18 - Isolde

261 41 1
                                    

Gerade, als diese Ruhe meiner fast schon selbstsicheren Stimmung drohte zu kippen und ich unter Junis' Blick immer kleiner wurde, erklang eine helle, wunderschöne und melodische Stimme.

"Ach - da ist sie ja endlich."

Verwundert suchte ich den Raum nach der Stimme ab - und erspähte dann eine große, schlanke Frau, die mit einer unglaublichen Eleganz durch den Saal schritt und die Holztafel beinahe schon schwebend umrundete, um auf mich zuzukommen.

Offensichtlich schien sie aus einem Seiteneingang hereingekommen zu sein - warum hatte Sir Gilian den nicht auch für mich erwählt?

Schwarze hüftlange wellige Haare schwangen in mein Sichtfeld und da stand sie vor mir. Der Duft nach Rosen schwang zu mir herüber, er tränkte regelrecht meine Atemluft. Ihre Augen nahmen mich fest ins Visier - die Iris hatte eine kräftige, tiefblaue Farbe. So tiefblau wie das Meer in der Dämmerung, die Pupillen schwarz.

Sie hatte normale Augen - so wie ich.

Auch wenn das nun neue Frragen aufwarf... Es war auf eine Art beruhigend wie ich es nie gedacht hätte.

Anscheinend haben mich die Stunden, die ich bereits in diesem Reich zugebracht hatte, unruhiger gemacht als ich gedacht hatte.

Ich konzentrierte mich weiter auf die Frau vor mir.

Sie war genauso groß wie ich - wenn nicht sogar ein paar Zentimeter größer. Ihre Schultern waren frei, ihre Haut leicht gebräunt. Das Kleid, das sie trug, musste maßgeschneidert sein. Es war in einem blassen Rosa gehalten und schwang sich perfekt um ihren zierlichen Körper, den sie mit Stolz präsentierte.

 Ohne, dass sie sich mir weiter vorstellen musste, tippte ich stark darauf, dass das Isolde sein musste.

Die Person, dessen Name Auris und Junis gestern noch erwähnt hatten.

Sie verzog ihre schwungvollen rosigen Lippen zu einem breiten Grinsen, nachdem sie mich mindestens genauso kritisch abgescannt hatte wie ich sie. "Herrlich", murmelte sie mit einem Mal, wirkte ganz entzückt von dem, was auch immer sie gerade an mir entdeckt hatte. Sie wandte sich dann mit Schwung zur Holztafel um und brachte mit dieser Bewegung ihr Kleid beeindruckend zum Bauschen. "Diese Lady bringt endlich mal Stimmung in diese langweilige Bude."

Mit diesem Kommentar brachte sie so einige zum Lachen und diese Spannung, die sich gerade noch in dem Raum festgehalten hatte, fiel mit einem Mal sonderbarerweise zusammen, entlastete meinen Brustkorb, der bis gerade eben noch eingefroren war.

Sie schien hier wohl auch ein großes Mitsprachrecht zu besitzen, wenn ihre Laune die Stimmung im Raum ausmachte.

Das verhieß in der Regel nichts Gutes.

Ich holte tief Luft und verhakte mich mit Junis' steinernden Blick. Er stellte zwar ein Lächeln auf den Lippen zur Schau, doch es erreichte wieder Mal nicht seine Augen. Augen, die genauestens jede meiner Regungen und meinem Mienenspiel folgten.

"Niemand traut Euch hier - und Ihr solltet Euch hüten, auch nur eine Sekunde jemanden von uns zu vertrauen."

Ich musste schlucken, mein Hals fühlte sich erneut etwas enger an, als ich nun vollständig realisierte, dass ich hier in diesem fremden Reich ganz auf mich allein gestellt war.

Niemand würde mir in der Not helfen.

Niemand war da, der mir den Rücken decken konnte.

Da war nur... ich.

Oh man, meine Lage war wirklich nicht das Gelbe vom Ei - ich musste anfangen, mir erneut die positiven Sachen vor Augen zu ziehen. Auch wenn es nur die kleinsten Dingen waren wie jetzt genau in diesem Augenblick, als die anderen im Saal Anwesenden sich wieder ihrem Essen widmeten.

Fallen KingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt