1. Kapitel (2008)

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„Und denk dran Kai: Zügel kurzhalten. Gib ihm nicht mehr als er braucht, sonst kannst du ihn nicht kontrollieren und er bricht dir im Galopp aus."

Ich nickte bloß bei der Anweisung meines Vaters. Innerlich zitterte ich, es war meine erste Springstunde. Ich würde über einen E-Parcours springen mit Blood Power, einem ehemaligen Champion, der jedoch in Rente war und nur noch mein Trainigspferd war. Blood Power war ein pechschwarzer Hengst und der frühere Stolz meines Vaters, zumindest für Anfänger. Er war ein Deutsches Reitpony und selbst meine Schwester hatte auf ihm reiten gelernt.

Ich ritt also an, hielt die Zügel kurz und trieb ihn an, immer schneller zu werden. Dann sprang er, auf mein Signal hin, ab und landete auf der anderen Seite. Blood Power hatte die Stange nur so überflogen und ich spürte ein Glücksgefühl. Doch mein Vater war nicht zufrieden. „Mehr treiben, versammle ihn vor dem Sprung mehr, er läuft nicht perfekt. Nimm die Zügel kürzer! Du hast doch gar keine richtige Verbindung zum Maul!"

Und so verflog mein Glücksgefühl wieder. Die Tränen stiegen mir ins Gesicht. Ich war doch nur ein 5-jähriger Junge, der Spaß am Reiten haben wollte. Mein Vater sah es und forderte mich auf anzuhalten. Ich tat es, ohne Hintergedanken. Ein Fehler, gewaltiger Fehler. Er schrie mich an: „Hör auf rumzuheulen! Du wolltest doch immer groß rauskommen und erfolgreich werden, also reiß dich zusammen und Wein nicht!" Ich schluchzte und sah meinem Vater in die Augen. „Aber... ich will..., dass doch gar...", ich stockte und zuckte zusammen als er mich mit der Peitsche an der Wange traf.

„Du machst das, was ich dir sage, verstanden?! Und jetzt nochmal, aber dieses Mal richtig." Fauchte er wütend. Ich war total unter Schock, konnte mich nicht rühren. Mein Vater wurde immer rasender und nach dem 5 Schlag erwachte ich erst. Meine Wange blutete bereits und Blut lief mir herunter. Mich interessierte es jedoch wenig und ich ritt wieder an.

Das Training wurde lang und ich fiel am Ende vom Pferd, weil ich so erledigt war. Das interessierte meinen Vater nicht, er verließ den Platz und überließ mich mir selbst. Da wurde mir bewusst, dass es vorbei mit dem Spaß am Reiten. Von da an musste ich jeden Tag mehrere Stunden trainieren, auf den unterschiedlichsten Pferde.

Mit 7 Jahren ritt ich bereits M** und auf Turnieren war ich auch schon aktiv, wenn auch nur in kleineren Wettbewerben für meine Altersklasse. Mein erstes Turnier ritt ich mit 6 Jahren auf einen meiner Pferde. Ich habe keine Ahnung mehr auf welchem ich ritt. Jeden Tag ritt ich ein anderes, angeblich um mich auf jedes Pferd einstellen zu können. Bei Olympia würde es genauso sein und nur darum ging es. Mein ganzes Leben hatte ein Ziel: Olympia und alle großen anderen Titel gewinnen und das als jüngster. Besonders meine Mutter pushte mich ungemein in diese Richtung.

Sie trainierte mich auch als ich anfing M zu reiten und wenn ihr dachtet, dass Training meiner Mutter wäre, besser, dass war es nicht. Ihr wollt einen Einblick?

Mit Vergnügen. Doch zuerst etwas anderes.

Kai der SpringreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt