VI. Spionage

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POV Jake

Über Ilkas Handy konnte ich sehen, dass sie direkt zu Richys Haus fuhren. Ich machte mich jetzt auch los dahin. Unterwegs kam eine Nachricht rein.

Matze: Bist du bei ihr?

Jake: Wie kommst du darauf?

Warum fragte er mich das?

Matze: Sie fühlt sich beobachtet und ich will wissen, ob du es bist oder ein anderes krankes Schwein.

Ich habe den Chat mitgelesen. Sie hat nichts davon erwähnt.

Jake: Ich bin es.

Matze: Pass auf sie auf.

Matze ist offline.

Verdammt, sie hatte mich also bemerkt. Ich musste vorsichtiger sein. Mein Gefühl bei der ganzen Sache wurde aber immer schlechter. Eigentlich wollte ich das absolut nicht machen, aber ich schaltete jetzt doch das Mikrofon von Ilkas Handy an.

Sie waren währenddessen bei dem Mechaniker angekommen und er zeigte ihr anscheinend sein Haus. Ich grummelte vor mich hin. Das passte mir alles absolut nicht. Als ich selbst bei ihm ankam, hörte ich über das Mikrofon, wie Ilka gerade in die Dusche stieg. Also erst einmal weg von dem Mechaniker. Das ist gut. Ich atmete tief durch und suchte mir eine dunkle Ecke, in der ich warten konnte.

Ich reagierte heute einfach total über. Das wusste ich selbst. Was war nur mit mir los?

Nach kurzer Zeit entschied ich, dass ich ihr doch mal schreiben sollte. Das letzte Gespräch verlief absolut nicht gut.

Jake: Bist du angekommen?

Ilka: Ja, bin ich. Richy hat mich vom Bahnhof abgeholt und wir sind jetzt bei ihm.

Jake: Was habt ihr noch vor?

Ich wusste ja wirklich nicht, was sie jetzt geplant hatten. Später wollten sie ja anscheinend in diese Bar gehen.

Ilka: Richy führt mich gleich zum Essen aus und danach treffen wir uns mit den anderen in der Aurora.

Das traf mich wirklich hart. Fand sie den Mechaniker etwa interessant? Habe ich unsere Gespräche so missverstanden? Ich ging ohne ein weiteres Wort offline. Erneut atmete ich einmal tief durch und zündete mir eine Zigarette an. Ich durfte jetzt nicht durchdrehen. Natürlich mussten die beiden was essen und natürlich lud Richy sie zum Essen ein. Ich würde es ja genauso machen. Das war was total normales und musste überhaupt keine Bedeutung haben. Wenigstens für Ilka nicht. Bei dem Mechaniker war ich mir da nicht so sicher.

Von ihr kam noch eine Nachricht.

Ilka: Jake??? Ernsthaft?

Ich weiß doch selbst, wie albern das von mir war.

Über das Mikrofon an Ilkas Handy hörte ich jetzt Bewegung. Sie verließ anscheinend das Badezimmer.

"Hey, ich bin fertig. Wir können los." Hörte ich sie sagen. Danach war nichts mehr zu hören. Keine Antwort von Richy. Nur Schritte, die näher kamen. Was war da los? Ich war sofort in Alarmbereitschaft. Es war still. Zu still.

Erneut hörte ich Bewegungen und dann ein "Richy... nein." Was Nein? Was?? Was geschieht gerade in dem Haus? Noch ein deutliches "Nein" kam von Ilka. Ich war kurz davor, das Haus zu stürmen. Irgendwas passierte dort gerade, was Ilka nicht wollte.

"Entschuldige, Ilka. Ich weiß nicht was gerade mit mir los war. Das wollte ich nicht. Du siehst nur so gut aus und ich weiß auch nicht, was da gerade in mich gefahren ist.", stotterte Richy dann.

Was hat der Mistkerl gemacht? Hatte er sie bedrängt oder sogar gegen ihren Willen geküsst? Den Rest des Gesprächs bekam ich kaum mit. In meinem Kopf liefen so viele Szenarien ab. Ich musste mich zurückhalten, um nicht sofort los zu rennen und den Kerl gegen die nächste Wand zu klatschen. Was fiel ihm überhaupt ein? Weiter kam ich nicht mit meinen wirren Gedanken, da sie gerade zusammen das Haus verliesen.

Und da war sie wieder. In ihrem dunkelroten Kleid und der offenen Lederjacke sah sie einfach verdammt gut aus und mein Herz machte erneut ein paar Hüpfer.

Sie gingen Richtung Stadt und ich verfolgte sie, hoffentlich, unauffällig. Diesmal versuchte Richy kein Körperkontakt zu Ilka zu suchen. Er lief sogar mit einem eindeutigen Abstand neben ihr und lies die Schultern ein wenig hängen. Sie unterhielten sich über Nichtigkeiten. Dabei holte Ilka ihr Handy raus. Ob sie Matze nochmal schreiben will? Nein, mein eigenes Handy fing an zu vibrieren. Den Ton hatte ich vorsichtshalber ausgemacht.

Ilka: Jake, wir laufen gerade zum Black Swan. Ich fühle mich beobachtet. Vorhin am Bahnhof auch schon.

Mich überraschte es, das sie es mir so offen sagt. Warum hatte Matze ihr nicht schon Entwarnung gegeben?

Jake: Richy ist doch bei dir. Da kann dir doch gar nichts passieren.

Das konnte ich mir einfach nicht verkneifen. Mir passte es wirklich nicht, das sie bei ihm war. Wie gerne würde ich jetzt neben ihr laufen..

Ilka: Dann halt nicht.

Oh man, so war das doch gar nicht gemeint. Ich sah, das sie ihre freie Hand zur Faust zusammen machte. Anscheinend brachte ich sie gerade auf die Palme. Trotzdem war es ein ernstes Thema, was sie beschäftigt.

Jake: Entschuldige, ich werde schauen ob ich was verdächtiges finden kann.

Ja, mich selbst.

Ilka: Danke, Jake.

Jake: Ist sonst alles okay bei dir?

Ich hoffte, das sie mir erzählt, was vorhin geschehen war.

Ilka: Ich melde mich gleich wieder. Sind gerade im Black Swan angekommen.

Stimmt, ich sah mich hier draussen um. Es waren nicht viele Menschen unterwegs. Gegenüber vom Black Swan war ein Café, wo ich mich draussen an einem Tisch nieder lies. Ein Kaffee würde mir nicht schaden und von hier aus konnte ich alles sehen.

Ilka: Ja, alles okay.

Jake: Irgendwie glaube ich dir das nicht.

Ilka: Raste jetzt nicht aus.

Jake: Ilka???

Ilka: Richy, er.. Ich weiß auch nicht. Er kam mir vorhin ein wenig zu nah. Ich habe aber alles schon geklärt. Bleib bitte ruhig, Jake.

Was hatte er genau gemacht?? Herrje, das wird für den Mechaniker nicht gut ausgehen. Absolut nicht.

Ilka: Jake?

Jake: Hat er dich angefasst?

Ilka: Ja... Nein... ich hätte dir das nicht erzählen dürfen.

Ja? Nein? Ich ballte meine Fäuste und lies sie auf den Tisch krachen und fluchte laut. Die Kellnerin, die gerade zu mir kommen wollte, schaute mich verstört an und ging wieder hinein.

Jake: Du wirst nicht bei ihm übernachten.

Ilka: Doch, Jake. Wir haben das geklärt. Es ist alles in Ordnung. Ausserdem sind meine ganzen Sachen noch bei ihm. Es tut ihm auch echt leid.

Alles in Ordnung? Absolut gar nichts war in Ordnung. Bevor ich was unüberlegtes schrieb, ging ich lieber offline.

Es tat mir Leid, das ich ständig aus unseren Gesprächen flüchtete. Ich wusste aber nicht anders damit umzugehen.

Die Kellnerin kam sogar wieder zurück an meinen Tisch und ich konnte mir einen Kaffee bestellen.

Von meiner Position aus konnte ich sehen, das Ilka zurück zu ihren Tisch gekommen ist und nun in einem Gespräch mit Richy vertieft war. Ich steckte mir meine Kopfhörer aus den Ohren. Ilka hatte Recht, ein wenig Privatsphäre hatte sie verdient. Ich konnte sie ja immerhin auch sehen.

Duskwood - Schatten der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt