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Freya

Auf den Schulfluren und in den Klassenzimmern hörte ich es regelmäßig.

Ace und ich waren im Volksmund als Die Zwillinge bekannt. Dabei gab es noch andere Zwillingspaare an unserer Schule, sogar in unserem Jahrgang, aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund, waren wir Die Zwillinge und sobald diese Bezeichnung fiel, schien jeder zu wissen, dass wir gemeint waren. Sogar der Kunstlehrer, der Anfang des Jahres neu an unserer Schule angefangen hatte, hatte uns nach zwei Wochen als Die Zwillinge gekannt.

Offenbar gab es in den Köpfen der Leute nicht nur Ace oder mich. Es gab nur Ace und mich. Wir waren eine Person, wie es schien. Das ärgerte mich manchmal, aber vermutlich hatten wir uns das selbst zuzuschreiben. Wir saßen im Unterricht nebeneinander, schrieben dieselben Noten, beteiligten uns selten am Geschehen in den Pausen, aßen nur zu zweit zu Mittag und hatten keine engen Freundschaften in der Schule. Eigentlich hatten wir gar keine Freundschaften. Höchstens lose Bekanntschaften.

Trotzdem, Die Zwillinge fand ich beleidigend. Manche Lehrer besaßen immerhin noch genug Anstand, um uns Die Catrell Zwillinge zu nennen, und damit die anderen Zwillinge an unserer Schule nicht völlig außen vor zu lassen.

Schlimmer noch fand ich aber die Leute, die mich und Ace als Die Catrells bezeichneten. Es klang, als wären Ace und ich verheiratet und ich übergab mich jedes Mal beinahe.

Und genau diesen Spitznamen verwendete unser Chemieprofessor, als er unsere Klasse für ein Projekt in Pärchen einteilte. Über seine Liste gebeugt murmelte er die Namen vor sich hin, bis er zum C kam, was nicht lange dauert.

„Atkins und Abernathy, Barnes und Cat-..., Moment, die Catrells lassen sich nicht trennen, also Barnes und Graham, die Catrells, dann Keegan und..."

Ace hakte sich zufrieden grinsend bei mir ein, während ich das Gesicht verzog. „Die Catrells", murmelte ich angewidert.

„Ziemlich ekelhaft", sprach er meinen Gedanken aus. Es störte mich nicht, dass ich mit meinem Bruder eingeteilt wurde. Es war praktisch, ein Schulprojekt mit jemandem ausarbeiten zu müssen, mit dem man sich nicht extra nach dem Unterricht verabreden musste.

Aber gleichzeitig war Ace nicht der motivierteste Schüler, zumindest nicht in Chemie, und wie so oft, blieb auch an diesem Nachmittag die Vorbereitung und Planung für unser Projekt an mir kleben, während er alles im Wohnzimmer spannender zu finden schien als meine Vorschläge.

„Wir haben noch massenhaft Zeit", meinte er und ließ seinen Kopf rückwärts über die Lehne des Stuhls hängen, um mich anzusehen. Ich saß mit meinem Laptop vor mir auf der Couch und versuchte ein Grundkonzept zu erstellen, während er am Esstisch saß und kalte Lasagne löffelte.

„Das Projekt muss in drei Wochen fertig sein."

Massen-haft", wiederholte er, zog sich das Haargummi aus seinen schulterlangen Locken und ich verdrehte die Augen.

„Wir müssen einen Projektplan ausarbeiten, ein Arbeitsprotokoll von fünf Seiten schreiben, eine Präsentation vorbereiten und eine Zusammenfassung als Informationszettel für die Klasse schreiben."

Ace überschätzte mich. Es machte mir nichts aus, ihm bei Prüfungen den Arsch zu retten, weil er nicht gelernt hatte. Ich lernte schließlich auch nie. Aber das bedeutete nicht, dass ich ein so umfangreiches Projekt, das einen bedeutenden Teil unserer Jahresnote ausmachen würde, in zwei Tagen aus dem Ärmel schütteln konnte.

„Wir könnten was explodieren lassen", schlug er vor und ich verdrehte die Augen.

„Ihr wollt etwas explodieren lassen?", fragte Trish, die gerade die Treppen herunterkam. „Aber bitte nicht in unserem Haus."

Cold Blood (Band 5)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt