05 🩸 Sprechen Sie nicht über meinen Vater!

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Suchend tastete ich den Boden ab, bis ich fand, wonach ich suchte. Meine Finger umschlossen den scharfen Gegenstand. Ich zog die Klinge über meine Handfläche. Brennender Schmerz zuckte durch meinen Körper.

,,Das ist nicht dein Vater, Hope! Er ist ein Dämon aus der Hölle, der mit deinen Gefühlen spielt. Er lässt dich sehen, was du sehen willst!", lenkte ich sie ab. Der wirbelnde Rauch machte es nicht einfach. Ich sah kaum meine eigene Hand vor meinem Gesicht.

,,Du lügst! Er steht direkt vor mir!"

,,Nein, das tut er nicht. Ich sehe nichts weiter als eine menschenähnliche Silhouette. Ich kenne solche Kreaturen. Sie lassen dich das sehen, wonach dein Herz sich sehnt. Es ist nicht real und wenn du ihn befreist, wird dieses Wesen dich und deine Freunde in Gefahr bringen."

Warum sagte ich das? Es konnte mir egal sein, was mit Hope Mikaelson und ihren kleinen Freunden geschah. Jahrhundertelang fühlte ich nichts mehr und kaum kehrte ich auf die Erde zurück, hatte ich Probleme mit menschlichen Emotionen? Mit Schwäche.

,,Vernichte die Hexe!", sagte die tiefe Stimme der düsteren Kreatur, die wir heraufbeschworen hatten. Sie klang tatsächlich menschlich, aber davon ließ ich mich nicht täuschen.

Endlich fand ich, wonach ich suchte. Die kleine Schale, in die Hope ihr Blut zugegeben hatte. Ich hielt meine Hand darüber, vermischte mein eigenes Blut mit dem Hopes. Das dürfte den Zauber schwächen. Tatsächlich lichtete sich der Rauch ein wenig und die Konturen der Gestalt wurden undeutlicher, fast verschwommen. Gerade so weit, dass ich Hope sehen konnte, die im Zwiespalt zwischen mir und ihrem angeblichen Vater stand.

,,Die Hexe verbreitet Lügen. Ich bin zu dir zurückgekehrt, Hope. Ich werde immer zu dir zurückfinden. Beweis mir, dass es dir das wert ist und halte deine Hexenfreundin davon ab, alles zu zerstören!"

Hopes Augen blitzten zu mir, ehe sie sich wieder der Kreatur zuwandte. ,,Mein Vater würde niemals von mir verlangen, jemandem das Leben zu nehmen", sagte sie belegt. ,,Er hat sich geopfert, damit ich aufwachsen kann und nicht dieselben Fehler wiederhole, die er gemacht hat. Er ist nicht einen ehrenhaften Tod gestorben, um mit Mord und Grausamkeit wieder ins Leben zurückzufinden."

Hope nutzte die Schwäche der Kreatur und begann, zitternd den Zauber rückwärts aufzusagen. Ein Fenster schwang auf. Wind blies die Kerzen aus, Blätter wirbelten um die Tribridin herum. Der falsche Klaus kreischte. Seine Stimme klang nicht mehr menschlich, eher schrill und nicht von dieser Welt. Ich presste meine Hände auf die Ohren und hoffte inständig, dass der Spuk bald endete.

Plötzlich rauschte die körperlose Masse auf mich zu, doch diesmal schien sie in mich hinein zu gehen. Unerträgliche Schmerzen bahnten sich an, als ob mein Körper in Flammen stünde, die lodernd um mich herumwirbelten.
Du hast uns alle verraten. Katherine wollte, dass das Mädchen glaubt, sie hätte ihren Vater zurück. Deinetwegen sind wir gescheitert.
Die Stimme hallte laut in meinem Kopf, aber sie gehörte nicht mir. Offenbar hatte Katherine einen ihrer treuen Diener geschickt, um mir die Aufgabe abzunehmen, Hope zu töten. Ich wusste dass sie mir nicht vertraute, aber soweit zu gehen, den toten Vater des Mädchens gegen sie zu verwenden, war selbst für Katherine eine schäbige Nummer.

Wieso interessiert dich das? Hope Mikaelson kann dir doch egal sein!
Fest presste ich die Lippen aufeinander und befahl dem Mitleid für Hope dorthin zu gehen, wo es hergekommen war.

,,Richte Katherine aus, dass sie mir nicht nochmal in die Quere kommen soll", presste ich hervor. Wieder sprach ich die Worte nicht laut, sondern nur in meinem Kopf aus.

Plötzlich verschwand die Stimme, die Dunkelheit, das schwere Gefühl.

Hope wischte mit der Hand über ihre blutende Nase. Sie hatte es geschafft, das Schlimmste abzuwehren. Nach dem ersten Schock kamen die Tränen. Und ich Idiotin, die der Tribridin hätte ein Messer ins Herz rammen sollen, stand auf und nahm ihre Hände. ,,In dieser Art von Magie kann man sich verlieren, Hope", flüsterte ich. ,,Es ist gefährlich."

,,Warum hat es nicht funktioniert? Der Zauber hätte meinen Vater herbeirufen sollen."

,,Ganz einfach... Dein Vater ist nicht in der Hölle. Dieser Zauber ruft nicht irgendwelche Toten herbei, Hope, es ist eine spezifische Beschwörungsformel für Seelen in der Hölle."

Hope entzog ihre Hände. Ihr Gesicht war wie versteinert. Nur keine Schwäche anmerken lassen. Genau dieses Verhalten hatte mich zu Lebzeiten in die Abtrünnigkeit getrieben. Das, und der Glaube daran, dass mich nichts und niemand aufhalten konnte.

,,In mein Büro. Beide."
Wir hatten nicht gemerkt, dass Mr Saltzman im Klassenzimmer auftauchte und uns auf frischer Tat ertappte. Die Vorbereitungen des Beschwörungszaubers konnten selbst unseren menschlichen Schulleiter nicht in die Irre führen.

•••

,,Was hast du dir dabei gedacht?"
Unwohl rutschte ich auf meinem Stuhl herum, während Mr Saltzman Hope zur Rede stellte. ,,Du solltest einer Mitschülerin Nachhilfe geben, stattdessen brichst du dutzende Schulregeln und hintergehst mein Vertrauen!"

Hope sagte kein Wort. Die Tribridin starrte wie versteinert an Mr. Saltzman vorbei.

Der Schulleiter seufzte und wandte sich an mich. ,,Was hast du dir dabei gedacht, dich in diesen Unsinn verwickeln zu lassen?"

Ich warf Hope einen Seitenblick zu. Ein falsches Wort genügte, um der jungen Mikaelson mein Geheimnis zu entlocken. Sie wusste, dass ich Kontakt zu Katherine hielt. ,,Es tut mir Leid, Mr Saltzman", sagte ich demütig.

Tat es mir Leid? Nicht im geringsten. Mir tat nur Leid, dass Mr Saltzman uns erwischte.

Mr Saltzman wandte sich wieder an Hope. Die Wut stand ihm ins Gesicht geschrieben. ,,Solche Art von Magie lehren wir hier nicht, Hope! Du hast heute nicht nur dich, sondern auch eine Mitschülerin in Gefahr gebracht!", schimpfte er weiter und wiederholte sich.

Hope bot ihm die Stirn und brach ihr stures Schweigen. ,,Ich weiß, dass ich damit umgehen kann! Ich hatte alles unter Kontrolle!"

,,Hörst du dir eigentlich selbst zu? Du hast bedenkenlos mit schwarzer Magie herumexperimentiert. Diese Wut, die Verbissenheit, diese Engstirnigkeit - Das ist dein Vater!"

Stille.

Ich glaubte zu spüren, wie der Raum schlagartig abkühlte.

,,Sprechen Sie nicht über meinen Vater." Plötzlich klang Hope nicht mehr wütend, sondern eiskalt.

Ich hörte Mr Saltzman aufseufzen. ,,Was bewirkt dieser Zauber?"

,,Spielt keine Rolle. Es ist schiefgegangen", erwiderte Hope.

,,Hope, bitte. Ich habe alles getan, um dich zu beschützen. Alles. Du kannst mir vertrauen", redete Mr. Saltzman in ihr Gewissen.

Hope lachte. ,,Ich habe Sie nicht darum gebeten. Solange ich die brave kleine Hope Marshall bin, bin ich Ihre Musterschülerin. Aber wenn ich ein einziges Mal wie eine echte Mikaelson handle, mir einen winzigen Fehltritt erlaube, dann sprechen Sie schlecht von meinem Vater. Sie haben ihn nicht gekannt, wie ich ihn gekannt habe. Sie können sich so viel Mühe geben wie Sie wollen, aber Sie werden niemals er sein!"

Das saß. Hope stand auf und stürmte aus dem Büro.

Eines musste ich ihr lassen. Ihre dramatischen Abgänge sahen fantastisch aus.

𝘩𝘦𝘭𝘭𝘧𝘪𝘳𝘦 ʰᵒᵖᵉ ᵐⁱᵏᵃᵉˡˢᵒⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt