9 || Wölfe und Hasen

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DAS kann nicht sein, das geht einfach nicht. Seine Sicht verschwimmt. "Warum?" krächzt Jisung, als er gegen die Metalltür gegenüber dem Bad stößt. Seine Hände finden keinen Halt, nichts, was ihn hält, während seine Knie einknicken. Der Raum ist immer noch rot, eine Farbe, die der Farbe, die seine Hände bedeckt, viel zu ähnlich ist. Er atmet tief ein, seine Lungen rebellieren, wollen sich wieder zusammenziehen und seine Kehle schnürt sich zu, was Jisung zwingt, nach Luft zu schnappen.

Seine Sicht wird klarer. Er dreht seinen Kopf nach rechts. "Nein..." Er blinzelt schnell und bedeckt seinen Mund mit der Handfläche, und sofort kommt ihm der scharfe Geschmack von Eisen auf die Lippen. Er stößt sich von der Wand ab und geht rückwärts. Ein Schritt, zwei Schritte.

Jisung ist sich sicher, dass er direkt in die Augen des Mörders seines Freundes starrt, in die emotional toten Augen. Seine Körpertemperatur sinkt und eine Gänsehaut läuft ihm über den Rücken. Doch die weiße Maske lacht ihn an, lädt ihn ein, näher zu kommen. Wenn er es nicht besser wüsste. Jisung betrachtet das blutige Messer.

Sein Blut kocht und schießt durch seine Adern. Seine Augen quellen aus dem Kopf, als er den Clown ansieht. "Du kranker Bastard", würgt Jisung hervor. Der Eingang zum Maschinenraum ist ganz in der Nähe. Der Killer ist nah, seine große, starke Gestalt wächst, während er immer schneller wird. Jisung schüttelt den Kopf. "Nein, nein, nein, nein."

In der nächsten Sekunde rennt er auf den Produktionsraum zu. Sobald er die Tür passiert hat, dreht er sich nach links. Er stolpert und stößt gegen ein Bedienfeld an der Wand, geht aber weiter. Alle Lichter gehen an, ein lautes Kreischen hallt durch die Halle und die Maschinen, an denen er vorbeikommt, erwachen aus ihrem Schlaf. Das alarmierende Rot, die gelben Warnschilder mit den Schnittwunden an den Fingern, das Weiß der Fliesen, alles verschwimmt in seinem Blickfeld, während er wahllos seine Runden dreht. Seine Seite sticht und jede Faser seines geprellten Körpers schreit. Jisung blickt über seine Schulter und bricht in kaltem Schweiß aus. Der Clown ist ein paar Schritte hinter ihm. Und er schließt die Lücke.

Jisung rennt um sein Leben, aber sein Kopf ist leer. In einem Versuch, sich zu retten, sucht er nach der nächstbesten Gelegenheit, ihn abzuhängen. Er spürt den Atem des Mörders in seinem Nacken. Es hatte keinen Sinn mehr zu laufen.

Er sieht die Stempelmaschine. Als er eilig die Leiter zu ihr hinauf klettert, wird er von dem  unerbittlichen Stampfen des metallenen Ungetüms begrüßt. Es knurrt. Jisung umkreist die Maschine. Sein Herz klopft in seinem Hals und schüttelt seinen ganzen Körper.

Sie stehen sich gegenüber. Das Messer dreht sich in seiner Hand. Jisungs Blick schweift durch den Raum, es muss ein Stück Metall geben, irgendetwas, um sich zu verteidigen. Sie waren wie Raubtiere und Beute, wie Wölfe und Hasen. Plötzlich sind seine Schuhe wie Beton an seinen Füßen. Er war wie erstarrt. Seine Augen weiten sich, und seine Todesangst wurde immer präsenter. Der Killer lacht. Jedes Haar auf Jisungs Körper richtet sich auf, als er so wahnsinnig lacht. Seine Ohren klingeln.

"Endlich ist es soweit", sagt der Clown und seine Hand gleitet über die Barriere zwischen der Maschine und ihm. Er schlendert um sie herum. Jisung kopiert jede seiner Bewegungen.

"Wie lange musste ich mir dein erbärmliches Gesicht ansehen?" Der Killer lässt seine Waffe in der Hand tanzen, die Maske dämpft seine Stimme. "Wie fühlt es sich an, die Spielfigur in einem fremden Spiel zu sein? Wie fühlt es sich an, zu verlieren?"Er kennt ihn.

Jisung schluckt schwer. "Du hast mir gezeigt, dass der einzige Weg, Menschen zu reformieren, darin besteht, sie zu töten", fährt er fort und sieht wieder zu Jisung auf. "Und ihr beide steht ganz oben auf meiner Liste."

Es wird Hilfe kommen. Wenn Jisung ihn nur lange genug am Reden halten könnte, würden sie hereinplatzen. Jisung räuspert sich, bevor er beginnt. "Warum? Es gibt keinen Grund, uns zu töten. Ich habe nie etwas getan. WIR haben nie etwas getan." Seine Stimme bricht dazwischen.

"Du hast einmal zu oft gescherzt, Han Jisung."

Jisung hebt die Hände und weicht vor ihm zurück. "Hey Mann, hör mir zu." Sein Schuh bleibt in dem Schlitz zwischen dem Plateau stecken.

Jisung stolpert. Seine Arme fliegen um ihn herum, als er fällt. Jisung schreit, aber es ist zu spät.  Der Clown stößt ihn in Richtung des Maschinen-Mauls. Das Letzte, was er sieht, ist ein unbedecktes Gesicht. Die Killer lächeln und entblößen große, glitzernde Zähne.

Vor Jisung's Augen blitzen die von Minho auf, die eiskalten, toten Augen aus dem Badezimmer. Seine Familie. Sogar die abgestandenen chinesischen Nudeln von letzter Nacht. Eine schreckliche Art, mit dem puren Schmerz zu sterben, der jeden Nerv in seinem Körper überwältigt. Ein hysterisches Brüllen entringt sich Jisung's Kehle, als die metallische Kraft sich ihm nähert und keine Gnade mit seinem Körper zeigt.

Der Killer thront über Jisung, während seine Körperteile auseinanderfliegen und Blut auf ihn herabregnet. Beim Geräusch des brechenden Brustkorbs leuchten seine Augen auf, und seine Lippen verziehen sich in bösem Vergnügen.











Fortsetzung folgt...

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