09 🩸 Lizzie hat schlechte Laune

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Sherriff Donavan riegelte das gesamte Gelände mit rotweißem Absperrband ab und erstellte eine Namensliste aller Gäste. Anschließend verließen die meisten Gäste fluchtartig die gescheiterte Veranstaltung. Der neue Gründerrat startete einen Versuch, die blonde Urvampirin mit einem in Eisenkraut getränkten Pfeil zu schwächen, aber sie scheiterten kläglich. Rebekah fing den Pfeil in der Luft auf und angesichts ihrer schlechten Laune wagte es keiner, es mit ihr aufzunehmen. Merkwürdigerweise unternahm ausgerechnet der Sherriff keinen Versuch, Rebekah hinterherzujagen und sah tatenlos dabei zu, wie sie in Vampirgeschwindigkeit verschwand.

,,Das ergibt keinen Sinn", hörte ich ihn leise vor sich hin murmeln. ,,Die Leiche hat nahezu kein Blut verloren. Außerdem liebt sie solche Veranstaltungen."
Ich seufzte genervt. Natürlich hatte Rebekah Mikaelson dieses blonde Weichei längst um ihren Finger gewickelt. Das erklärte jedenfalls den Mangel an Eifer seitens des Sherriffs.

Die einzige, die weder Angst noch Entsetzen an den Tag legte, war Lizzie Saltzman. Selbst die Beschreibung "wütend" war die Untertreibung des Jahrhunderts. Der Mord hatte ihren einzigartigen Prinzessinnenmoment ruiniert, auf den sie seit Wochen hinarbeitete. Da sie aber wusste, dass mit Rebekah nicht gut Kirschen essen war, stürmte sie wutembrannt auf Hope zu.

,,Willst du mir immer unbedingt die Show stehlen, Hope? Du wusstest, dass du keine Chance hast zu gewinnen! Das ist wohl auch der Grund, warum du nicht teilnehmen wolltest. Weil du es aber einfach nicht sein lassen kannst, hast du dich entschieden, den Wettbewerb auf andere Weise zu sabotieren! Musst du immer alles kaputt machen?!"

Meiner Meinung nach steigerte Lizzie sich ein bisschen zu sehr in diesen albernen Wettbewerb hinein. Meine Güte, es gab weitaus größere Probleme auf der Welt! ,,Bist du jetzt fertig? Hope langweilt sich schon", sagte ich augenrollend.

Hope verzog das Gesicht. ,,Sabotieren?! Es ist mir egal, ob du Miss Mystic Falls wirst, Lizzie. Meinetwegen darfst du die Krone gerne aufsetzen und die Lorbeeren für den Sieg ernten!. Alles was ich wollte war, einen schönen Tag mit meinen beiden Tanten zu verbringen. Aber es ist mir wohl bis in alle Ewigkeit verwehrt, einen ganz normalen Tag zu erleben. Es kommt immer etwas dazwischen. Immer!"

,,Warum verteidigst du deine Tante dann?! Sie hat ganz offensichtlich euren ach so normalen Tag ruiniert!", schnaubte Lizzie.

Die Frage war durchaus berechtigt. Nur wenige Minuten vor Rebekahs Flucht hatte Hope ihr sogar vorgeworfen, ihr den Tag zu ruinieren. Danach war aber Ruhe eingekehrt und die Tribridin war in den Verteidigungsmodus übergegangen. Der plötzliche Sinneswandel war unerklärlich. Natürlich gab es Unstimmigkeiten. Das tote Mädchen hatte tatsächlich kaum Blut verloren, weshalb der Mord nur auf den ersten Blick wie das Werk eines Vampirs aussah. Mein Plan hatte große Lücken, die mich selbst ärgerten. Ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass Hope sich sonderlich für das tote Mädchen interessierte. Meine Hoffnung bestand darin, dass die Mikaelsons sich zofften, weil sie ständig unüberlegte Entscheidungen trafen und sich unnötige Feinde machten - oder so ähnlich. Es gab viele Gründe für Streitereien. Katherine hatte einst gesagt, dass die Mikaelsons immer einen Grund zum streiten fanden.
Dennoch unterschätzte ich die Familienbande. Dieser alberne Schwur, für immer und ewig, bedeutete wohl doch mehr als angenommen.

,,Warum, Hope? Antworte mir!", forderte Lizzie.

Hopes Gesicht war wie versteiniert. Sie ballte eine Hand zu einer Faust. Plötzlich schien die Erde zu beben. Ich stolperte und fiel in das Absperrband. ,,Weil ich sonst keinen habe!", brach die Wahrheit wie eine Sturmflut aus Hope heraus. ,,Meine Familie ist tot! Sie sind alle tot und das ist meine Schuld!"
Die schweren Eisenstäbe, die die Bühne stemmten, ächzten gefährlich. Der Wind riss das Banner des Miss Mystic Falls Wettbewerbs von seinem Platz und die wenigen Menschen auf dem Gelände stoben in alle Richtungen auseinander. BUMM. Die Stangen trugen das Gewicht der Bühne nicht mehr. Sie krachte in sich zusammen und die säuberlich aufgereihten Stühle und Stehtische kippten reihenweise um. ,,Wenn ich die letzten Menschen in meinem Leben wegen solcher Lappalien von mir stoße, habe ich wirklich niemanden mehr!"

,,Lizzie, duck dich!", schrie ich, als eine schwere Blumenvase durch die Lüfte flog. Die Saltzman Schwester reagierte gerade noch rechtzeitig und sprang aus dem Weg.

,,Siehst du jetzt, was ich von diesem dämlichen Wettbewerb halte?", fragte Hope und brach den Zauber ab. Sofort verstummte das Chaos, als habe jemand auf die Pausetaste gedrückt. ,,Ich habe dir oder Josie nie etwas getan. Früher wollte ich sogar eure Freundin sein, aber ihr konntet mich aus unerklärlichen Gründen nie leiden."

Lizzie lachte leise. ,,Du hast dir doch nie Mühe gegeben, unsere Freundin zu sein. Stattdessen verbündest du dich mit unserem Dad und das ist dir wunderbar gelungen. Er verbringt mehr Zeit mir dir, als mit uns. Außerdem hast du vor drei Jahren versucht, Josies und mein Zimmer in Brand zu stecken. Zumindest dachte ich das bis letzte Woche. Trotzdem musst du zugeben, dass das nicht weit hergeholt war!"

Ich rappelte mich auf und verdrehte genervt die Augen. Teenager waren so kompliziert! ,,Wisst ihr beiden eigentlich, dass ihr euch unglaublich ähnlich seid?"
Für diesen Kommentar erntete ich gleich zwei vernichtende Blicke, die mich zum Lachen brachten. ,,Seht ihr?"
Ich räusperte mich, um die beiden nachzuahmen. ,,Niemand will mit mir befreundet sein, obwohl ich euch aus dem Weg gegangen bin... Mein Dad liebt dich mehr als mich... "

,,Das ist nicht wahr", sagten die beiden gleichzeitig.

Ich hob eine Augenbraue. ,,Hope, wir wissen beide, dass du durchaus sehr... dickköpfig sein kannst. Und was dich angeht" ich sah zu Lizzie. ,,Hopes Eltern sind gestorben und du beschwerst dich, dass sie sich deinem Vater anvertraut? Sei froh, dass sie überhaupt nach einer Bezugsperson sucht. Da sie die Miss Superpower dieser Schule ist wärt ihr alle längst platt, wenn Hope ihre Laune an euch auslassen würde."

Ich war normalerweise nicht die Art Person, die Freundschaften rettete. Das war nicht mein Ding. Aber der Zickenkrieg der beiden ging mir seit Tag eins auf den Keks und es wurde Zeit, etwas dagegen zu unternehmen.

,,Nun", räumte Hope ein. ,,Ich will dir deinen Vater nicht wegnehmen. Das war nie meine Intention."

,,Und ich dachte, dass du vor drei Jahren unser Zimmer in Brand setzen wolltest", gab Lizzie zurück. ,,Aber letzte Woche hat Josie gestanden, dass sie es gewesen ist. Sie wollte ihre Liebesbriefe verbrennen und der Zauber ist schiefgelaufen. Du kennst mich ja. Ich gebe eben nicht gerne zu, dass ich falsch lag."

,,Ich auch nicht." Hope schaute auf ihre Schuhe. ,,Vielleicht können wir einen Neuanfang wagen. Und wenn wir uns danach immer noch nicht leiden können, ist es wie vorher."

Lizzie überlegte. ,,Gut, meinetwegen. Aber ich bin immer noch sauer wegen des Wettbewerbs."

Schweigen.

,,Jetzt wo wir das geklärt haben, können wir uns wichtigeren Dingen widmen", applaudierte ich.

,,Danke Cassie." Hope schmunzelte.

,,Nicht der Rede wert. Das hättet ihr auch ohne mich hinbekommen, wenn ihr einfach anständig miteinander geredet hättet"

,,Das bezweifle ich", meinte Lizzie. ,,Aber Cassie hat Recht. Wir sollten uns um wichtigere Dinge kümmern. Rausfinden, wer das Mädchen wirklich ermordet hat zum Beispiel."

Ich unterdrückte ein genervtes stöhnen. Ernsthaft? Kaum kamen die beiden einigermaßen miteinander klar, glaubte Lizzie ebenso an Rebekahs Unschuld? Ich durfte nicht zulassen, dass sie mir auf die Schliche kam.

,,Du glaubst mir?", fragte Hope überrascht.
,,Ich will wissen, wer mir meinen Sieg ruiniert hat. Falls es doch deine Tante war, werde ich das herausfinden."
,,Und falls nicht?"
,,Wird derjenige dafür bezahlen, dass ich erst nächstes Jahr gewinne."

𝘩𝘦𝘭𝘭𝘧𝘪𝘳𝘦 ʰᵒᵖᵉ ᵐⁱᵏᵃᵉˡˢᵒⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt