2. Kapitel (2012-13)

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Die Sonne brach über den Horizont, als ich mich auf den Weg zum Stall machte. Der Duft von frischem Heu und Pferdehaar umgab mich, als ich Summer Jumper aus ihrem Stall führte. Die kleine Stute schien meine Aufregung zu teilen, als wir uns auf den Weg zum Reitplatz machten. Die Verbindung zwischen uns war inzwischen tief, aber die Spannungen in der Luft waren unübersehbar, denn meine Eltern hatten klare Vorstellungen, wie das Training von Summer Jumper auszusehen hatte.

Ich begann damit, Summer Jumper freilaufen zu lassen, ein wenig Freispringen, um ihre natürlichen Sprungfähigkeiten zu fördern. Die kleinen Hindernisse waren für sie ein Kinderspiel, und ich konnte die Energie spüren, die sie in die Sprünge legte. Doch das Freispringen war nicht nach dem Geschmack meiner Eltern, die auf eine strukturierte, nach ihrer Meinung „effizientere" Herangehensweise drängten.

Als nächstes kam das Longieren, eine Übung, bei der Summer Jumper in einem Kreis geführt wurde, um ihre Muskulatur zu stärken und ihre Balance zu verbessern. Es war eine notwendige Ergänzung, um sie physisch fit zu machen, aber meine Eltern waren ungeduldig. Ihr Wunsch, Summer Jumper schnellstmöglich in den Spitzenspringsport zu bringen, stand im Konflikt mit meiner behutsamen, auf Vertrauen basierenden Methode.

Das Freispringen und Longieren waren die Eckpfeiler unseres Trainings, und ich vermied bewusst ausgiebige Dressurarbeit, da ich selbst wenig für diese Disziplin übrighatte. Wie alle in meiner Familie verachtete man die Dressur und nutzte sie nur für das nötigste und für das Image, nichts war wichtiger als das.

Der eigentliche Konflikt entstand jedoch beim Anreiten von Summer Jumper. Während ich behutsam die Grundlagen legen wollte, drängten meine Eltern auf eine schnellere Herangehensweise. Der Ärger entlud sich in hitzigen Diskussionen, und meine Eltern, besessen von ihrem Wunsch nach sofortigem Erfolg, schlugen vor, das Training von Summer Jumper zu übernehmen.

Die Kontrolle über das Training wurde mir entzogen, und meine Eltern setzten ihre Methode durch. Summer Jumper wurde intensiveren Übungen ausgesetzt, und die Freiheiten, die ich ihr gewährt hatte, schienen verloren zu gehen. Die Spannungen auf dem Gestüt wuchsen, und ich stand vor der Herausforderung, meine Leidenschaft für Summer Jumper zu verteidigen und gleichzeitig den Frieden in meiner Familie zu bewahren.

Trotz des Konflikts und der Spannungen blieb ich hartnäckig in meiner Überzeugung, dass die Beziehung zu Summer Jumper auf Vertrauen und Respekt aufgebaut werden sollte. Während meine Eltern sich in ihrem Drang nach schnellem Erfolg vertieften, versuchte ich, einen Mittelweg zu finden, um die Harmonie zwischen uns und Summer Jumper nicht zu verlieren.

In den stillen Stunden im Stall verbrachte ich Zeit damit, die Stute zu beruhigen und ihr Vertrauen zurückzugewinnen. Wir machten kleine Schritte, kehrten zu den Grundlagen zurück, die wir gemeinsam aufgebaut hatten. Das Longieren wurde zu einem regelmäßigen Ritual, bei dem wir uns auf die Harmonie zwischen uns konzentrierten. Freispringen, freie Bewegung und Ausritte waren unsere Zufluchtsorte vor der ständigen Anspannung des Trainingsplatzes. Es war meine Art zu zeigen, dass Erfolg nicht nur durch Geschwindigkeit und Intensität gemessen wird, sondern auch durch die tiefe Verbindung zwischen Reiter und Pferd.

Mit der Zeit begann Summer Jumper sich zu entspannen. Ihr Blick wurde wieder neugierig, und ihre Schritte wurden leichter. Trotz der anfänglichen Herausforderungen schienen wir uns wieder zu finden, und die gemeinsamen Stunden waren geprägt von Freude und Verständnis. Es war ein stetiger Weg des Lernens für uns beide, und ich konnte spüren, dass Summer Jumper sich in unserer entspannten und vertrauensvollen Atmosphäre wohl fühlte.

Kai der SpringreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt