Kapitel 24 - Ein letztes Mal

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Gedankenverloren kaute Wind an einem Stück Fleisch. Sein Magen hatte am Morgen in seinem Nest stark rebelliert und so hatte er beschlossen auf die Jagd zu gehen. Ein paar Auenblicke später hatte er auch schon ein kleines Kaninchen im Maul gehabt. Es war nicht groß, würde ihn aber fürs Erste sättigen. 

Die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen, deshalb waren nur wenige Wölfe bereits aus ihren Nester gekrochen. Morgentau lag überall auf dem Gras. Nacht war gerade dabei, ein paar Halme aus seinem Fell zu bekommen, als er Wind sah und sich zu ihm gesellte. „Nah, schon was gefangen?", fragte er grinsend und deutete auf das Kaninchen. Wind nickte und begrüßte ihn. Nacht blickte in den Himmel und dann zum Horizont. 

„Die Sonne wird bald aufgehen, dann werden die ersten Wölfe gemeinsam auf die Jagd gehen." Wind nickte erneut, Nacht tat manchmal so, als ob er noch immer der Neue hier war. Mittlerweile hatte sich der Rüde allerdings daran gewohnt, Spitze hatte ihm einmal belustigt erklärt, dass er einfach gerne Lehrer spielte. 

Die dunkelgraue Wölfin war seit er Nachfolger war viel netter zu ihm geworden. Wahrscheinlich einfach, weil sie wusste, dass er schon bald über ihr in der Rangfolge stehen würde. „Ja", war das Einzige war Wind noch sagte. Nacht schnippte zum Abschied mit dem Schweif und wand sich dann ein paar anderen Wölfen zu. 

Jetzt hatte Wind wieder seine Ruhe. Das Kaninchen war schon bald bis auf die Knochen heruntergefressen und auch sein Magen war zufrieden. Trotzdem blieb er bis zum Sonnenaufgang liegen und genoss die ersten warmen Strahlen auf seinem Fell. Es war der letzte ganze Tag, den er als Jäger noch hatte, morgen schon war die Anführerzeremonie. Also hatte er schon am Morgen beschlossen diesen Tag noch so richtig zu genießen. Mit Schnee. 

Also sammelte er all seinen Mut und ging zu ihrem Nest im Jägerbau, wo sie sich gerade streckte. „Guten Morgen Schnee, wäre es okay, wenn du mich mal kurz nach draußen begeleitest, nur ein kleiner Spaziergang", fragte er verlegen. 

Schnee war erfreut und einverstanden. „Lass uns doch zu den Geysiren gehen und ihnen zugucken!", schlug sie vor und Wind nickte. 

Ein letztes Mal noch als Jäger mit ihr unterwegs also.

                                                                                      ***

„Wow, hast du das grad gesehen!", rief Schnee und deutete erstaunt auf einen nahen Geysire. Die beiden saßen Fell an Fell auf einem kleinen Felsen, von dem aus man die Geysire perfekt sehen konnte. 

„Ja, aber der vorhin war noch höher!", erwiederte Wind glücklich.

 Für einen Moment vergaß er, was morgen für ein Tag anstand und genoss einfach die gemeinsame Zeit, die er noch mit Schnee hatte. Plötzlich wurde er wieder ernst. Er musste sie auf ihr Schicksal hinweißen, er musste. 

„Schnee", begann er leise, woraufhin sie die Ohren spitze. „ich habe gestern vom Jenseits erfahren, dass dein Schicksal dasselbe ist wie Meins." 

Sie musste ja nicht gleich alle Details wissen, aber das reichte aus um ihr Gesicht zum erstarren zu bringen. „Du meinst ich muss auch Alpha werden? Aber wie?", fragte sie kalt. 

Für sie musste das wie ein Schlag ins Gesicht sein. Innerlich wusste Wind, dass es das aber nicht war. Es musste etwas größere als Alpha sein bedeuten. „Nein, es ist viel bedeutungsvoller. Allerdings weiß ich beim besten Willen nicht was.", erklärte er ihr möglichst ruhig. 

Schnee wand den Kopf ab und sah wieder auf die Geysire, diesmal aber nur um sich zu beruhigen. „Du meinst unser Schicksal ist so groß, dass es weit über den Tod hinausgeht?", flüsterte sie und Wind brachte nichts Anderes außer ein leises „Ja" heraus. 

Ein paar Minuten starrten sie einfach nur auf die heißen Quellen. Schließlich durchbrach Wind die Stille. „Ich versuche heute Nacht Kontakt zum Jenseits aufzubauen, vielleicht erfahren wir dann mehr!", bot er aufrichtig an. Noch nie hatte er speziell den Kontakt des Jenseits gesucht, aber jetzt würde er es brauchen. Er wollte wissen, welches Schicksal über en Tod hinausgehen konnte, es musste wichtig sein. Sehr wichtig. 

Schnee seufzte und nickte schließlich. Ein wenig traurig war Wind schon, weil er diesen wunderbaren Moment zerstört hatte. Natürlich konnten sie das noch hundert weitere Male tun, aber eben nur als Freunde und wenn er daran dachte wurde ihm speiübel. Sein Leben so zu verbringen, als einfacher Jäger war so viel einfacher. Darüber hatte er noch nie so wirklich nachgedacht. Sein Leben als einfacher Jäger zu leben, kam für ihn früher nie in Frage. 

Schon immer war es sein Traum gewesen Alpha zu werden, es war quasi sein Leben. Bis er Schnee kennengelernt hatte. Sie hatte sein Leben auf den Kopf gestellt, wortwörtlich. Nichts war so passiert, wie er es sich erhofft hatte und nun konnte er Nichts mehr daran ändern. Nun bekam er das, was er sein ganzes Leben lang schon ereiferte und wollte es nicht mehr.

 Er wollte jetzt sie. Schnee.

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