Angriff ist die beste Verteidigung

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Angus

Um genau halb neun verlässt Riley stürmisch das Haus. Er sagt nicht viel, außer, dass es dringend sei. Er nimmt mich auch nicht mit und dieses Mal bettle ich auch nicht, bis er sich gezwungen fühlt, es zu tun.

Er hat keine Zeit, sich darüber zu wundern, als er in seine Stiefel steigt und sich die rote Regenjacke überstreift. Er schnappt sich einen der Schirme und umarmt mich fest zur Verabschiedung.

»Pass auf dich auf und lass niemanden rein bis ich zurück bin! Vor allem nicht die Polizei. Quinn vermutet, sie sind uns auf der Schliche«, sagt er kurz und späht zum Zimmer unserer Grandma. »Sag ihr, dass ich einkaufen bin.«

»Aber was sage ich ihr, wenn du zu lange brauchst und ohne Einkäufe zurückkommst?«, frage ich verwirrt.

»Plan J«, trällert er und zieht hinter sich die Tür zu. Ich vernehme dahinter keine Schritte, weswegen ich weiß, dass er darauf wartet, dass ich erst hinter ihm zusperre. Ich tue ihm den Gefallen und seufze lautlos, während mein Blick zur plötzlich offenen Zimmertür schweift.

»Grandma?«, frage ich vorsichtig, doch es kommt keine Erwiderung. Vorsichtig trete ich an ihr Zimmer heran und luge hinein. Eingewickelt in ganz vielen Decken schlummert sie.

Jobjagd. Plan J ist es, ihr zu sagen, dass Riley sich eine Arbeit sucht. Leider wechselt er ständig Ideen, also werde ich mich spätestens bei seiner Rückkehr ihn abfangen müssen, damit er auf meine Lügen vorbereitet ist.

Ich schließe hinter ihr wieder die Tür und setze mich mit meinem Buch auf die Couch. Ich blicke enttäuscht nach draußen auf das Sauwetter. Es regnet Katzen und Hunde. Weder sieht es danach aus, dass es bald aufhören würde und wir zum See können, noch sieht es danach aus, dass Eric heute überhaupt das Haus verlässt. Bei dem Regen würde er nur nass ankommen und krank werden.

Ich blicke zum Telefon, als könnte es jeden Moment klingeln. Ich besitze leider nicht seine Nummer, weil ich nur Zeit hatte, unsere Festnetznummer zu geben. Riley kam genau zehn Minuten nach Eric's Verschwinden Nachhause.

Ich kratze an dem Einband meines Buches, bis sich langsam der Einband löst und es so aussieht, wie alle meine Bücher - abgenutzt und seit einer sehr langen Zeit in meinem Besitz.

Ich lasse eilig davon los, um es nicht komplett auseinander zu reißen und schiebe es von meinem Schoß. Ich lehne mich zurück gegen den unbequemen Polster und starre an die Decke, die Riley letztes Jahr frisch gestrichen hat, um Grandma eine Freude zu machen und sie davon abzuhalten, unser Geld in einen professionellen Maler zu stecken.

Wir haben nicht genug, hat er gesagt und als sie ihn traurig angeschaut hat, ist er sofort los, hat sich Farbe besorgt und ungeschickt neu gestrichen. Auch wenn es extrem hässlich ist und er wirklich schlampige Arbeit geleistet hat, lässt sie es so.

Weißt du, Angel, manches kommt vom Herzen. Und alles, das vom Herzen kommt, muss man schätzen, hat sie breit grinsend erwidert, als ich gefragt habe, ob sie es nicht auch hässlich fände. Sie hat mir einen festen Kuss auf die Stirn gedrückt. Eines Tages wird dir dein kleines Herz bis zum Halse schlagen, weil dir jemand auch nur einen angeknabberten Kugelschreiber geschenkt hat. Weil es das Schönste sein wird, das du je gesehen hast.

»Was machst du da?«, fragt mich Grandma besorgt und reißt mich somit aus meinen Gedanken. Hektisch setze ich mich auf und starre sie entsetzt an.

»D-du hast doch geschlafen«, murmle ich entsetzt.

Lachend trottet sie an mir vorbei in die Küche und ruft mir zu, »Ich dachte, du willst nur, dass ich schlafe, weswegen ich es ein weiteres Mal versucht habe. Aber wenn ihr Jungs mich erst einmal weckt, fällt es mir schwer noch einmal einzuschlafen.«

-///-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt