𝑲𝑨𝑷𝑰𝑻𝑬𝑳 𝟐𝟓

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Talion

𝓓𝓻𝓮𝓲𝓱𝓾𝓷𝓭𝓮𝓻𝓽𝓼𝓮𝓬𝓱𝔃𝓮𝓱𝓷 𝓙𝓪𝓱𝓻𝓮 𝔃𝓾𝓿𝓸𝓻

Ich gehe im Zelt, welches man mir und Lamia zugeteilt hat, auf und ab. Man merkt, dass ich sehr angespannt bin, da ich heute schon den ganzen Tag meine Wachen kühl anspreche. Ich bin deswegen schon seit heute Morgen so schlecht gelaunt, weil die Schlacht gegen die Nekromantie jederzeit beginnen kann. Und Lamia... Götter, wann kommt sie endlich?
Die Zeltplane wird zurückgeschlagen, doch es ist nicht Lamia, die hereinkommt, sondern mein Berater Merion. Er tritt mit ernster Miene auf mich zu. »Talion«, sagt er ernst. »Bist du nervös?«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich habe dich die ganze Zeit über beobachtet. Und du weißt, dass ich dich gut kenne und einschätze. Also, liege ich mit meiner Annahme richtig?«, antwortet er.
Ich seufze entnervt. »Aye, Merion. Du hast recht«, schnaube ich ungehalten.
»Ich bin nicht gekommen, um Euch vorzuhalten, dass Ihr nervös seid, Eure Hoheit.« Merion titt einen Schritt auf mich zu. »Sondern um Euch zu holen. Die ersten Nekromanten greifen an. Du kannst nicht mehr auf Lamia warten, Talion. Aber du weißt, worauf die Nekromanten da draußen warten.«
Ich bin bei Merions höflicher Anrede zusammengezuckt, beherrsche mich aber. »Du weißt, ich kann diese Höflichkeiten nicht leiden«, erwidere ich ganz ruhig. »Aber dies werde ich für den Moment ignorieren.« Ich nehme mein Schwert, welches an einer der Zeltwände lehnt, stecke es in die Scheide an meinem Gürtel befestigt ist, sehe meinen Berater mit einem entschlossenen und festen Blick an, atme tief durch, straffe meine Schultern und folge ihm aus dem Zelt und hinaus auf das Schlachtfeld.

Als ich mit steinerner Miene auf die kämpfenden Nekromanten zugehe, wendet einer sich mir zu und verbeugt sich vor mir. Diesen Moment nutze ich, um ihm mein Schwert in die Brust zu rammen.
»Gut gemacht, Hoheit«, ruft Tropan mir zu und grinst, ehe er sich wieder seinem Gegner zuwendet.
Ich nicke ihm zu und als ich mich in die Schlacht stürzen will, versperren mir vier breitgebaute, bärtige Männer den Weg. Ich reagiere sofort, strecke eine Hand aus und erschaffe einen Strudel aus Nekromantie, den ich auf zwei der Nekromanten schleudere. Der schwarzmagische Strudel verschlingt die beiden augenblicklich. Die anderen beiden Männer nehmen die Beine in die Hand und wollen fliehen, doch zwei meiner Blitze aus Sternenstaub treffen beide und sie fallen mit einem letzten, qualvollen Schrei zu Boden.
Ich atme erleichtert aus, packe den Griff meines Schwertes fester und stürze mich in die Schlacht. Magische Ströme werden mir entgegengeschleudert, doch ich schaffe es, ihnen auszuweichen.
»Talion, hinter dir!«, brüllt Merion über das Schlachtfeld, auf dem sich immer mehr Blutende sammeln.
Ich wirble herum und erwürge den Mann hinter mir augenblicklich. Er spuckt Blut, als er zu Boden sinkt.
»Talion!«
Diese Stimme lässt mich herumfahren, ich stoße vor Erleichterung einen Schrei aus, dann zögere ich nicht länger und renne auf sie zu. Als ich bei ihr ankomme, schließe ich sie sofort in meine Arme und wir geben uns einen innigen und intensiven Kuss. Denn wer weiß schon, ob wir beide diese Schlacht gegen die Nekromantie überleben werden.
Lamias langes, glattes, dichtes und dunkelrotes Haar weht in dem starken Wind, der über dem Feld mit den blutigen Soldaten aus meinen Reihen und denen meines Gegners, und ihre braunen Augen glitzern verdächtig.
»Wo bist du gewesen, meine Mirabella?«, frage ich besorgt und fahre ihr sanft durch das Haar.
»Das«, antwortet Lamia, während ihr plötzlich Tränen über ihr schöne Gesicht rinnen, »ist jetzt unerheblich. Ich habe dir etwas viel wichtigeres mitzuteilen.«
»Das wäre?«, frage ich angespannt.
Lamia atmet tief durch, ehe sie mit zitternder Stimme erwidert: »Das Kind ist tot. Unser Kind ist tot. Es ist ein Mädchen. Die Wehen haben zu früh eingesetzt. Du weißt, ich bin, beziehungweise war ich erst in der einundzwanzigsten Woche. Ich habe sie beim Grab meiner Mutter beerdigt.«
Götter, und ich habe mich schon auf das Vatersein gefreut.
»Talion«, sagt meine Geliebte mit leiser Stimme und legt eine Hand an meine Wange. »Es tut mir unendlich leid.«
»Das ist jetzt für den Moment egal«, sage ich ernst. »Wir müssen kämpfen. Über den Verlust unserer kleinen Tochter können wir danach trauern. Nehme dein Schwert in deine Hand und stürze dich in die Schlacht. Zusammen mit mir.«
»Aye, mein Prinz«, salutiert Lamia. Zwar weiß ich, dass meine Geliebte die Anrede nur im Scherz gesagt hat, dennoch versteife ich mich ein wenig. Aber sie bemerkt es zum Glück nicht.
Dafür sieht sie mich unglaublich zärtlich an und neigt ihren Kopf zu meinem Ohr. »Falls wir uns nicht wiedersehen sollten... Sei versichert, dass ich dich für immer und ewig lieben werde.« Dann wendet sie sich um und stürzt sich in die Schlacht mit den Nekromanten.
Auch ich ziehe mein Schwert wieder aus der Scheide und erschlage jeden Nekromanten, dem ich habhaft werden kann. Als ich gerade dabei bin, einem der Schwarzmagier die Kehle aufzuschlitzen, springe ich zur Seite. Eine große Feuerwalze rauscht an mir vorbei und direkt auf einige der Nekromanten und einigen Frauen zu, die miteinander kämpfen, doch ich achte nicht darauf.
Als ich auch den letzten der Nekromanten erschlagen habe, wende ich mich zu meinem Berater und meinem Freund um. Tropan und Merion haben zwar ein paar blutige Kratzer, aber sonst fehlt ihnen nichts.
»Wir haben es geschafft!«, ruft Tropan und umarmt mich. »Wir haben die Nekromanten besiegt und gegen die Schwarze Magie gewonnen.«
»Moment mal«, sage ich plötzlich. »Wo, bei den Göttern, ist Lamia?«
Merion und Tropan blicken sich ernst an, dann wendet sich mein Berater an mich: »Talion...«
»Nein!« Meine Stimme ist zwar zornig, aber ruhig. »Bei Saphiras Arsch, sagt mir, wo sie ist!«
Tropan seufzt und tritt zur Seite.
Noch ehe ich es sehe, ahne ich es schon.
»Nein!«, keuche ich. Und dann schreie ich meinen Schmerz hinaus.
Lamia liegt auf dem Boden des Schlachtfeldes, Arme und Beine von sich gestreckt. Aber ihr Körper und ihr schönes Gesicht sind verbrannt und kohlrabenschwarz.
Ich stolpere. Als letztes sehe ich nur noch Sterne vor meinen Augen tanzen, bevor ich in schwarze Dunkelheit falle.

𝓖𝓮𝓱𝓮𝓲𝓶𝓷𝓲𝓼𝓿𝓸𝓵𝓵𝓮 𝓑𝓵𝓾̈𝓽𝓮 𝟑 - 𝓓𝓲𝓮 𝓢𝓽𝓪𝓭𝓽 𝓭𝓮𝓻...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt