eins

403 39 558
                                    


deyanira

Ihre gierigen, vor Bewunderung und gleichzeitiger Missgunst platzenden Blicke  hatten sich schmerzhaft in meine Haut gebohrt. Es fühlte sich an, als könnten sie mir physische Verletzungen zufügen, durch das alleinige Beobachten.

Wenige Momente nach meiner Ankunft, griff mich meine Abuela schon am Handgelenk und führte mich wieder aus dem Saal.

„Was—", sie ließ mir nicht einmal Zeit fürs sprechen, als sie nervös an ihrem Rock zupfte und die Brosche an ihrer Bluse versuchte zu richteten.

„Du wirst gleich einen sehr bedeutsamen Mann kennenlernen. Benimm dich bitte", sprach sie, während sie mich weiter zu ihrem Büro leitete.

Sie tat so, als wäre ich noch ein freches kleines Kind, das die Relevanz des Schweigens nicht verstehen konnte. Doch dabei vergaß sie wohl, dass ich nicht jede Person gleich behandelte und vor allem, wessen Blut durch meine Adern floss.

„Was genau macht ihn denn so besonders, dass du von deiner eigenen Feier verschwinden musst?, fragte ich, ohne sie die Wut, die in mir herrschte, hören zu lassen.

„Und wo ist Abuelo? Sollte er nicht auch dabei sein?"

Seufzend schloss sie für einen Moment seine Augen. „Schluss mit der Fragerei, Deyanira. Er kommt gleich"

Wer ist er denn überhaupt? Es ist unhöflich so ganz uninformiert eine wichtige Person zu empfangen", sprach ich keck.

Ja, ich konnte auf Manche vielleicht kindisch und unerzogen wirken. Welchen Hintergrund mein Verhalten trug, interessierte allerdings nur die Wenigsten.

Bevor sie mir eine Antwort geben konnte, klopfte es auch schon an der Tür.

Herein tritt ein großer Mann im schwarzen Anzug. Ein Blick in seine Augen bescherte mir eine unglaubliche Gänsehaut; dieser Mann trug die dunkelsten Augen, die ich in meinem Leben je zu Gesicht bekommen hatte.

Alles an ihm war so unfassbar düster.

Oh dios.

Buenas noches", ertönte seine mindestens genauso dunkle Stimme, ehe er meiner Großmutter und mir zur Begrüßung zunickte.

„Hola Señor", sprach Abuela mit freundlichem Lächeln auf ihren Lippen, doch zwickte meinen Arm als Erinnerung daran, meine Klappe zu halten.

„Quédate quieto niñita" zischte sie mir mit dem selben Lächeln ins Ohr.

[bleib still, kleines Mädchen]

Sie war der Teufel.

Kurz vor uns blieb der fremde Mann stehen, gab Abuela die Hand, als sie diese ausstreckte.

Ohne dort lange zu verweilen, wand er sich zu mir.

Und erneut stachen mir seine fast schwarzen Augen entgegen. Ihren Ausdruck konnte ich nicht deuten; Pure Dunkelheit herrschte in ihnen.

Sein gesamter Ausdruck wirkte stolz, als wüsste er ganz genau was er tat. Keine einzige Unsicherheit. Fast schon provozierend, dachte ich.

BLUTROSEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt