sieben

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deyanira

Tage waren vergangen. Meine gewohnte Umgebung begrüßte mich täglich, zierte meine Anwesenheit mit den üblichen Menschen, die sich in diesem Haus beschäftigten.

Auch, wenn es wenige waren.

Hin und wieder besuchten uns von meinen Großeltern eingeladene Gäste, die sich nach wenigen Stunden wieder fortbegaben, ohne mein Gesicht erblickt zu haben.

Ich kannte es nicht anders, war es gewohnt.

Wenn ich las schlichen sich bisweilen in kurzen Momenten Schritte oder Stimmen Fremder durch den Flur, welche mich nur kurz aufhorchen und dann wieder dem Buch widmen ließen.

Die gebrochene Stille dieses Hauses war eine gern gehörte Seltenheit meinerseits.

Doch in dem jetzigen Augenblick war mir nichts lieber als das einzige Gezwitscher der Vögel, die in den alten Fichten, Edelkastanienbäumen und am Rand gepflanzten Zypressen hausten, denn inmitten des rauschenden Windes kamen mir keine weiteren Geräusche zu Ohr.

Meine Augen blieben leer.
Leer von meiner Trauer, doch voll von dem quälenden Gefühl, das mich nach Dingen sehen ließ, die für mich unantastbar schienen, unmöglich.

Vor und hinter mir erstreckte sich nasses Gras, mit wenigen, vom Sommer zurückgelassenen Blumen und Sträuchern.

Dieser Ort sollte Frieden in sich halten, doch dieser verflog mit den herunterfallenden Blättern, die sich über das legte, was unter ihnen begraben wurde.

Mein Körper trug ein strahlend weißes Kleid mit feinen Stickereien übersäht. Mamá hatte es in dem vorgesehenen Kinderzimmer für ihre geplante Tochter verstaut, damit sie es irgendwann ebenfalls so sehr lieben lernen konnte.

Sie hatte sich doch so sehr gewünscht, es eines Tages an ihrer Tochter sehen zu können so wie es die Mütter ihrer Familie getan hatten.

Doch jetzt war einzig und allein die Sehnsucht das, was uns vereinte.

Darin konnte mich seit der Geburt der Tochter nur noch ihre Mutter erblicken, auch wenn sie mich das letzte Mal als Kind darin durch den Garten hüpfen gesehen hatte.

Damals hatte ich noch nicht gewusst was ich an mir trug, welche stummen Geschichten die Stickereien erzählten.

Die Freude darauf es in der Zukunft, wenn ich älter war, endlich tragen zu können, ohne dass mir die Ärmel fast von den Schultern rutschten und ich über die Länge des Kleids stolperte, hatte ich gespürt.

Nicht doch diese ewige Leere.

Dieses Jahr war das erste Jahr, indem ich den Stoff an mich gelegt hatte. In schwachen Momenten hatte ich es bloß mit den Händen berührt um eine Art von Verbindung zu spüren.

Nun lag eine einzige blutrote Rose in meinen Händen.

Meine Blutrose.

Mit Dornen die das Blut eines unschuldigen Kindes zum fließen brachten, als es von der einnehmenden Schönheit der Blüten abgelenkt wurde.

Mein Blut floss noch heute, wenn die Stiche, die nur meiner Sehnsucht zugehörig waren, mal wieder bösartig wurden.

Mit kalten Händen ließ ich die Rose vor dem kleinen Stein ruhen.

Der Wind ließ meine Haare tanzen.

In der vertrauten Melancholie sitzend, sah ich den wenigen Sonnenstrahlen entgegen. Ein schweres Schmunzeln ließ sich auf meinen Lippen nieder.

Meine Gedanken begegneten dem Bild des eisigen Mannes.

Würde er ihnen zusagen?

Immerhin war er für meine Sicherheit in wichtigen Fällen verantwortlich.

Ich vermutete, Eltern würden die Arbeit solcher Menschen sehr kritisch beäugen.

Dennoch hoffte ich auf Zuspruch.

Zeitweilig wünschte ich mir ihre Nähe zwar so sehr, dass mich nichts mehr am Boden hielt, doch der Rationalität zusprechend, wollte ich nichts anderes, als Stabilität und Geborgenheit.

Und wie sollte ich diese erhalten, wenn mir nicht einmal meine eigene Sicherheit geboten werden konnte.

Ab und an überkam mich das Gefühl, dass mir auch ohne Waffen in der Nähe Niemand zuleide kommen könnte.

Es mochte vielleicht bizarr klingen, doch die gesamte Ausstrahlung Jiménez' wirkte wie eine Bedrohung — eine abschreckende Finsternis umgab diesen Herr.

Ehrlicherweise hatte diese mir schon so einige Male selbst Angst eingeflößt, doch mit der Zeit würde ich mich schon daran gewöhnen.

Mir wurde langsam kalt, als kräftige Windzüge ihren Weg über den Rasen fanden, also entschied ich mich dazu wieder ins Haus zurück zu gehen.

Und es wurde wieder Still.

Mucksmäuschenstill, bis ich schwere Schritte zu Ohr bekam.

Ich wollte mich umdrehen, den Flur in die entgegengesetzte Richtung anvisieren, als mich Augen daran hinderten mich fortzubewegen.

Stumme Augen.



















***

dieses mal ein kurzes kapitel für meine engel.

ich finde es aber genau passend, denn ich wollte, dass der fokus allein auf ihren emotionen und ihrer besonderen verletzlichkeit in dieser situation liegt, denn trauer ist etwas besonderes.

nun zu euch, how are you???

BLUTROSEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt