Schicksalhafte Wendung

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Einen wunderschönen guten Nachmittag ihr Lieben!

...und zuallererst einmal vielen, vielen, VIELEN tausend Dank für bereits 19 (!) Sterne und so viel durchweg positive Rückmeldung!! Wahnsinn, ich bin echt begeistert... das ist ein absolut wundervoller Start für diese Story gewesen, ich bin soooo happy. Ihr seid wirklich die Besten! <3
Ich freu mich riesig und bin echt erleichtert, dass Charlie bisher so gut bei euch angekommen ist, auch wenn das Setting doch deutlich düsterer ist als in meinen vorherigen Geschichten. Aber wie gesagt, das wird ja zum Glück nicht so bleiben. ;)

Eine kleine Info hab ich noch für euch bevor ihr weiterlesen könnt, weil nämlich die entsprechende Frage in den Reviews aufgetaucht ist:
Nein, diese Geschichte hat nichts mit „Das Feuer des Lebens" oder „Die Farben des Phönix" zu tun! Es ist ein völlig eigenständiges Werk mit anderen OCs, anderer Whitebeardcrew und anderen Pairings... auch wenn ich natürlich mit Sicherheit das ein oder andere Easteregg für meine „alten Hasen" einbauen werde. ;D
Wobei... ganz eigenständig ist es eigentlich auch nicht. Genau genommen ist diese Geschichte eine Art Prequel zu – „Grauzone" von Mimabi! Auch wenn diese Geschichte zur Zeit leider noch immer ruhend ist. Aber zumindest theoretisch gehören sie zusammen! Es ist aber für diese Story keineswegs nötig, die andere gelesen zu haben, also keine Sorge. Das ist rein zur Info. ;)

So, jetzt aber ganz viel Spaß beim Weiterlesen von nochmal ZWEI Kapiteln – danach geht's normal mit immer nur einem weiter. Habt einen wunderschönen Feiertag, bleibt gesund und bis zum nächsten Mal!!! <3

GlG
Ancarda



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Das Vorhaben der beiden Jungen glückte tatsächlich und verschaffte ihnen ein wahres Hochgefühl, trotz der nach wie vor andauernden widrigen Umstände. Jedes Mal, wenn der Aufseher mit der Wasserkelle kam, behielt Charlie den letzten, großen Schluck im Mund und wartete ab, bis die Luft rein war. Dann gab er Marco das vereinbarte Zeichen und innerhalb von wenigen Sekunden wanderte das Wasser zu dessen durstiger Kehle, ohne auch nur einen Tropfen zu verschwenden.
Marco war zudem ein teuflisch guter Schauspieler. Er hustete, bewegte sich schwerfällig, verfehlte absichtlich mehrmals den Meißel oder hielt stöhnend inne, als ob ihm schwindlig wäre. Hätte Charlie nicht seinen siebten Sinn, der ihm sagte, dass es ihm keineswegs so schlecht ging, wie er vorgab (und wenn er nicht ab und zu das leise, spöttische Schnauben hören würde, nachdem sich einer der Wärter über seinen Zustand lustig gemacht hatte), hätte er die Scharade sofort geglaubt.

Es war kaum zu glauben, doch tatsächlich waren die folgenden Tage die Allerschönsten, die Charlie je erlebt hatte.
Jede Nacht schlich er sich zu Marco und blieb stundenlang bei ihm, bis ihre Erschöpfung übermächtig wurde und sie notgedrungen schlafen gehen mussten. Doch bis dahin redeten sie endlos über alles Mögliche oder – was ihm am meisten gefiel – sie blödelten leise herum. Dann warfen sie sich freche Sprüche und kreative Beleidigungen um die Ohren (Charlie wurde langsam besser darin und entdeckte zu seiner Freude eine gewisse Schlagfertigkeit an sich) und provozierten einander, bis sich einer auf den anderen stürzte. Zum Glück hatte Marco die Idee gehabt, seine Ketten nachts in Kleidung und Decken zu wickelt, damit sie nicht bei jeder Bewegung laut klirrten.
Zum ersten Mal in seinem Leben war Charlie annähernd glücklich. Annähernd, weil sein Freund sich zunehmend Sorgen um seine entführten Brüder machte – und auch um sich selbst, weil er von seiner Crew nichts hörte oder sah. Zwar hatte der Jüngere versucht, sich unauffällig umzuhören, doch es drangen keinerlei Gerüchte über Vogelfreie, Ausbrüche oder Angriffe an seine scharfen Ohren... was Marco doch etwas enttäuschte.

Acht Tage später bahnte sich jedoch die Katastrophe an.
Wie üblich saßen die beiden Jungen an ihren Plätzen in der Mine, als...
„Mittagspause, ihr Kröten! Kommt Essen fassen!", schnarrte die Stimme des Oberaufsehers durch den Raum, der bis dato offenbar geschwiegen hatte - und Charlie entglitten die Gesichtszüge. Oh nein.
Doch nicht ER!
Oh bitte, bitte nicht!
Doch schon vernahm er leise, demütige Schritte, die die Kammer betraten... und hörte Marco mit den Zähnen knirschen, als der Oberaufseher seiner jungen Gattin wie üblich obszön auf den Hintern schlug und ihr befahl, an der Wand zu warten bis er fertig gegessen hatte. Ihm blieb jedoch vorerst nichts anderes übrig, als sich wie üblich schweigend an der Essensausgabe anzustellen und fieberhaft zu überlegen, wie er seinen Freund warnen sollte.

Marco spürte seine Unruhe offensichtlich, denn als sie in der Schlange standen, legte er ihm kurz besorgt die Hand auf den Rücken. Bemüht atmete er durch und schaffte es, zumindest oberflächlich ruhig zu bleiben, bis er wieder auf seinem Platz saß. Doch sobald er sein Brot in die Suppe gelegt hatte, tastete er nach Marcos Hand und drückte sie fest.
„Was ist?", hauchte er besorgt, denn sprechen war ja verboten. Zum Glück redeten die Aufseher relativ laut miteinander und die anderen Jungen kümmerten sich ohnehin nicht um sie.
„Du musst gleich die Nerven behalten! Bitte Marco... was auch immer in den nächsten Minuten passiert... du – musst – ruhig – bleiben! Bitte! Sonst... sonst sind wir BEIDE erledigt!", flehte Charlie so inbrünstig, wie es im kaum hörbaren Flüsterton möglich war. Denn eins war sicher: sollte Marco die Fassung verlieren, würde er alles daransetzen, ihm zu helfen – auch wenn sie keine Chance hatten. Aber er könnte es sich nie verzeihen, wenn er ihn im Stich lassen würde! Sein Freund atmete geräuschvoll aus.
„Okay...?", murmelte er unruhig und nahm heimlich das aufgeweichte Brot entgegen.

Ohne Appetit schob Charlie sich ein paar Happen in den Mund und betete zum ersten Mal seit Ewigkeiten tatsächlich zu allen ihm bekannten und unbekannten Göttern, dass alles gut ging.
„Ah, das war verdammt gut gekocht, Weib! Komm her und zeig uns, was du noch gut kannst!", erklang schließlich wie erwartet die Stimme des Oberaufsehers und ließ ihn zusammenzucken.
Marco neben ihm erstarrte.
Erneut griff der Jüngere nach seiner Hand und hielt sie fest.
„Bitte, Marco... du kannst nichts tun!", wisperte er beschwörend, doch einen Moment später, als das Geräusch einer Gürtelschnalle auf dem Boden erklang und von dem Wärter ein vorfreudiges „Komm schon, setz dich auf meinen Schoß!" ertönte, wusste Charlie, dass sie verloren waren. Mit einem Ruck spannte sich Marco an und ballte seine Hand zur Faust. Die Wut, die in ihm hochkochte, war fast körperlich greifbar – und nur einen Sekundenbruchteil später war er auf den Beinen.

„HÖR AUF DAMIT! WAS SEID IHR FÜR KRANKE BASTARDE?! SO BEHANDELT MAN KEINEN DOCH MENSCHEN!", brüllte er völlig außer sich. Tödliche Stille breitete sich in der Kammer aus und Charlie strengte seinen siebten Sinn an, um die Reaktionen der Aufseher im Blick zu behalten.
„Wie war das grade?", fragte einer von ihnen knurrend, wurde jedoch vom Oberaufseher unterbrochen, der eine geradezu bösartige Belustigung ausstrahlte.
„Nein, Orvan... lass ihn doch. Was meinst du, kleine Kröte? Ich soll... das hier nicht machen?" Ein erschrockenes Keuchen der Frau war zu hören, dicht gefolgt von einem dumpfen Poltern, das klang, als wäre sie grob bäuchlings auf den Tisch gedrückt worden. Nur einen Augenblick später stöhnte der Aufseher provozieren genüsslich auf – und von den rhythmisch klatschenden Geräuschen wurde Charlie schlecht. Das würde Marco nicht mit ansehen können, so gut kannte er seinen Freund nun doch. Mit grimmig zusammengebissenen Zähnen rappelte er sich auf, um ihm irgendwie beizustehen.

Doch er stand noch nicht einmal richtig, als... Marco herumwirbelte und ihm unvermittelt einen derben Schlag knapp unterhalb des Brustbeins verpasste, der ihn augenblicklich auf den harten Steinboden schickte. Heißer Schmerz zuckte durch seinen ganzen Körper und raubte ihm die Luft zum Atmen, sodass er wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft schnappte. Was auch immer er da für einen Punkt getroffen hatte... er hatte es bewusst getan, um ihn auszuschalten. Hilflos musste er mitanhören, wie sein Freund wutentbrannt nach vorn stürmte, doch wie erwartet kam er nicht weit. Die anderen beiden Wärter schnappten ihn, bevor er auch nur in die Nähe des Oberaufsehers kommen konnte, der sich in seinem schändlichen Tun keineswegs stören ließ. Zwei dumpfe Schläge erklangen, dicht gefolgt von einem gepeinigten Ächzen.
„Haltet ihn gut fest. Kopf hoch, Kröte! Jetzt sieh genau zu, wie Weiber behandelt werden müssen!" Genussvoll keuchend erhöhte er sein Tempo und beendete seine Provokation mit einem tief befriedigten Laut, der Marco trotz Schmerzen zur Weißglut trieb.

„Ihr seid lausige, feige Würstchen... die sich gern an Schwächeren vergehen, yoi? Mit einer richtigen Frau... könntet ihr doch gar nicht umgehen, ihr Schlappschwänze... die würde euch nämlich... lachend die Eier abreißen!", stieß er schwer atmend hervor und Charlie versuchte verzweifelt, wieder Luft in seine Lungen zu bekommen, um ihm zu helfen. Aber Marco hatte eindeutig gewusst, was er tat. Mehr als sich nutzlos am Boden zu krümmen, blieb ihm nicht.
Der Oberaufseher hatte sich inzwischen in aller Ruhe wieder angezogen und kam nun langsam auf den Gefangenen zu.
„Ist das so? Mein Kollege hat mir schon von deinem frechen Maul erzählt. Nun, es wird mir ein Vergnügen sein, es dir zu stopfen. Denn mit einem hast du recht: ich vergehe mich tatsächlich gern an Schwächeren!"

Die folgenden Geräusche verfolgten Charlie noch lang.
Hilflos musste er mitanhören, wie auf Marco eingeprügelt wurde. Immer und immer wieder prasselten dumpfe Hiebe auf seinen Körper, bis es sich mit dem feuchten Aufspritzen von Blut vermischte und der metallische Geruch sich in der ganzen Kammer ausbreitete. Heiße Tränen flossen dem Jüngeren über die Wangen, während er sich endlich langsam auf die Knie kämpfen konnte. Doch es war viel zu spät.
„Das sollte reichen. Schafft den Haufen Scheiße in sein Zelt; mal sehen, ob seine große Klappe die Nacht übersteht", schnaufte der Oberaufseher in diesem Moment und schlug gegen den Gong. „Und der Rest von euch arbeitet weiter! Na los, macht schon!"
Mechanisch und mit tauben Gliedern griff Charlie nach seinen Werkzeugen. Er spürte Marco nicht mehr... er hörte bloß noch, wie etwas grob nach draußen geschleift wurde.
Der Geruch nach Blut blieb.

Oh bitte sei nicht tot! Bitte, bitte... bitte sei nicht tot..., flehte er stumm in Gedanken und schlug hart auf den Meißel, um sein Schluchzen zu übertönen. Marco durfte nicht tot sein! Sie hatten sich doch versprochen, hier rauszukommen! Sie würden einander helfen und dann gemeinsam fliehen.
Bitte halt durch... ich komme, so schnell ich kann! Ich helf dir... wir schaffen das! Aber bitte halt durch... bitte, sei nicht tot... BITTE!
Mit hart zusammengebissenen Zähnen kämpfte Charlie seine Tränen zurück. Die halfen niemandem etwas, am wenigsten Marco. Marco, der ihn niedergeschlagen hatte, um ihn zu schützen.
Sein Freund.
Ein echter Freund, dem er wichtig war.
Ping, ping, ping...
Das Geräusch war nahezu unerträglich, doch er machte grimmig weiter und zerschlug Stein um Stein. Er würde nicht zulassen, dass Marco starb. Nicht hier. Nicht heute. Nicht durch die Hände dieser Dreckskerle. Nur noch ein paar Stunden, dann wäre er bei ihm.
Ping, ping, ping...

„Halt durch, Marco!"

° ~ ° ~ ° ~ ° ~ ° ~ ° ~ °

Die Zeit zog sich unerträglich zäh dahin. Es machte Charlie beinahe wahnsinnig, hier ausharren zu müssen, ohne zu wissen, wie es Marco ging. Als sie endlich entlassen wurden, hatte er Mühe, sich dem üblichen, müden Trott der anderen anzupassen und unauffällig zu bleiben. Erst, als sie das Lager erreicht hatten, wurde es leichter für ihn – denn jetzt konnte er immerhin schon mal Vorbereitungen treffen. Nachdem er all seine mageren Ersparnisse geholt hatte, ging er auf den Markt und kaufte davon eine kleine Phiole mit starkem Schmerzmittel, eine große Tüte voll getrockneter Datteln und einen ganzen Laib Brot. Falls Marco in der Lage war zu essen, würde ihn das vielleicht stärken... hoffte er zumindest. Danach marschierte er mehrmals zum Brunnen und füllte sämtliche Gefäße mit Wasser, die er in diesem Moment nicht für Vorräte brauchte. Zuletzt zerschnitt er in seinem Zelt sein ältestes Leinenhemd in Streifen und warf sie in einen der Behälter, damit sie seinem Freund hoffentlich gleich kühle Linderung verschaffen konnten.

Dabei begleitete ihn jedoch stets das Gefühl bohrender Angst.

Er hatte so eine wahnsinnige Angst um Marco!!
Die Erinnerung an das Geräusch der Schläge, die er kassiert hatte, trieb Übelkeit in ihm hoch. Und dann der Blutgeruch... oh Götter, was, wenn er Marco nicht helfen konnte?! Was er hier an dürftiger Hilfe vorbereitet hatte, war im Grunde lachhaft... wenn er ernsthaft verletzt war, war er verloren. Ein Schluchzen kam aus seiner Kehle und er wischte sich fahrig unter dem Tuch über die Augen. Er durfte ihn nicht verlieren... nicht auch noch Marco... nicht so!! Mehr auf der instinktiven Suche nach Trost kroch er zu seinem Lager und grub die kleine Kiste aus. Schwer atmend zog er seinen Schatz hervor und presste ihn an sich.
Ein letzter, verzweifelte Gedanke kroch in ihm hoch.
Und wenn... wenn die Legenden über dieses Ding doch stimmten? Was, wenn seine Mutter recht gehabt hatte? Ob... ob sein Schatz ihm vielleicht helfen konnte? Oh man, auch wenn allein der Gedanke schmerzte, sein einziges Erinnerungsstück herzugeben... aber noch viel, viel, VIEL schlimmer war der Gedanke, Marco zu verlieren.
Entschlossen steckte er seinen Schatz zu den Datteln und der Phiole mit dem Schmerzmittel. Vielleicht war es ja gar nicht so schlimm, wie er befürchtete... aber wenn doch, würde er nichts unversucht lassen!! Auch wenn er im Grunde nicht daran glaubte...

Unruhig auf seine Umgebung horchend wusch er sich wie üblich und zog sich um, ehe er rastlos in seinem Zelt auf und ab marschierte. Warum bloß verging die Zeit so langsam?!
Als endlich die letzte Präsenz in seiner Nähe verschwunden war, glich das einer Erlösung. Mit dem Wasser, den Lebensmitteln und der Medizin bewaffnet schlich er sich in Rekordgeschwindigkeit durch die Zeltreihen und schlüpfte vorsichtig unter der ihm inzwischen wohlvertrauten Zeltplane hindurch.
Bitte, sei am Leben! Bitte, bitte sei am Leben!
„Marco?", flüsterte er bang. Zu seiner gewaltigen Erleichterung hörte er schweren Atem nicht weit von ihm, doch eine Antwort bekam er nicht. Es roch intensiv nach Schweiß und Blut.
Höchst besorgt schob er sich zu seinem Freund und fühlte schon von Weitem die unnatürliche Hitze, die von ihm ausging, bevor er endlich auf die schweißbedeckte, glühende Haut seines Brustkorbes traf.

„Oh nein... tu mir das nicht an...", murmelte er entsetzt und tastete behutsam seinen Oberkörper ab. Er zuckte zusammen, als er eine offene Wunde bei den Rippen fand, sowie eine unnatürliche Mulde... mehrere Rippen mussten gebrochen sein. Mit wachsender Furcht glitten seine Finger höher – und ihm entkam ein unterdrücktes Schluchzen, während ihm augenblicklich die Tränen aus den Augen quollen. Marcos Gesicht fühlte sich überhaupt nicht mehr an wie sein Gesicht, so zerschlagen und geschwollen war es... und getrocknetes Blut verkrustete es großflächig. Sein Atem war unregelmäßig und schwer, und das Rasseln darin gefiel ihm überhaupt nicht.
Verdammt, es war schlimm... richtig, richtig schlimm! Wo sollte er denn da bloß anfangen? Mit zitternden Fingern holte Charlie das Schmerzmittel hervor und tröpfelte es ihm vorsichtig in den Mund, gefolgt von ein wenig Wasser, das er immerhin reflexartig schluckte. Dann fischte er die nassen Tücher aus dem Gefäß und legte sie auf seine fiebrige Stirn und auf die Rippen, um vielleicht wenigstens ein bisschen was Nützliches zu tun. Aber realistisch betrachtet... war das gar nichts.

„Charlie...?"

Mit einem erschrockenen Laut fuhr der Angesprochene zusammen und fasste sofort nach Marcos Hand. Er hatte nicht bemerkt, dass er aufgewacht war.
„He, Marco... du bist ja wach!", antwortete er erleichtert, was mit einem kaum hörbaren, spöttischen Schnauben quittiert wurde.
„So scheiße... wie... ich... mich fühle... wünschte ich... es wär nicht so, yoi?", stieß er angestrengt hervor und hustete gleich darauf, was ihm einen gepeinigten Schmerzlaut entlockte. „Scheiße..."
„Ja... so kann man das sagen. R-Red nicht so viel, okay? Ich helf dir, so gut ich kann, v-versprochen!", sprach Charlie hastig auf ihn ein und drückte mit zusammengeschnürter Kehle seine fieberheißen Finger. Er spürte seinen Blick auf sich liegen und hörte ihn trocken schlucken.
„Ich weiß... ich... hab Durst...", stöhnte er leise. Sofort fischte der Jüngere nach einem sauberen Tuch und drückte es langsam über Marcos Mund aus, damit er sich nicht verschluckte und wieder husten musste. Gierig schluckte er es runter, und Charlie tauchte den Stoff wieder und wieder ins Wasser, bis sein Patient erleichtert aufstöhnte und sich etwas entspannte.
„Geht es... etwas besser?", fragte er besorgt nach und wechselte gleich noch das Tuch auf seiner Stirn aus.
„Ein bisschen...", murmelte der Angesprochene und seufzte erschöpft. „Ich hab... wohl ziemlichen Mist gebaut, yoi? Aber... das war zu viel... ich konnte da nicht zuschauen! Du hättest... ihren Blick sehen sollen... aber... ich wollte nicht... dass du dich einmischst... tut mir echt leid für... den Schlag!"

Charlie stieß einen ungläubigen, fast schon hysterischen Laut aus.
„Echt jetzt? Du entschuldigst dich für den einen Schlag, den ich schon längst nicht mehr merke, während du mehr tot als lebendig vor mir liegst?" Sichtlich gequält streichelte er vorsichtig über Marcos Hand. „Du... du blöder Vogel musst dich für gar nichts entschuldigen. Ich hab vergessen, dich vorzuwarnen... ich hätte dich drauf vorbereiten müssen! Es ist alles meine Schuld... es tut mir so leid, ehrlich..."
Marco ächzte protestierend.
„Halt die Klappe... Schokolöckchen! Das hätte... einen Scheiß gebracht. Da hätte ich... niemals... einfach so... schweigend zuschauen können!", widersprach er grimmig und schaffte es sogar, schwächlich gegen Charlies Bein zu boxen, was ihm ein schmerzliches Lächeln entlockte.
„Das machts nicht besser... ich... ich weiß einfach nicht, was ich jetzt tun soll! Ich hab solche Angst!", flüsterte er gequält und wischte sich über die schon wieder tränennassen Augen.

Marco sah es und seufzte tief.
„Ich... hab ein bisschen Hunger...", antwortete er schließlich bemüht locker, vermutlich mehr, um seinem Freund das Gefühl zu geben, eben doch etwas tun zu können als aus wirklichem Appetit. Aber Charlie war ihm trotzdem dankbar dafür. So verdammt machtlos zu sein... seinem besten Freund nicht helfen zu können... das war eine einzige Qual für ihn.
„Ich... ich hab was zu essen dabei. Kannst du... denn überhaupt kauen?" Besorgt holte er seine Mitbringsel hervor, während der junge Pirat überlegte.
„Hm. Ein bisschen... wird gehen. Immerhin ist... mein Kiefer nicht gebrochen", murrte er ironisch und ächzte leise. „Was... hast du mitgebracht?"
„Hauptsächlich getrocknete Datteln und Brot, die ist allerdings alles ein bisschen zäh... ich könnte es aber in Wasser einweichen, damit du es besser schlucken kannst. Oder..." Er stockte kurz, als seine Hände über seinen Schatz glitten. Doch er zögerte nicht lang. Marco war schwer verletzt, das wusste er. Und einen Arzt würde niemand für ihn holen... es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als sich an den allerletzten Strohhalm zu klammern, egal wie dumm oder kindisch es war. Also holte er tief Luft. „...oder wir versuchen mal diese Frucht. Ich... ich kann dir allerdings nicht sagen, was das überhaupt ist und ob man sie essen kann...", erwiderte Charlie leise, was seinen Freund leise glucksen ließ.
„Du willst... mir was andrehen... was du selber nicht kennst? Hast du sie... gekauft?", wollte er mühsam wissen, doch sein Freund schüttelte langsam den Kopf.

„Nein. Ich... hab sie schon sehr lang... weißt du... sie gehörte meiner Mutter. Es ist alles, was ich noch von ihr habe... und... ich weiß, es ist albern, aber... sie hat immer dran geglaubt, dass sie besondere Kräfte hat...", berichtete er wahrheitsgemäß – und spürte, wie Marco bei seinen Worten aufhorchte.
„Kräfte...? Warte... zeig sie mir bitte mal!", verlangte er plötzlich mit neuer Energie. Überrascht tat Charlie wie geheißen und legte die Frucht in seine Hand. Mit einem angestrengten Laut hob er sie sich vors Gesicht – und sog einen Augenblick später scharf die Luft ein.
„Scheiße, Charlie... weißt du, was... du da hast?!", stieß er so fassungslos aus, dass der Angesprochene zusammenzuckte. Er wusste etwas über dieses Ding?! Damit hatte er nun gar nicht gerechnet.
„Ähm... nein...? Was ist es denn?"

Aufstieg der Whitebeardpiraten - Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt