8 - Pfeilspitzen aus Kristall

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"Was zum Henker...?", kam es flüsternd aus Sir Kardivans Richtung, der meinem Blick offentsichtlich gefolgt sein musste.

Selbst Leronel war verstummt, stattdessen tastete sich seine Hand langsam nach dem Griff seines Schwertes.

Und in diesem Moment wäre ich nur zu gerne in meiner Kampfausrüstung gewesen - aber nein. Ich stand mit meinem vornehmen Mantel, diesem tadellosen Umhang und in meinem Kleid völlig ohne jegliche Bewaffnung irgendetwas gegenüber, was unsere halbe Mannschaft verschwinden lassen hat.

Mein Mund war mit einem Mal ganz trocken und ein Kloß setzte sich in meinem Hals fest.

Niemand von uns rührte sich auch nur ein Bisschen. Wir schienen mit der Landschaft um uns herum eingefroren zu sein, während wir mit unseren Augen langsam die Gegend abscannten, die sich nur aus Schnee und Tannen zusammensetzte.

Ich war visierte schon ein zweites Mal den Wegesrand links von uns ab, als mir ein Schatten zwischen den Tannen auffiel. Ein Schatten, der nicht von einer Tanne stammen konnte.

Die kleine Flamme, sich in in den an der Kutsche befestigten Laternen befand, flackerte zweimal kurz, bis sie mit den anderen Lichtern gänzlich erlosch.

Der weiße Schnee war zwar reflektierend genug, doch unsere Sehfähigkeit war deutlich eingeschränkt.

Mein Herz schlug mir nun bis zum Hals.

Was ging hier vor sich?

Und scheisse nochmal, wir würden uns nicht in dieser Lage befinden, wenn Leronel nicht so dickköpfig gewesen wäre. Meine Nackenhaare stellten sich auf, als ein Knacken rechts von uns erklang und ein weiteres Knacken links von dort kam, wo ich den merkwürdigen Schatten gerade eben gesichtet hatte.

Eines der Kutschpferde bäumte sich zeitgleich wiehernd auf, als eine Gestalt wie ein Pfeil auf den Kutscher zuschoss, ihn mit sich riss und wieder im Wald versschwand.

Der Schrei blieb uns allen im Hals stecken, selbst der Kutscher hatte keinen Mucks von sich gegeben.

Als wir endlich realisiert hatten, was da gerade eben vor unseren Augen passiert ist, sind kostbare Sekunden vergangen.

Kostbare Sekunden, als nun zwei Schatten geräuschevoll auf dem Dach der Kutsche landeten, die Kapuzen tief in das Gesicht gezogen und ihre verhüllten Gesichter unweigerlich auf uns gerichtet.

Hinter uns hörte ich ebenfalls einen dumpfen Aufprall und es stellte sich heraus, dass auch dort zwei schattenhafte, verhüllte Gestalten sich uns in den Weg gestellt hatten.

Mir wurde übel.

Irgendwas schien auch an ihnen übernatürlich - ich meine, sie hatten sich fast geräuschelos bewegt und die andere Gestalt ist fliegend auf den Kutscher gestürmt. Was ging bitte in diesem Königreich vor sich?

Wieder regte sich niemand von uns, jeder einzelne wartete mit gespannter Haut darauf, was als nächstes kommen würde. Einige verbliebene Wächter hatten ihre Hände am Schwertgriff, andere ihren Bogen in der Hand, bereits einen Pfeil eingelegt.

Noch waren wir in der klaren Überzahl, doch wie lange würde das so bleiben?

Ich konnte nicht lange darüber rätseln, als sich eine der Gestalten bewegte - und damit unser Startschuss fiel. Sir Kardivan brüllte Befehle, die ich nur mit dem halben Ohr mitbekam, denn von einer Sekunde auf der anderen befand ich mich in meinem Tunnel.

In dem dunklen Tunnel, den ich für bedrohliche Situationen antrainiert bekommen habe. Ich fasste in den Schlitz meines Kleides, wirbelte zu der Kutsche und den anderen beiden Gestalten herum, zog einen der Dolche unter meinem Unterkleid hervor und warf ihn zielsicher auf die linke Gestalt auf dem Kutschdach.

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