Duskwood - Schatten der Vergangenheit

XIV. Unterwegs.

Phil hat mich doch wirklich um halb Duskwood gehetzt. Anscheinend musste nicht nur ich meinen Kopf mal frei bekommen. Ihm ging es wohl ähnlich. Wir sind am Waldrand lang gelaufen. Die Strecke war wirklich schön, genau wie Duskwood selbst. Auch wenn ich bisher nicht viel schönes hier erlebt habe, fühle ich mich hier geborgen. Schon komisch, aber das hat auch viel mit den Menschen hier zu tun.

Richy tut mir so gut. Bei ihm kann ich einfach so sein wie ich bin. Auch vorher, als wir nur miteinander geschrieben haben, habe ich schon eine Verbindung zwischen uns gespürt. Nichtsdestotrotz wundert es mich wie intensiv sie nach so wenigen Tagen ist. Sogar bei Matze hat es lange gedauert, bis wir uns so nah standen, wie wir es jetzt sind. Vielleicht hat Richy ja recht mit seiner Theorie über Seelenverwandte.

Phil ist da ähnlich. Wir stehen uns zwar nicht so nah, aber zwischen uns ist etwas. Nichts sexuelles, sondern freundschaftlich. Am Freitag hat er mich anfänglich ständig angegraben, aber plötzlich war er ein ganz anderer Mensch. Als hätte sich ein Schalter bei ihm umgelegt. Ab dem Moment haben wir uns so unfassbar gut unterhalten. Hätte mir einer vorher gesagt, dass ich mich so gut mit ihm verstehen würde, hätte ich ihm das definitiv nicht geglaubt.

Jessy tut mir ehrlich gesagt ein wenig Leid. Sie hat sich das glaube alles ein wenig anders vorgestellt zwischen uns. Als wir nur miteinander geschrieben haben, haben wir uns wirklich sehr gut verstanden. Jetzt ist da irgendwie ein kleiner Abgrund zwischen uns. Ich mag sie, keine Frage, aber bei ihr wird es eine Zeit dauern, bis wir uns auch real so gut verstehen werden. Ich hoffe echt, dass sie das verstehen wird.

Thomas werde ich wohl erst einschätzen können, wenn Hannah wieder zurück ist. Er lässt sich nur von seinen Gefühlen leiten. Verständlich in so einer Situation.

Cleo ist da zwar ähnlich, aber ich kann mir jetzt schon sicher sein, dass es zwischen uns nie eine enge Freundschaft geben wird. Sie ist ein Mensch, der Grenzen überschreitet um das zu bekommen, was er will. Damit kann und will ich nicht umgehen.

Lilly ist in meinen Augen auch nicht sehr kompatibel als Freundin. Natürlich will sie ihre Schwester retten und sie ist noch recht jung. Da tut man die ein oder anderen dummen Dinge. Trotzdem merke ich, dass ich ihr nicht einfach verzeihen kann, dass sie meine Daten geleakt hat.

Dan, ja Dan. Ehrlich gesagt habe ich noch absolut keine Ahnung, wohin wir uns hinbewegen werden. Ich würde mir aber eine Freundschaft mit ihm wünschen. Er ist ein sehr ehrlicher Mensch und sagt was ihm auf der Zunge und auf dem Herzen liegt. Das schätze ich an ihm sehr.

Jake ist mir zwar immer noch in vielen Hinsichten ein Rätsel, aber ich kann nichts gegen meine Gefühle ihm gegenüber tun. Es ist wie es ist. Ich habe mich in ihn verliebt, ohne überhaupt etwas von ihm zu wissen. Jemanden kaum oder gar nicht zu kennen, ihn nicht richtig einschätzen zu können, ist in vielerlei Hinsichten schwierig. Sich aber trotzdem in ihn zu verlieben ist für mich immer noch unerklärbar.

Mittlerweile öffnet er sich mir gegenüber zwar langsam, aber viel wusste ich immer noch nicht über ihn.

„Ilka? Hey, träumst du oder was?", Phil fuchtelt mit einer Hand vor meinem Gesicht herum.

Ich musste kurz meinen Kopf schütteln, um aus der Gedankenwelt wieder raus zu kommen. Wir sind gerade bei Richy zu hause. Phil war kurz auf der Toilette gewesen und ich wollte meinen Laptop holen.

„Oh, ehh, sorry. Wollen wir jetzt zu dir?", ich schnappte mir noch frische Klamotten und meinen Laptop und ging Richtung Tür.

Phil schaut mich zwar besorgt an, aber folgte mir nach draussen. Ich seufzte. Langsam nervten mich diese Blicke von allen.

„Der Truck da vorne gehört mir.", er zeigt nach vorne auf einen schwarzen Ford Ranger. Mir fielen fast die Augen raus, als ich ihn sah.

„Gefällt er dir etwa?", fragt er mich belustigt.

„Gefallen? Phil, dein Auto ist ein Traum. Hättest du mir vorher gesagt, was für ein Auto du hast, hätte ich vielleicht deine Flirtversuche erwidert.", dabei lachte ich und streckte ihm die Zunge raus.

„Verdammt, hätte ich das nur vorher gewusst. Bisher hat mein Auto bei der Frauenwelt nicht so einen großen Eindruck hinterlassen."

„Das liegt aber definitiv nicht am Auto. Du hast ihnen mit deiner Erscheinung schon gereicht."

„Welch großes Kompliment von dir. Willst du fahren?", er hielt mir seinen Schlüssel hin.

„Ernsthaft? Ich darf?", ich fing vor Freude schon fast an zu hüpfen, schnappte mir schnell den Schlüssel und rannte schon fast zu Fahrertür.

Phil lachte nur hinter mir und stieg auf der Beifahrerseite ein.

Die fahrt verlief ruhig. Phil navigierte mich absichtlich falsch, damit ich länger mit seinem Auto fahren konnte. Gesagt hatte er dies nicht, aber nachdem wir jetzt schon zum dritten Mal an dem selben Blumenladen vorbei gefahren sind, wurde es doch langsam auffällig.

„Wenn du mich nochmal an dem Laden vorbei leitest, suche ich einfach selber die Aurora."

„So Auffällig? Und weshalb zur Aurora? Wir wollen zu mir nach Hause und nicht in die Bar."

„Du wohnst über der Aurora."

Phil schaut mich skeptisch an und murmelt nur ein „Jessy...."

„Jap, von ihr weiß ich es."

„Was hat sie noch alles über mich erzählt?"

„Nicht viel, Phil. Wirklich nicht. Nur noch, dass euer Verhältnis zueinander nicht das beste ist. Ganz ehrlich, dass hätte man mir auch gar nicht erzählen müssen, denn das merkt man bei euch leider sofort."

„Ich weiß..", mehr sagte er nicht dazu und das Thema war geschlossen.

„Da vorne links und dann kannst du rechts einparken."

Ich nickte verstehend und parkte das Auto souverän, dass mich Phil sogar mit Lob überhäufte. Hoffentlich durfte ich seinen Ford Ranger noch einmal fahren. Das war wirklich eine tolle Ablenkung gewesen.

Bei Phil in der Wohnung angekommen merkte ich langsam, wie mir vom Joggen alles weh tat. Ich bin einfach nicht mehr fit genug. Das rauchen macht es auch absolut nicht besser.

„Phil, kann ich sofort duschen? Mir tut alles weh."

„Ehh, ja klar. Warte, ich hol dir noch ein Handtuch.", er flitzte durch eine Tür und kam mit einem kleinen und einem großen Tuch zurück.

„Du kannst mein Bad benutzten. Das grenzt an mein Schlafzimmer an. Wenn du danach magst, kannst du dich auch nochmal hinlegen. Wenn das Mittagessen fertig ist, würde ich dich dann einfach wecken.

Das lies ich mir nicht zwei Mal sagen, nickte, und folgte Phil, der mir das Bad zeigte.

„Nimm einfach mein Duschgel und Shampoo. Das macht mir nichts aus. Ich hole dich dann zum Essen, Ilka."

Ich schenkte ihm einen dankbaren Blick und schon war ich auch schon alleine.

Nach der Dusche fühlte ich mich schon viel besser. Erschlagen, aber definitiv besser. Eigentlich hatte ich gar nicht vor gehabt das Angebot, noch eine Runde zu schlafen, von Phil anzunehmen, aber meine Beine bewegten sich Automatisch zu seinem Bett. Kaum berührte mein Kopf das Kopfkissen war ich auch schon im Land der Träume.