07 🩸 Hilf mir

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,,Wie war die Party? Das sah aus, als hättest du jede Menge Spaß gehabt."
Ich erschrak fürchterlich, als ich das Licht anknipste und Hope Mikaelson auf meinem Bett vorfand.

,,Eifersüchtig?" Ich streifte die Schuhe von den Füßen und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.

,,Lass Josie in Ruhe. Sie verdient etwas besseres."
,,Mir war nicht klar, dass ihr so gute Freunde seid", antwortete ich trocken.
Meine müden Füße wollten nur noch ins Bett, aber ich zwang mich, vor Hope stehenzubleiben. ,,Was machst du in meinem Zimmer, Miss Superpower? Es ist zwei Uhr nachts und ich würde gerne ins Bett gehen."

,,Ich habe mich über Katherine informiert. Josies Onkel, Damon Salvatore, sagt, sie sei die Königin der Hölle gewesen."

Gewesen... Stefan Salvatore und Bonnie Bennett hatten Katherine damals zwar mithilfe des Höllenfeuers aus der Welt der Lebenden verbannt, aber die Hölle regierte sie immer noch. ,,Hat das nicht Zeit bis morgen?"

,,Was hast du mit Katherine zu tun? Wieso sprichst du mit ihr?", unterbrach Hope. ,,Wieso ist sie überhaupt am Leben?"

Weil ich dich töten muss. Weil ich Katherine so sehr verärgert habe, dass ich wieder menschlich bin und auf eine Schule für magische Teenager gehe.

Ich hatte innerlich gehofft, Hope habe mein Rendezvous mit Katherine schon lange vergessen, aber das war wohl Wunschdenken.

Ich gähnte müde. ,,Das sind viele Fragen. Wo fange ich an? Katherine ist nicht im Höllenfeuer gestorben. Nur ihr Körper ist darin verendet. Eigentlich hat Stefan sie aber nur in die Hölle verbannt, wo sie weiterhin regiert. Sie kann die Welt der Lebenden nicht mehr betreten, also hat sie mich auf die Erde geschickt. Ich habe sie verärgert und schulde ihr einen Gefallen."

,,Verärgert? Was hast du getan, um die Königin der Hölle zu verärgern?", hakte Hope nach. Ihre Reaktion verunsicherte mich ein bisschen, weil sie so ruhig blieb.

Ich schluckte. ,,Ich habe mit ihrem Liebhaber geschlafen. Sein Name ist Azarael und er ist ihr Lieblingsdämon. Jedenfalls momentan... Katherine ändert ihre Meinung tagtäglich."

Ich wollte ins Bett klettern, aber Hope versperrte mir den Weg. ,,Du warst also in der Hölle?" Nur eine Feststellung, die ich mit einem Nicken beantwortete. ,,Warte, bist du auch ein...?"

,,Höllendämonen sind im Grunde nur Hexen, die sich der schwarzen Magie verschrieben haben", erklärte ich. ,,Aber ja, ich war eine davon. Jahrhundertelang, bis Katherine mich verbannt hat. Dieses undankbare Miststück... Jetzt will sie sich an jenen rächen, die sie vor so vielen Jahren zerstört haben. Deshalb soll ich Mystic Falls für Sie niederbrennen."

Letzteres war eine Antwort, die ich mir extra dafür zurechtgelegt hatte, falls Hope mich fragte, um welchen Gefallen es sich handelte. Ich würde ihr nicht die Wahrheit sagen oder zugeben, dass ihr Tod meine Freikarte zurück in die Hölle war. Zurück zur Unsterblichkeit. Zurück zu meinesgleichen. Ich gehörte nicht hierher.

Ich ließ ihre Hand los und trat ans Fenster. Zeit, ihr meine Geschichte zu erzählen. Jetzt wo sie viele Wahrheiten kannte, musste ich ihr Vertrauen ergattern. ,,Als kleines Mädchen war ich eine gewöhnliche Hexe, wissbegierig aber nicht sonderlich talentiert. Für meine Eltern war ich eine Enttäuschung. Sie wollten unbedingt, dass ich unseren Zirkel eines Tages anführe, aber gegen die anderen Kinder kam ich nicht an. Sie zwangen mich stundenlang dazu, komplizierte Zauber zu praktizieren. Eines Tages kam mein Vater auf die Idee, dunkle Magie einzusetzen, um mich stärker zu machen. Zuerst opferte er Tiere wie Ziegen oder Schafe, aber irgendwann wurden es Menschen."
Ich lächelte traurig. ,,Die Magie war überwältigend. Ich war plötzlich nicht mehr die schwache kleine Hexe, sondern eine Anführerin. Sie fürchteten mich. Ich tötete und zerstörte im Namen des Zirkels und es war mir egal. Ich war verloren. Ich versank in der Dunkelheit und mein Körper war nicht dazu gemacht, das auszuhalten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es mich überwältigte. Ich sprach einen komplizierten Zauber und riss sie alle mit mir in den Tod... meinen Zirkel und all jene, die ich liebte."

Schweigen. Hope war ganz nah, das spürte ich. Dann sah ich sie im Spiegelbild des Fensters. ,,Warum erzählst du mir das?", flüsterte sie. ,,Das ist schrecklich. Eine Familie ist dafür da, einander zu beschützen. Deine hat dich zerstört."

Und deine nicht? Die Worte lagen mir auf den Lippen, aber ich hielt sie zurück. ,,Weil ich nicht mehr diese Person sein will. Heute hatte ich zum ersten Mal seit Jahrhunderten Spaß... richtigen Spaß." Ich lächelte kurz bei dem Gedanken.

Hope hob eine Augenbraue. ,,Mit Josie?"

,,Ein bisschen vielleicht", gab ich zu und grinste. Hope grinste zurück, auch wenn das Misstrauen immer noch stark im Vordergrund stand.
,,Vor zwei Jahren war ich auch in Josie verknallt. Ich habe ihr sogar Liebesbriefe geschrieben."
Hope Mikaelson schrieb Liebesbriefe?

,,Ich war noch nie verliebt", gab ich zu. Mein kaltes Herz hatte nicht die geringste Ahnung, wie sich Liebe überhaupt anfühlte. Verlangen und Leidenschaft, ja. Aber keine Liebe.

Hope legte einen Arm um meine Schulter. ,,Und ich dachte schon, dass mein Leben traurig ist."

Ich sah in ihre Richtung. ,,Liebe ist eine Schwäche. Das hat Katherine immer gesagt. Und mein Vater auch."

,,Katherine? Dieselbe Katherine, die fast 200 Jahre besessen von Stefan Salvatore war?"

Da war etwas dran.

,,Hör zu, Miss Superpower. Ich weiß, dass du mir nicht vertraust. Wahrscheinlich bist du auch wütend auf mich, weil ich deinen Vater nicht zurückholen konnte. Aber ich brauche deine Hilfe. Ich will nicht mehr Katherines Marionette sein. Vielleicht kann meine Seele nicht gerettet werden, aber dann bin ich wenigstens nicht mehr ihre Dienerin."

,,Du hast Recht. Ich vertraue dir nicht. Aber meine Tante hat mir geholfen, meine Magie unter Kontrolle zu halten. Wenn ich das schaffe, dann schaffst du es auch."

Ich wandte meinen Blick ab. Das erste Mal, als Hope mir Hilfe anbot, endete es damit, dass wir versuchten, Klaus Mikaelson von den Toten zurückzuholen. Katherine warnte mich davor, mich auf die Mikaelsons einzulassen. Innerlich wusste ich, dass ich ihr nicht entfliehen konnte und all das nur sagte, um Hope von meiner Reue zu überzeugen. In Wahrheit fühlte ich nichts. Ich war mir nicht sicher, ob der heutige Abend von Schwäche zeugte. Jahrelang wurde mir eingetrichtert, meine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Heute hatte ich mich gehen lassen und Spaß gemacht. Ich war schwach gewesen.

Aber welche Wahl blieb mir? Hope durfte keinen Verdacht schöpfen, dass es nicht Mystic Falls war, auf das ich aus war. Es war ihr Leben, nach dem ich trachtete.

,,Wir sollten ins Bett gehen. Morgen ist der Miss Mystic Falls Wettbewerb", antwortete ich.

Hope nickte. ,,Ich werde Alaric und Caroline nichts erzählen. Noch nicht. Aber ich behalte dich weiterhin im Auge."

Sie wandte sich dem Gehen. ,,Hope?" Hope drehte sich zwar nicht um, aber sie verharrte. ,,Danke, dass du mir zugehört hast."





𝘩𝘦𝘭𝘭𝘧𝘪𝘳𝘦 ʰᵒᵖᵉ ᵐⁱᵏᵃᵉˡˢᵒⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt