𝘡𝘌𝘙𝘖, wenn die party vorbei ist

533 16 0
                                    







( colin ) diese stille macht mich taub
.・。.・゜.・゜・。.

Als meine Mutter das Lenkrad herumriss und mich beinahe erfolgreich durch die Windschutzscheibe direkt in den Eingangsbereich des Studentenwohnheims beförderte, hatte mich mein Lebenswille bereits soweit verlassen, dass ich nur müde nach dem unscheinbaren Haltegriff über meiner Tür langte. Ein demonstratives Würgen verkniff ich mir, aber sie wusste was ihr Fahrstil mit ihren Mitfahrenden anrichtete. Nicht ohne Grund fuhren wir den Wagen mindestens dreimal im Jahr für eine Punktreinigung in die Waschanlage, wenn ein überrumpelter Fahrgast mal wieder der Fußmatte ein Ende bereitet hatte.

Sie lächelte mich schuldbewusst an und zog dann die Handbremse. Ein paar genervt aussehende Studenten quetschten sich mit missbilligenden Blicken zwischen dem roten Mini meiner Mutter und der Hecke, welche den Weg rahmte, der zum Eingang des Wohnheims führte, hindurch. Ich wandte nur beschämt den Blick ab, während es sich meine Mutter sogar noch herausnah, sie nach der Hausnummer zu fragen. 35/36; wir waren also wenigstens richtig.

Hätte meine Mutter nicht darauf bestanden, mich an meinem Umzugstag eigenhändig nach Jena zu fahren, wäre ich nicht nur mit weniger blauen Flecken, sondern auch mindestens eine Stunde früher angekommen. Durch das Gleißnetz zu Erfurt brauchte der Zug nämlich nur knapp dreißig Minuten, während wir dieses Zeitfenster und noch mehr auf der Autobahn im Stau verbracht hatten. Zum Glück hatte ich darauf bestanden, frühzeitig loszufahren, weshalb wir trotz der verschwendeten Zeit nicht zu spät gekommen waren. Ich war außerdem nicht der einzige Neuankömmling. Durch die Glastüren des Eingangs erblickte ich noch ein Mädchen, dass gerade mit einem Stapel Zetteln in der einen und ihrem Koffer in der andeen Hand versuchte, den Aufzug zu rufen. Im Gegensatz zu mir hatte sie aber keinen Elternteil dabei, was das Ganze doch etwas peinlich für mich machte.

"Mensch, Colin, jetzt hilf mir doch mal", rief meine Mutter aus Richtung des Kofferraums und im nächsten Moment machte mein Koffer mit einem lauten Donnern Kontakt mit dem Boden. Ich kniff die Augen zusammen und betete leise zu einem undefinierten Gott, dass es nicht der Koffer mit meinem neuen Laptop gewesen war, den ich mir erst vor einer Woche gekauft hatte. Reiste man mit meiner Mutter war es immer von Vorteil, alles in eine extra Schicht Bläshenfolie oder Stüropor einzuwickeln – idealerweise auch beides gleichzeitig.

Als ich um die Ecke des Autos trat atmete ich erleichtert auf und griff sofort nach dem etwas kleineren Koffer, der noch unberührt im Kofferraum lag und scheinbar auch während der holprigen Fahrt keinen Kratzer abbekommen hatte.

Meine Mutter sah mir stolz dabei zu, wie ich ihn neben den anderen stellte und den Kofferraum wieder schloss. Eigentlich hatte es wirklich keinen Grund gegeben, mich hierher zu fahren. Außer mütterlichem Übermut, natürlich. Ich wartete geduldig beide Umarmungen und die mehrfach wiederkehrenden Sätze wie: "Ich glaube es einfach nicht!" oder "Wie schnell die Zeit vergangen ist..." ab, bis ich es wagte auch nur vorzuschlagen, sie könne nachhause fahren. Leider schien das in ihren Augen eine absolut weltfremde Idee zu sein; das zumindest ließ ihr entgeisterter Blick vermuten.

"Ich kann doch jetzt noch nicht gehen! Schließlich habe ich noch nicht einmal dein Zimmer gesehen, oder deinen Mitbewohner kennengelernt. Colin, bitte, rede keinen Unsinn." Obwohl mir die Idee, gemeinsam mit meiner Mutter durch das Wohnheim zu laufen, nicht besonders gefiel, widersprach ich ihr kein weiteres Mal. Das würde den Prozess nr vunnötig in die Länge ziehen.

Wir trugen meine Koffer die Stufen zur Eingangstür hinauf und quälten uns durch die seltsamen Drehtüren, auf die die Uni ruhig hätte verzichten können. Meinen Zimmerschlüssel hatte ich bereits und als ich ihn aus dem kleinen Briefumschlag hervorholte, auf dem der Sekretär sowohl Etage als auch Nummer meines Zimmers vermerkt hatte, hörte ich meine Mutter leise quietschen.

𝙁𝘼𝘿𝙀 𝙄𝙉𝙏𝙊 𝙔𝙊𝙐 ⁿᵒˡⁱⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt