𝘕𝘐𝘕𝘌, wiedersehen

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( colin ) alleine ist mein kleines bett
dann doch schon bisschen unbequem
.・。.・゜.・゜・。.

Wie sich herausstellte war nicht nur das Studentenwohnheim, sondern auch das Hörsaalgebäude (eins von drei, wenn man es genau nahm) absolut gigantisch. Früher hatte ich das Einstein für eine überdimensionierte Schule gehalten, aber im Vergleich zu dieser Universität war das gar nichts.

Es brauchte drei Anläufe und drei beschämte „Sorry, falscher Raum"-s, bis ich endlich den richtigen gefunden hatte. Grundlagen der Informationstechnik war scheinbar ein Fach, welches ausschließlich Männer Mitte 20 bis Mitte 30 belegten, die mindestens einen 3000€-Laptop besaßen und diesen auch stolz zum Notizen machen benutzten. Ich schämte mich beinahe etwas, während ich meinen alten Acer Laptop auspackte, der bereits beim anschalten begann, den neuen Dyson Föhn nachzuahmen. Die anderen Studenten bedachten mich mit teilweise mitleidigen und teilweise missbilligenden Blicken, sagten aber nichts.

Die Tür zum Hörsaal öffnete sich erneut und wie in einem schlechten Film öffneten sich auch die Münder der Anwesenden. Im Türrahmen stand kein weiterer auswechselbarer Typ mit Brille, sondern ein junges Mädchen, dessen Gesicht mir nur allzu bekannt vorkam. Ihr Blick streifte durch die Reihen und erhellte sich, als sie mich erkannte. Ich schluckte schwer, während sie zu mir kam und sich neben mich setzte.

„Hey, du bist Colin, oder?", fragte sie mit einem breiten Lächeln, was es mir nur noch schwerer machte, sie nicht zu mögen. Sie kannte meinen Namen. Noah hatte ihr von mir erzählt.

„Ja. Rosa, richtig?"

„Goldrichtig." Sie öffnete ihren Rucksack und holte einen Macbook heraus, für den sie sofort verächtliches Schnauben zu hören bekam. „Okay! Informatik-Erstsemester sind immer noch Snobs!"

Ich blinzelte verwirrt. Immerhin war das hier ein Grundlagen-Seminar, ausschließlich für Studienbeginner. Was machte sie hier, wenn sie keiner davon war?

„Ich hätte nicht gedacht, dass du Informatik studierst", gab ich zu und ohrfeigte mich gleich darauf mental. Sie schien zu verstehen, dass es nicht meine Intention gewesen war, sie zu beleidigen. Zumindest glaubte ich das, da sie immer noch lächelte.

„Weil ich ein Mädchen bin?"

„Nein, weil du cool zu sein scheinst. Was ich von den anderen hier bisher nicht behaupten kann." Mir war bewusst, dass ich mich gerade nicht unbedingt beliebt machte, aber irgendwie war es mir egal. Aus irgendeinem bescheuerten Grund wollte ich, dass Rosa dachte, ich sei genauso cool wie sie. War ich nicht. Kein bisschen. Ich spürte die bösen Blicke wie Messer im Nacken.

„Gute Antwort", lachte sie und warf ihr Haar über ihre Schultern, „Ich studiere Medieninformatik, sozusagen die kleine Schwester vom Informatikstudium, die tatsächlich ein Leben und Freunde hat."

„Autsch", murmelte ich.

„Oh, tut mir leid. Aber, na ja, meistens stimmt es. Ich hab die Prüfung bisher geschoben, aber das geht jetzt nicht mehr, deswegen muss ich am Seminar teilnehmen und so tun, als würde es mir nicht extrem auf die Nerven gehen, wenn kleine Jungs ohne auch nur den Funken einer Ahnung meinen Studiengang in Frage stellen." Sie funkelte die anderen Anwesenden böse an, woraufhin diese sich tatsächlich beschämt aussehend wieder ihren Bildschirmen zuwandten. Rosa kicherte leise. „Woher bekommt ihr Typen immer diese massiven Egos? Ernsthaft, ich will auch eins."

„Mich brauchst du nicht fragen", entgegnete ich mit einem leisen Lachen.

„Stimmt, dein Kumpel Noah hat da mit Sicherheit mehr Ahnung."

Beim Erklingen seines Namens zuckte ich sichtlich zusammen und versuchte es mit einem Frösteln zu überspielen. Rosa nahm es mir mit Sicherheit nicht ab, sagte aber nichts. Ich wollte zu gern wissen, was Noah ihr erzählt hatte. Wenn er ihr überhaupt etwas erzählt hatte.

„Äh, ja, keine Ahnung", murmelte ich und versuchte das Rauschen meines Laptops mit meiner Hand abzuwürgen. „Ich habe ihn ziemlich lang nicht mehr gesehen."

„Ach, komm. Der Typ ist ein gigantischer Macho. Das ist nicht einmal böse gemeint. Ich schätze, in vielen Hinsichten bin ich auch einer."

„Kann sein. Ich war schon immer eher der ruhige Typ."

„Oh, das ist meine Lieblingsaussage. Ich bin eher so schüchtern und nett. Aber Mädchen mögen ja nur badboys. Wieso will mich niemand?" Sie rüttelte theatralisch an meiner Schulter.

„Also Mädchen... schon mal gar nicht." Ihr Augen wurden groß und ich spürte mein Herz schneller klopfen. Mittlerweile war es zwar kein Geheimnis mehr, ich hatte mich selbst vor meinen Eltern geoutet, aber besonders neuen Menschen erzählte ich es trotzdem eher selten. Es reichte mir, dass Julia, Joel und meine Mutter Bescheid wussten. Wieso ich es nun ausgerechnet Rosa erzählen wollte, wusste ich nicht so genau.

Ohhh", machte Rosa, als habe sie überhaupt nicht damit gerechnet. Die Zufriedenheit in ihren Augen verriet mir aber, dass das nicht der Fall war. „Gut, dann bist du hiermit vom Klischee befreit."

„Danke, das bedeutet mir viel." Bevor Rosa noch etwas hinzufügen konnte öffnete sich die Tür ein letztes Mal und ein älterer Mann kam herein. Er hatte weiße Haare und einen krummen Rücken, sah aber ansonsten ziemlich agil aus. Seinen Laptop – das gleiche Modell wie meiner, wie ich glücklich feststellte – trug er in einer zerfledderten Ledertasche mit sich herum, ansonsten hatte er nur eine Flasche Bier dabei.

„Doktor Hoffstädter. Ziemlich exzentrisch, aber auch ziemlich cool. Gibt immer eine Note besser, wenn man ihm Drehzeug abgibt", flüsterte Rosa mir zu, woraufhin der Mann seinen Blick hob. Als er sie erkannte, krümmte sich seine Stirn und irgendetwas sagte mir, dass Rosa gelogen hatte.

„Frau Tahil, wie schön, sie mal wieder in einem meiner Kurse zu treffen. Zum letzten Mal, hoffe ich."

„Wenn Sie mich die Prüfung dieses Mal bestehen lassen, verspreche ich es." Rosa zwinkerte ihm zu, woraufhin er die Augen verdrehte.

„Okay, dann fangen wir mal an, bevor ich Ihre Aufmerksamkeit wieder verliere." Er begann, den Ablauf und die Inhalte des Kurses zu erklären, was alle Anwesenden außer Rosa und mir eifrig mitzuschreiben schienen. Ich warf einen verwirrten Blick durch die Reihen und sah dann Rosa an, die sich bereits zurückgelehnt hatte.

„Keine Sorge, Übereifrigkeit zahlt sich erst aus, wenn das Seminar wirklich anfängt. Spare dir deine Energie."

„Wie ich sehe, hat sich Ihre Mentalität seit letztem Jahr nicht verändert", unterbrach der Professor und sah mir dann direkt in die Augen. „Aber sie hat recht. Schleimer bekommen bei mir keine Vorteile."

𝙁𝘼𝘿𝙀 𝙄𝙉𝙏𝙊 𝙔𝙊𝙐 ⁿᵒˡⁱⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt