Familienwochenende

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Wir fuhren Freitag direkt nach der Schule los, um abends in Bautzen zu sein und den Samstag dann voll nutzen zu können. Diesmal war Mama immerhin nicht mehr ganz so nervös. Sie hatte in der Woche mit Monika telefoniert, damit sie auch Bescheid wusste. Sie war sehr überrascht gewesen, von Mama zu hören und Beide hatten daher sehr lange telefoniert. Ich hingegen war diesmal noch nervöser als letztes Mal, wo wir nur Stefanie getroffen hatten. Die Autofahrt kam mir daher quälend lange vor. Nach fünfeinhalb Stunden waren wir dann endlich am Ziel. Als wir aus dem Auto ausstiegen, stieg meine Aufregung, falls überhaupt möglich, noch einmal auf das Doppelte an. Auch Mama wurde noch einmal merklich angespannter. Dann drückten wir auf die Klingel. Kurz mussten wir warten, dann öffnete eine ältere Frau uns die Tür. „Hallo Annika, hallo Malea“, begrüßte sie uns. In diesem Moment wurde mir klar, dass es Monika sein musste, die dort vor uns stand. Im gleichen Moment sagte Mama auch schon: „Hallo Monika.“ Dann umarmten sich Beide und auch ich wurde in eine herzliche Umarmung geschlossen. „Kommt rein!“ Wir folgten der Aufforderung und Monka führte uns in einen großen Raum, wo am Tisch Stefanie und neben ihr wohl Janet saß, wie ich schlussfolgerte. Auch die Beiden begrüßten uns herzlich.
Zum Abendbrot gab es einen Auflauf. Zuerst verlief das Essen recht schweigsam, doch nach und nach kamen die Schwestern ins Gespräch und es wirkte so, als ob sie sich täglich sahen. Ich hörte gespannt zu, doch irgendwann wurde ich so müde, dass mir die Augen fast zufielen. Der Tag war doch anstrengender, als ich erwartet hatte. Da tippte Monika mich vorsichtig an. „Komm, ich zeig dir das Gästezimmer, dann kannst du dich schon hinlegen.“ Wir gingen eine alte Holztreppe hoch und kamen in einen kleinen Flur, von dem fünf Türen abgingen. Sie zeigte mir das Bad und das Gästezimmer für Mama und mich. Dort war ein Schlafsofa ausgezogen. Früher war es Mamas Zimmer gewesen, doch als sie nicht mehr so oft da war, wurde es das allgemeine Gästezimmer, hatte Monika mir erklärt. Die restlichen Zimmer waren das Schlafzimmer und die Zimmer von Janet und Stefanie. Ich ging, nachdem Monika mir alles gezeigt hatte, noch einmal nach unten, um die Reisetasche aus dem Auto zu holen. Schnell sagte ich noch allen Gute Nacht, bevor ich ins Bad und dann schlafen ging.
Am nächsten Morgen wachte ich früh auf. Mama schlief noch tief und fest, sie war irgendwann mitten in der Nacht ins Zimmer gekommen, doch das hatte ich kaum bemerkt. Ich blieb noch ein wenig liegen, doch als ich Geschirrklappern aus der Küche vernahm, beschloss ich aufzustehen. Es war komisch, sich einfach so in einem fremden Haus zu bewegen, doch auch nach der kurzen Zeit fühlte es sich merkwürdigerweise schon etwas heimisch an.
„Guten Morgen!“, begrüßte mich Monika, die als Einzige schon wach war, als ich in die Küche kam. „Guten Morgen“, grüßte ich zurück. Wir deckten gemeinsam den Frühstückstisch und nach und nach kamen auch die Anderen nach unten. Nach dem gemeinsamen Frühstück kamen Thomas und Levin, sie hatten bei Thomas Eltern geschlafen, um den drei Schwestern für den ersten Abend etwas Freiraum zu geben. Es fühlte sich im ersten Moment etwas unrealistisch an, Thomas gegenüber zu stehen. Noch komischer war es, als Thomas und Stefanie sich einen Kuss gaben. Aber warum sollten sie es auch nicht tun, immerhin waren sie ein Paar und da war das normal. Schließlich waren sie hier auch nicht in der Öffentlichkeit, sondern bei ihrer Familie - meiner Familie.
Das Wetter war super schön, so dass wir nach dem Frühstück in den Garten gingen. Die Erwachsenen redeten sehr viel, worauf Levin nach kurzer Zeit keine Lust mehr hatte. Es war zwar spannend zuzuhören, aber wenn ich ehrlich war, wollte ich auch gerne etwas Anderes machen. „Kommst du? Ich zeig dir den Garten und das Trampolin“, Levin zog an meinem Arm, um mir zu signalisieren, dass ich aufstehen sollte. Mit dem Garten waren wir schnell durch. Er zeigte mir im Vorbeigehen die Blumen, sowie Kartoffeln und Bohnenplanzen. Im Gewächshaus wuchsen Tomaten und Gurken. Bei den Brombeeren, Johannisbeeren, Himbeeren und Stachelbeeren blieben wir kurz stehen, um welche zu naschen. Dann kamen wir zum Trampolin, daneben stand noch eine Schaukel. Zuerst musste ich ihn dort anschubsen, bis er ganz hoch in der Luft war, dann wurde ihm das aber zu langweilig und er ging aufs Trampolin. Er zeigte mir, wie toll er springen kann und ich saß auf der Schaukel und schaute zu. „Wie alt bist du?“, fragte er mich plötzlich aus dem Nichts heraus. „Sechzehn, und du?“, antwortete ich, obwohl ich natürlich wusste, wie alt er war. „Fünf“, sagte er stolz. „Kommst du mit aufs Trampolin?“ Mich verwirrte, was die beiden Fragen miteinander zu tun hatten, doch dann dachte ich, dass es wohl einfach Kinderlogik war und ich es nicht verstehen musste. Dann überlegte ich, ob ich nicht schon zu alt fürs Trampolinspringen war. Aber war man dafür jemals zu alt? Ich entschied, dass man wohl nie zu alt dafür sein konnte und so sprangen wir eine Weile gemeinsam, bis Thomas dazu kam. „Na, habt ihr Spaß?“, fragte er uns. „Jaaa!“, rief Levin und ich nickte. „Die vier Frauen sind zum Friedhof und sollten bald zurück sein. Ich dachte, wir bereiten schon mal alles fürs Kaffeetrinken vor. Hannes und Nowi sollten auch bald kommen.“ „Onkel Hannes und Onkel Nowiii!“, rief Levin begeistert und ich stimmte zu, schon mal den Tisch zu decken. Gerade als wir den Kuchen hinstellten, kamen die Beiden um die Ecke. „Genau zur richtigen Zeit gekommen“, sagte Hannes grinsend. Auch hier verlief das Kennenlernen sehr entspannt. Natürlich redeten die Jungs nicht so viel wie Steff, dennoch hier im privaten Raum mehr als man es von der Bühne kannte, so dass wir uns gut unterhalten konnten. Als Mama, Steff, Monika und Janet wiederkamen, aßen wir den Apfelkuchen. Mama erzählte mir, wie es auf dem Friedhof war und wir spielten alles zusammen eine Kartenspiel. Zum Abendbrot grillten die Jungs und wir ließen den Abend unter dem Sternenhimmel ausklingen.
Am nächsten Morgen wollten wir gleich nach dem Frühstück los, doch vorher nahm Steff mich beiseite, um etwas zu fragen. „In zwei Wochen hast du einen frei beweglichen Ferientag, richtig?“ Ich nickte. Donnerstag war Feiertag und Freitag hatten wir frei, somit gab es ein verlängertes Wochenende. „Wir spielen Freitag und Samstag jeweils ein Konzert. Meine Idee war es, dass Emely und du mitkommen könntet, wenn ihr Lust habt. Deine Mama wäre einverstanden, ich habe sie schon gefragt. Ihr müsstet Donnerstag nach Berlin kommen und von dort aus würden wir gemeinsam losfahren. Du müsstest nur noch Emely fragen und mir dann sagen, ob das klappt.“ „Das wäre so schön! Ich denke Emely wird sich riesig freuen, ich werde sie gleich fragen.“
Wir fuhren wenig später los und ich schieb Emely noch im Auto, ob sie darauf Lust hatte. Natürlich wollte sie und auch ihre Eltern waren einverstanden. Schnell schieb ich Stefanie, dass es klappte und wir uns sehr freuten.

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