Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte

89 11 2
                                    

Eric

Das Wasser ist dreckig, aber die Oberfläche glitzert im Schein der Sonne. Nicht all das, das glänzt, ist auch Gold. Glas, Wasser, Metall, Silber. Ich sehe hoch und niese. Die Sonnenstrahlen kitzeln meine Nase und erwärmen mein Gesicht, während meine Füße taub durch die Kälte des Wassers sind. Der Wind streicht über meinen nackten Körper und die Sonne küsst jeden Fleck meiner wunden Haut.

Angus' Blick ruht auf mir, während er sich weigert auch nur einen Schritt ins Wasser zu machen. Mit großen Augen mustert er jeden meiner Schritte, die tiefer ins Wasser gehen.

Ich kann nicht gut schwimmen, hat er mir beschämt gebeichtet, als wir am See angekommen sind.

Hast du Angst, im Dreck den Überblick zu verlieren? Darauf hat er nicht geantwortet, doch anhand seines Blickes konnte ich deuten, dass ich ins Schwarze getroffen habe.

Eine Gänsehaut bahnt sich ihren Weg über meinen gesamten Körper, als meine Knie ins kalte Wasser tauchen. Sie beginnt bei meinen Beinen und kriecht mir bis ganz in den Nacken.

Ich weigere mich aufzugeben und versuche den Halt auf den klitschigen Steinen nicht zu verlieren. Mein Körper schmerzt seit Cove mich mit einer der Handtaschen verprügelt hat, die wir zur Versteigerung zur Seite gelegt haben. Nachdem ich es nach einer Woche immer noch nicht geschafft habe, Teil der Bande zu werden und mich Angus nur vor Riley versteckt hat, als wäre ich die letzte Tafel Schokolade Zuhause, hat Cove es selbst in die Hand genommen. Bis jetzt hat mich Angus noch nicht darauf angesprochen, aber seine Blicke sprechen Bände.

»Wenn du es dir noch anders überlegst, kann ich sogar deine Hand halten«, sage ich lächelnd und drehe dan Kopf, damit er mich sieht. Es wäre lustiger, diesen frierenden Schmerz zu teilen. »Du kannst dich auch an mich klammern. Ehrlich gesagt, ist das Wasser arschkalt.«

Er klammert sich an seinem eigenes Shirt fest und schüttelt den Kopf. »Nein, danke. Du siehst aus, als würdest du jeden Moment zu Eis gefrieren. Das erspare ich mir lieber. Ich hatte schon letztes Jahr die Sommergrippe. Ich brauche sie nicht dieses Jahr auch noch.«

»Du hast es vorgeschlagen«, erinnere ich ihn und schüttle wild mit den Arme, damit mir etwas wärmer wird.

»Und du hast eingeschlagen, also ist das deine S-«

»Angus!«, schreit jemand auf. Ein ganzer Chor stimmt mit ein. Sie werden immer lauter, als würden sie näher kommen. Schritte trampeln durch den Wald und kurz darauf tauchen schon ein paar Köpfe zwischen den Bäumen auf.

Angus sieht panisch zu mir. Das war eine blöde Idee. Eine Welle aus Schuldgefühle erfasst mich. Es tut mir leid, Angus. Sie kriechen mir in den Hals und plustern sich dort auf. Er wird glauben, es ist seine Schuld. Schmerzhaft quetschen sie meine Luftröhre wie zwei kraftvolle Hände. Er wird denken, er hätte mich verraten, anstatt mich zu beschützen. Ich versuche den Kloß herunterzuschlucken, aber er wird nur größer. Er glaubt fest daran, dass wir Freunde sind.

Ich passe nicht auf meinen nächsten Schritt auf und rutsche an einem schlammigen Stein aus. Ich reiße den Mund auf, aber mein Schrei wird durch das Wasser gedämpft, als ich mit dem Rücken voraus darin lande.

Ich ächze schmerzvoll und reiße die Augen auf. Eiskaltes Wasser umgibt mich. Luftblasen bahnen ihren Weg nach oben zur Wasseroberfläche. Mein Körper schreit vor Schmerz und bettelt um Wärme. Von ganz alleine stoßen sich meine Beine am Boden ab und zwingen meinen Kopf Richtung Wasseroberfläche. Wild hechelnd tauche ich wieder auf.

»Scheiße«, grummle ich und erhebe mich. Im Augenwinkel flimmert etwas, dass davor nicht da war. Als ich den Kopf drehe, sehe ich überrascht zu Angus, der besorgt ein Stück ins Wasser getreten ist, um mir wahrscheinlich zur Hilfe zu eilen. Er wollte für mich Vollarsch sogar in das Wasser, vor dem er so große Angst hat. »Mir geht's gut.«

-///-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt