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Nuria

»Nuria, komm schon«, versuchte Alice mich zu überreden, »das wird lustig.«

»Oh nein, auf gar keinen Fall, das hast du letztes Mal auch gesagt, und da hat Jasper versucht, Bella auszusaugen.«

»Aber das ist schon ewig her, Nuria. Jasper hat sich geändert.«

»Die Einzige, die ihren Durst nicht unter Kontrolle hat, bist du«, keifte Rosalie mich an.

Drohend knurrte ich auf. Rosalie spielte auf den Vorfall letzten Monat an, als ich beinahe einen einsamen Wanderer im Wald gebissen hätte. Was konnte ich dafür, wenn er mit aufgeschürften Knien durch die Gegend lief?

»Ich wollte nie ein dämlicher Vegetarier sein. Welcher normale Mensch–Vampir ernährt sich auch von Tierblut?« keifte ich zurück.

Seitdem ich vor etwa einem Jahr gezwungen war, der Familie Cullen beizutreten, ließ Rosalie mich nicht aus den Augen. Sie schien mich zu hassen, seit ich hier war, aber ich sah keinen Sinn darin, ihre Meinung über mich zu ändern. Bei der erstbesten Gelegenheit würde ich abhauen und endlich zurück nach Chicago laufen. Zurück zu meiner verlorenen Liebe, Noah.

»Hört endlich auf, euch zu streiten«, unterbrach Alice meine Gedanken, »diesmal ist es eine Abschlussfeier, bei der unsere halbe Schule und die Werwölfe aus dem Reservat eingeladen sind. Dort wird also kein Blut fließen.«

Alice mit ihren verdammten Festen. Meine Adoptivgeschwister waren kurz davor, ihren Abschluss zu machen, und Alice wollte deswegen schon wieder eine Party schmeißen. In unserem Haus.

Ich meine, hallo? Ich wohne auch noch hier. Aber das schien keinen zu interessieren. Im Gegensatz zu meinen Geschwistern besuchte ich die Highschool nicht.

Mein Adoptivvater Carlisle traute mir dies noch nicht zu. Den halben Tag mit Menschen in einem Raum zu verbringen. Dabei hatte ich, im Gegensatz zu meinen Geschwistern, noch keinen Abschluss. Meine Geschwister waren allesamt über 100 Jahre alt. Sie hatten schon mehr als einen Abschluss. Aber ich war gerade mal 18.

»Ich soll also eure ganzen Schulfreunde auf einer Party kennenlernen?«

»So ungefähr. Sag es doch nicht so negativ, so kommst du auch endlich mal unter Leute«, antwortete Alice.

»Kann nicht viel ätzender sein, als seit einem Jahr jeden Tag zu Hause zu hängen«, witzelte mein Bruder Emmett daraufhin.

Daraufhin verdrehte ich nur die Augen. Aber ich meinte es nicht böse, nicht bei Emmett.

Emmett war okay, ich mochte ihn. Er war entspannt, was mich betraf, und bewachte mich nicht den ganzen Tag. Deswegen ging ich auch am liebsten mit Emmett jagen. Er ließ mich einfach machen und hing mir nicht an den Hacken.

»Fein, dann feiert hier euren Abschluss«, gab ich nach, woraufhin Alice gleich zu quieken begann, »aber wehe, eure Menschenfreunde rücken mir auf die Pelle, dann kann ich für nichts garantieren.« Bei dem letzten Satz zwinkerte ich Rosalie provokativ zu, welche daraufhin genervt ausatmete.

»Dann lernst du auch endlich die stinkenden Werwölfe kennen«, versuchte Emmett die Stimmung aufzulockern, wobei er mir spielerisch gegen den Arm boxte.

»Nasser Hund ist mein Lieblingsgeruch«, gab ich daraufhin zurück, woraufhin ich Emmett in den Schwitzkasten nahm. Da ich noch nicht so lange ein Vampir war, hatte ich noch mehr Kraft als alle anderen meiner Familie.

Emmett versuchte, mir die Beine wegzureißen, um sich aus seiner Position zu lösen, was ich aber mit einem Tritt abwehrte. Durch unsere spielerische Rangelei stolperten wir gegen den Esstisch, der unter unserer Kraft zu Bruch ging. Erschrocken ließen wir uns los.

Esme, meine Adoptivmutter, steckte daraufhin sofort den Kopf ins Wohn-/Esszimmer. »Nicht schon wieder, das ist schon der dritte Tisch diesen Monat.«

Aber sie war nicht sauer. Unsere fast schon täglichen Rangeleien amüsierten sie, und ich wusste, dass sie froh war, dass ich wenigstens mit Emmett klarkam.

Rosalie verließ daraufhin das Zimmer, wobei sie ihren Abgang etwas dramatischer machte als nötig. Emmett, der ihre Stimmung merkte, dackelte ihr sofort hinterher.

Das war wahrscheinlich das Beste für ihn, da Rosalie sonst wieder tagelang nicht mit ihm reden würde.

»Also schmeißen wir morgen eine Party«, fing Alice unser ursprüngliches Gespräch wieder an.

»Sieht ganz danach aus«, seufzte ich.

»Ich verspreche dir, du wirst Spaß haben. Vielleicht findest du so auch Freunde.«

Zustimmend nickte ich, bevor ich ebenfalls den Raum verließ und in mein Zimmer ging. Rausgehen konnte ich heute nicht, da die Sonne schien. Vampire glitzerten in der Sonne, wodurch die Menschen auf uns aufmerksam werden würden.

In meinem Zimmer angekommen, setzte ich mich auf meine Couch, wo ich mich unter meiner Kuscheldecke verkroch.

Eine Angewohnheit, die ich noch aus meiner Menschenzeit hatte. Nahm ich jedenfalls an.

Da ich noch nicht so lange ein Vampir war, konnte ich mich nicht mehr an meine Zeit als Mensch erinnern. Alle Erinnerungen waren verschwommen, fast so, als würde ich sie durch einen schwarzen Schleier betrachten. Es war ziemlich unmöglich, durch diesen Schleier etwas zu erkennen. Von meinen Geschwistern wusste ich allerdings, dass die Erinnerungen nach einigen Jahren wiederkamen.

Ich hoffte sehr, dass dies bald passieren würde, denn ich wollte mich endlich wieder erinnern können. Ich wollte mich endlich wieder an ihn erinnern. An Noah. Meine ehemalige Liebe. Ich konnte mich nicht mehr an viel von unserer gemeinsamen Zeit erinnern, aber ich spürte immer noch die starken Gefühle für ihn.

Ich wusste nicht viel, aber ich wusste, dass ich ihn wiederfinden muss.


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Hey ihr Lieben, 

dass ist also das erste Kapitel meiner neuen Geschichte. Ich hoffe, dass es euch gefällt. 

Liebe Grüße,

Eure missxblack.

Maybe in another life ║ Paul LahoteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt