„Sieh mal! Da hinten ist eine Höhle!", schrie Wind seiner Freundin durch den Sturm zu. Der Morgen hatte recht sonnig begonnen, doch leider zog ein unheimlich starker Sturm auf, nachdem die beiden aufgebrochen waren. Der Schnee peitschte den beiden Wölfen ins Gesicht und der Sturm machte ihnen das Gehen schwer. Mühsam und völlig erschöpft schleppten sich die beiden schon seit Stunden voran. „Wir können dort Unterschlupf finden!", fügte Wind noch hinzu.
Wasser sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. „Ja, ich denke wir finden zwar nichts zu Fressen, aber es ist besser, als hier draußen im Schneesturm zu wandern!" Wind hörte ihre Worte nur leise, der starke Sturm schien ihre Sätze zu verschlucken. „Gut!", bellte Wind nur noch.
Schnaufend kämpfte er gegen das Wetter an. Noch nie hatte er einen solch mächtigen Sturm erlebt. Sogar Hagelkörner rieselten auf sie herab. Mit zusammengebissenen Zähnen stapften Wasser und Wind trotzdem weiter. Die Höhle war ihre einzige Rettung.
Durchnässt und völlig erschöpft erreichten sie schließlich den Höhleneingang. Kühler Stein ohne Schnee begrüßte sie. In der Höhle war es trocken, auch wenn sie weniger sehen konnten, weil das Licht spärlich wurde. Am Anfang tapten die beiden Wölfe durch einen Gang, der schließlich in eine größere Höhle endete. In ihr war es wärmer und es lag sogar etwas Moos auf dem Boden.
„Warte!" Wind streckte seine Nase in die Luft. Ein starker Beutegeruch stieg ihm entgegen und er leckte sich die Lefzen. „Da ist eindeutig Beute!", flüsterte Wasser, die den Geruch ebenfalls entdeckt hatte.
Vorsichtig traten die beiden weiter in die dunklen Gänge. An einer Abzweigung roch es besonders stark nach Fleisch. „Da lang!", gab Wind das Kommando. Er war versessen auf die Beute, sein Magen knurrte unaufhörlich. Endlich öffnete sich der Gang zu einem großen Raum. In der Mitte lag ein fetter Hase. Wind wollte sich bereits auf ihn stürzen, Wasser jedoch hielt ihn auf. „Halt! Diesen Hasen hat definitiv ein anderes Tier erlegt und es muss noch in der Nähe sein!", jaulte Wasser.
Wind hielt inne und nickte leicht ängstlich. „Ich hatte vorhin den leichten Geruch eines Bären in der Nase... ich dachte er wäre alt, aber nachdem der Hase noch frisch ist, muss er ihn erst vor kurzem erlegt haben", stellte der schwarze Wolf fest.
Wasser nickte und spitze konzentriert die Ohren. Plötzlich öffnete sie erschrocken die Augen und sprach mit zitternder Stimme: „Und wenn du mich fragst, kommt er gerade direkt auf uns zu."
Wind erstarrte. Auch er hörte die plumpen Schritte eines großen Tieres in den Höhlengängen. Der Bär war wahrscheinlich direkt auf dem Weg zu seiner Mahlzeit. Dem Hasen. Ein Schauer lief Wind über den Rücken, als er merkte, dass die Schritte tatsächlich immer näherkamen. „Was sollen wir jetzt tun?", fragte er panisch Wind. Die Wölfin sah Wind nur verzweifelt an und meinte: „Wir warten, bis er kommt und versuchen uns an ihm vorbeizudrängeln. Dann verschwinden wir schnellstmöglich!"
Der Rüde stimmte ihr zu. „Den Hasen könnten wir aber doch mitnehmen!", bellte er. Wasser legte den Kopf schief. „Reiß ein Stück ab, das nehmen wir mit, der ganze Hase wäre zu schwer, um mit ihm ordentlich davonlaufen zu können!" Wind tat, was sie sagte, und kaum sah er wieder von dem Hasen auf, sah er ein brüllendes, wütendes Tier am Ausgang des Höhlenabschnittes stehen. Wasser trat dicht zu Wind. „Wir müssen laufen, das ist unsere einzige Chance zu überleben!"
Wind fasste die pure Angst, aber er wusste, dass er sich jetzt konzentrieren musste. Sonst war das hier sein letzter Tag gewesen. Wind blickte kurz zu Wasser, diese sah entschlossen zu ihm zurück. Mit einem kurzen Kopfnicken gab sie ihm bescheid, dass sie jetzt laufen mussten. „Jetzt!", jaulte Wasser zusätzlich durch die Höhle.
Wind spannte seine Muskeln an und holte alles au sich heraus. Der Bär stand ein paar Schritte entfernt vom Gang, der sie aus dem großen Abschnitt brachte. Gerade so konnten sich die beiden Wölfe durchzwängen. Brüllend und mit wütenden Augen preschte der Bär hinter ihnen her. Panisch sprintete Wind Wasser hinterher. Die Wölfin rannte trotz des Gewichts des Hasen rasend schnell durch das Höhlenwirrwarr. Nach ein paar Minuten schnaufte Wind schon, aber er rannte verbittert weiter. Das große, braune Tier hinter ihnen lief ihnen ohne Mühe nach, mit Lautstarkem Brüllen dazu.
„Wasser, wir finden hier keinen Ausgang mehr!", bellte der schwarze Wolf zu seiner Freundin. Wasser knurrte. „Wir müssen aber hier raus!" Ihre Worte schienen fest und nicht ängstlich zu klingen. Wind bewunderte sie dafür, schüttelte den Gedanken daran aber wieder ab. Jeder kleinste Fehler konnte ihm sein Ende bringen.
Hinter ihm hörte er die mächtigen Schritte des Bärs und seinen heißen Atem spürte er auf seinem Schweif. Abrupt bremste Wasser jedoch. Vor ihnen war ein kleiner Spalt, gerade groß genung, dass sie hindurch passte. „Beeil dich!", kreischte Wind ihr zu, der Bär holte schon mit einer Tatze nach ihm aus.
Gerade rechtzeitig quetschte sich Wind in den Spalt. Der Bär schrie ihnen noch nach, er passte aber nicht hindurch. Mit rasendem Herzen hielt Wind kurz inne. „Wir haben ihn abgehängt", keuchte er erleichtert.
Wasser nickte und drehte sich zu Wind um. „Ich hoffe, wir kommen von hier wieder aus der Höhle heraus", murmelte sie.
Winds Fell striff die kühlen Wände, der Gang ließ gerade so Platz für einen Wolf. Nach ein paar Augenblicken wurde der Gang breiter und bald öffnete er sich in einen kleinen Raum, am anderen Ende verlief der Gang weiter. „Hier könnten wir übernachten, wir haben zwar nicht viel Platz, aber der Bär kann nicht zu uns und wir könne unseren Hasen fressen." „Ja, lass uns die Nacht hier verbringen", stimmte er zu.
Wasser legte das Stück Fleisch ab und setzt sich. Wind legte sich neben sie und gemeinsam verspeisten sie die Beute. Wind glaubte, seit Ewigkeiten schon nichts mehr gegessen zu haben, der Hunger hatte ihn gequält und nun wurde er endlich erlöst. Genussvoll schloss er während er kaute die Augen. Wasser lag dicht neben ihm, was ihm irgendwie gefiel. Aber eines kam ihm noch entgegen – Es fühlte sich nicht an, als ob er sich in sie verlieben würde, eher fühlte es sich so an, als ob sie seine Schwester wäre. Beim Gedanken Schwester, musste er auch an Strahl denken. Dann wanderten seine Gedanken wieder zu Wasser. Wenn er Alpha werden würde, durfte er keine Gefährtin.
Wind setzte sich in den Kopf, dass Wasser wie eine Schwester für ihn war. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. „Endlich können wir in Frieden schlafen!", gähnte Wasser und rollte sich zu einer Kugel zusammen. Wind tat ihr gleich und antwortete: „Ich bin so unendlich froh, dass wir dem Bären entkommen sind!" Nach einer kurzen Pause setzte er noch hinzu: „Ich bin echt froh, dass du mitgekommen bist, Wasser." Leicht überrascht hob sie den Kopf. „Danke, ich bin glücklich, dass ich einen Neuanfang machen darf und mit dir an meiner Seite ist es sicherer als alleine." Ihre Stimme war warm und freundlich. „Jetzt sollten wir trotzdem schlafen", flüsterte Wasser Müde, auch Wind holte der Schlaf schneller als er es realisieren konnte ein.
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Wolf Love - Der Weg zwischen Liebe und Leben ✔
FantasyYellowstone. Ein riesiger Nationalpark, darunter der rabenschwarze Wolf Wind. Seiner Wurfschwester sind große Bestimmungen hervorgesehen, sie soll die neue Rudelanführerin werden und das Rudel führen. Wind bemerkt, dass er bloß ein normaler Wolf is...