Kapitel 3: Ich brauche Antworten!

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"Wunderschön, nicht wahr, Ciel?"

Ich drehe mich erschrocken um und starre in die kalten, grauen Augen von Levi. "S-Sir!" Ich will zurückweichen, aber er greift nach der Kette und zieht mich näher an sich heran. "Ich hätte besser auf dich aufpassen sollen.", meint er kalt während er den Kristall betrachtet. Meint er mich oder den Kristall? Er sieht mir wieder in die Augen. "Was hast du hier zu suchen?", fragt er streng. Mein Körper fängt unwillkürlich an zu zittern. Ich atme tief durch. "Antworten!", schreie ich schon fast. Meine Stimme zittert vor Panik. Er weiss alles, was ich wissen will! "Wer bin ich? Woher komme ich?" Er lässt die Kette los und dreht mir den Rücken zu. "Ich kann dir nicht helfen.", antwortet er. "Natürlich können Sie das! Sie kennen mich, verdammt noch mal! Ich sehe doch, wie Sie mich ansehen und wie Sie sich in meiner Nähe verhalten!" Levi dreht sich blitzschnell um und drückt mich gegen die Wand. Ich kann gar nicht reagieren. "Hör zu! Egal, ob ich dich kenne, oder nicht, ich darf dir nichts sagen! Du hast Hanji doch gehört! Ich darf dir nichts erzählen!" Er drückt meine Handgelenke mit seiner linken Hand über meinem Kopf gegen die Wand. Mit seiner rechten Hand fährt er meine Taille entlang. Ich werde etwas rot. "Ich kann nichts für dich tun...auch wenn ich es will. Es tut mir wirklich leid." Sein Griff verstärkt sich. Meine Handgelenke schmerzen und in meinen Augen schimmern Tränen. Ich will ihn bitten mich loszulassen, aber ich habe Angst, dass er das Gegenteil macht. Er lässt den Kopf hängen, deshalb kann er mein Gesicht nicht sehen. Nach etwa fünf Minuten kriege ich endlich ein Wort heraus. "Sir...Sie tun mir weh..." Er sieht auf und lässt mich sofort los, als er meine Tränen sieht. "Es tut mir leid, ich wollte dir nicht weh tun.", entschuldigt er sich leise. "Kein Problem..." Ich betrachte meine Handgeleke, sie sind rot. Levi sieht das auch. "Setz dich aufs Bett, ich bin gleich wieder da." Er verschwindet ins Badezimmer und ich setze mich brav hin. Er kommt mit Verbandszeug zurück und untersucht meine Handgelenke. "Es ist okay, wirklich." Er sieht nicht auf. "Nein, das ist es nicht. Ich habe dich verletzt und ich kümmere mich um meine verletzten Kameraden.", antwortet er ruhig. Ich belasse es dabei und beobachte ihn, wie er meine Handgelenke versorgt. "Sir? Wer ist (V/N)?", frage ich schüchtern. Er unterbricht seine Arbeit kurz. "Eine sehr gute Freundin von mir. Ihr Vater war mein Vorgesetzter hier, bis er vor 10 Jahren gestorben ist. Ich habe mich um sie und ihre Mutter gekümmert und...habe sie wirklich sehr gern.", antwortet er trocken. Es hört sich an, als würde er sie lieben. Sie hat wirklich Glück...Moment, was? Bin ich etwa eifersüchtig auf sie? Nein, das kann nicht sein! Ich mag ihn, ja, aber mehr ist da nicht! Aber warum wird mein Gesicht so heiss, wenn er mich berührt? Kann es etwa doch...? Nein! Was, wenn ich einen Freund, Verlobten oder Ehemann habe? Ich kann es nicht riskieren...

"Stimmt etwas nicht?", fragt Levi mich urplötzlich. Verdammt! Ich hab gar nicht bemerkt, dass meine Wangen rot geworden sind. "Nein, alles bestens. Mir...ist nur etwas warm.", erkläre ich schnell. Er legt seine Hand an meine Stirn. Super gemacht, Ciel! "Fieber scheinst du keines zu haben." Er fährt mit seinem Handrücken über meine Wange. "Habe ich dir eigentlich schon mal gesagt, dass du wunderschöne Augen hast?" Er bringt sein Gesicht näher an meines. Ich kann seinen Atem auf meinen Lippen spühren. Mein Herz fängt an wie wild zu rasen. Ich habe irgendwie ein déjà-vu. Endlich berühren seine Lippen meine. Ich schliesse meine Augen und spühre die Röte in meine Wangen schiessen. Mein ganzer Körper wird heiss. Ich kann diesem Gefühl einfach nicht widerstehen. Gierig erwidere ich den Kuss und lege meine Arme um seinen Nacken. Levi legt seine Hände auf meine Taille.

Leider ist der Moment nur all zu schnell vorbei, weil sich neben uns jemand räuspert. Ein grosser Mann mit blonden Haaren, ich nehme an, dass das Commander Erwin ist, steht neben uns und...lächelt? Vermutlich freut er sich, dass auch unser miesgelaunter Corporal das Leben geniesst. Levi löst seine Lippen von meinen, lässt aber seine Hände da, wo sie sind und starrt Erwin wieder mit seinem üblichen genervten Gesichtsausdruck an. "Ich bin gerade ein bisschen beschäftigt." Ich werde so rot wie eine Tomate. Erwin mustert mich aufmerksam. "Das sehe ich. Ich wollte dir nur mitteilen, dass die Mission vorverlegt wird. Sie ist bereits in zwei Monaten. Das wäre dann alles. Viel Spass noch.", meint er lächelnd und verlässt das Zimmer. Was für eine Mission? Ist es gefährlich? Ich will nicht, dass Levi etwas passiert.

Ein unerwarteter, stechender Schmerz in meinem Kopf lässt mich zusammenbrechen. Ich kippe nach vorn, doch Levi fängt mich glücklicherweise auf. "Ciel! Was ist los?" Bilder schiessen wie Blitze durch meinen Kopf. Ich, wie ich von einem Baum falle und Levi mich auffängt. Ich, wie ich neben Levi an einem Flügel sitze und spiele. Ich, wie ich den Tod meines Vaters beweine und Levi mich tröstet. Ich, wie ich Levis Abschied beweine. Ich, wie ich neben dem Bett meiner Mutter knie und ihre kalte Hand halte. Ich, wie ich den Tod meiner geliebten Mutter beweine. Ich, wie ich von einem Titan hochgehoben werde und in sein weit aufgesperrtes Maul starre. Alle Erinnerungen kehren auf einen Schlag zurück. Das ist einfach zu viel für mich. Ich klammere mich an Levi fest. "Levi...Levi...", schluchze ich. Er legt seine Arme um mich. "Es ist alles gut. Ich bin bei dir, Ciel.", versucht er mich mit sanfter Stimme zu beruhigen. "(V/N)", korrigiere ich ihn. "Mein Name ist (V/N)." Ich spüre wie seine Umarmung enger wird. "Ich bin so froh, dass du wieder da bist, (V/N)!" Ich bin genauso froh. Aus meinen Augen strömen Freudentränen. "Ich habe dich so sehr vermisst, Levi!" Ich zerdrücke ihn fast. "Jetzt kann ich dir endlich erzählen, was vor ein paar Tagen passiert ist."

Himmel und Hölle (Leser X Levi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt