Kapitel 12

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12.07 E

Ein erneutes kratzten in meinen Hinterkopf weckte mich, aus einem tiefen raumlosen schlaf. Stolpernd, da ich noch nicht ganz her meiner Sinne war, rannte ich die Treppe runter. Mum, die eher durch mein Poltern aufwachte, kam direkt aus seinem Schlafzimmer hinterher. Gemeinsam entledigten wir uns unserer Kleidung und rannten los. Colin rufend merkte ich, dass ich sie überall wahrnahm.

In allen Himmelsrichtungen waren sie an unseren Grenzen.

Unruhig weckte ich die anderen Männer und Frauen per Rudelcall­­­. Die Alten und Kinder würden sich im Gasthaus sammeln, da dieses in der mittleren Ebene unserer Rudel lag. Am weitesten Weg von den Grenzen. Mum und ich trennten uns, mein Ziel lag an Linus Eintrittsstelle im Süden, dort hatten sich mehrere geballt. Mum hingegen ging in den Norden, zu dem Ort, von dem man aus der Luftlinie gesehen am ehesten in unsere Mitte gelangen konnte.

Gelegentlich sah ich im Wald, um mich herum, kleine Reflexionen aufblitzten. Es war noch nie vorgekommen, dass wir so umzingelt wurden, trotzdem hatte es nicht lange gedauert und meine Leute standen bereit.
Sie blieben auf einer Linie mit mir, den Blickkontakt gerade so haltend, um mehr Fläche abzudecken. Dean war zu meiner rechten.
Malte zu meiner Linken. Colin war bei Mum.
So war zumindest die Aufteilung der Erfahrung ausgeglichen.

Dean wüsste mit höherer Wahrscheinlichkeit, was zu tun war, er würde mich in meiner Entscheidung unterstützen. Kurz vor der Wiese fing ich an langsamer zu werden. Sie standen auf der Wiese, auf der zu unserem Glück keine der Kühe waren. Dunkel Schatten im Angesicht des Mondlichtes wanderten auf der Wiese hin und her ohne weiter einzudringen. Wölfe und Menschliche gestalten alle mit einem eisernen Geruch belegt, den ich direkt wieder erkannte. Das waren die, die schon die ganze Zeit alle unruhig machten. Es war der gleiche Geruch, den wir an Linus gerochen hatten.
Sie redeten und knurrten, mich ins hohe Grass duckend, sah ich zu Dean der kurz nickte.

Wir mussten abwarten, wenn wir keinen Kampf riskieren wollten.
„Er wird hier nicht mehr sein!" Platzte eine laute Stimme durch die Nacht, was alle Geräusche um ihn verstummen ließ.
„Ihr habt ihn verloren!"
Die anderen zuckten über ihre Aussage zusammen.

Ein Alpha.

War er Linus Mate?

Den Kopfschüttelnd versuchte ich mich auf die Leute vor mir zu fokussieren. Ein Gemurmel war unter ihnen ausgebrochen. Von Diskretion konnte man hier wirklich nicht mehr reden. Sie waren so verdammt laut, dass sie nicht mal hätten, die Mühe machen sollen, nachts, um 2 hier aufzutauchen.
Was den Alpha anscheinend auch störte und es mit einem knurren unterband.

„Alpha, wir sollten nicht so laut sein. Das Rudel, das hier lebt, soll stark sein." Ein kehliges Lachen, kaum vom Knurren unterscheidbar, drang über die Lichtung.
„Da irrt ihr euch, die haben 'nen neuen Alpha. Der noch ein Frischling ist."

Sie hatten keine Angst vor mir, zumindest der Alpha. Deans Anspannung war sichtlich spürbar. Wenn ein Alpha als schwach bzw. als Frischling bezeichnet wurde, war das nie ein gutes Zeichen. Das würde das ganze Rudel in Gefahr bringen.
„Bleib ruhig." Bat ich ihn leise über den Link.
Er würde die anderen nur noch unruhiger machen.
„Wenn sie weitergehen, halten wir sie auf. Ziehen Sie sich zurückziehen, lassen wir sie. Riskiert nichts." Erklang Mum Stimme über den Rudel-Call. Die Eindringlinge auf ihrer Seite schienen auch nicht wirklich von der Stelle zu kommen. „Lasst uns ein Exempel setzen und sie jetzt verjagen. Sonst kommen sie noch öfter wieder." Hörte ich auf einmal Dean im Link.
„Sie reden darüber, dass Linus nicht mehr hier wäre. Sie werden nicht wieder kommen. Er geht doch eh bald. Das Risiko ist zu hoch." Wand Colin dagegen ein. Um eine Entscheidung bittend, schauten mich meine Leute an. Sowohl Colin als auch Dean hatten recht. Ich war der Alpha, also musste ich die finale Entscheidung treffen. Was bisher noch nie groß nötig gewesen war. Besonders mit diesem Ausmaß an möglichen Konsequenzen wurde mir flau im Magen. Tief durchatmend, gab ich das Zeichen, in Deckung zu bleiben. „Sie werden verschwinde." Unruhig warteten wir gute 10 Minuten. Auch wenn sie sich wie eine kleine Ewigkeit anfühlten. Mit jeder verstreichenden Minute war ich kurz davor meine Meinung zu ändern. Sollten wir sie nicht doch lieber verjagen? Uns ihnen gegenüberstellen und fragen, was sie von Linus wollen. Vielleicht waren sie ja gar nicht die, die ihm das Ganze angetan haben. Oder war Linus, der etwas Schlechtes getan hatte? Unsicher wippte ich von einem Bein aufs andere. Auch wenn es die anderen nervös machte, ich konnte es nicht lassen. Auch wenn es unwahrscheinlich war, was war, wenn das die Leute waren, auf die Linus zu warten schien. Die Leute, die ihn abholen würden. Dann wären sie doch sicher anders vorgegangen und Linus hätte was gesagt.

Omega SehlterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt