich Lino nach seinem Krankenhausaufenthalt auf keinen Fall hängen lassen.

Ich hoffte nur, dass Nelly nicht da sein würde ... Seit der Sache mit Lino, war sie noch viel nerviger geworden. Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt! Ich hätte ihr gegenüber niemals so weich werden dürfen!

Im mudança de cor angekommen, begrüßte ich Benji und Michael mit einem Handschlag. Michael, der immernoch Jerome's Betthäschen war, obwohl er ihn im letzten Jahr angeschossen hatte, machte seine Sache gut. Er war ein festes Mitglied unserer Crew geworden und berichtete uns jeden Tag erfolgreich, was in unserem Schutzgeldgebiet abging. Erst hatte ich gedacht, dass womöglich ein Techtelmechtel zwischen Benji und Michael entstehen würde, doch Michael stand definitiv auf richtige Männer und nicht auf feminine Jungs. Er hatte nur Augen für Jerome. Jerome allerdings, der sich genauso für Frauen wie für Männer interessierte, machte mir Sorgen, denn was würde geschehen, wenn er Michael's Herz schon wieder platt walzen würde? Naja ... Sie waren alt genug. Ich hoffte jedenfalls, unser neues Crewmitglied nicht wegen Jerome's Rumfickerei zu verlieren, denn ich mochte Michael. Auf ihn war Verlass.

Nach meiner Begrüßung klopfte ich an Lino's Bürotür.

,,Einen kleinen Moment'', rief er und ich wunderte mich ein wenig, dass er mich warten ließ. Da hörte ich eine weitere Stimme. Eine helle, sich irgendwie traurig anhörende.

,,Du kannst ruhig reinkommen ...''

Oh nein. Nelly. Am liebsten hätte ich Tschüss gerufen und wäre wieder gegangen, aber ich wollte kein Arsch sein ... Also öffnete ich die Tür und meinte stattdessen:

,,Wenn ihr noch einen Moment braucht, ist das kein Thema ...''

Nelly saß auf einem Stuhl an Lino's Bürotisch und tupfte sich gerade mit einem Taschentuch die Augen, während Lino mitleidig ihren Rücken tätschelte.

,,Nein, nein... Ist schon okay, David.''

Ich runzelte die Stirn und sah Lino fragend an, der meinen Blick allerdings auswich. Aber warum? Es war, als wäre Lino die Situation irgendwie unangenehm.

Klick Klick Boom! Alles SchwarzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt