Paul
»Jetzt bleib doch mal locker, Paul«, sagte Jacob genervt.
»Er ist aufgeregt, seine Geprägte wiederzusehen. Lass ihn«, verteidigte Seth mich sofort, wofür ich ihn liebevoll durch die Haare wuschelte.
Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, Jacob hatte Recht. Ich musste locker bleiben.
Nachdem das Kennenlernen mit Nuria am Freitag so schiefgelaufen ist, kam Sam auf die Idee, die Cullens zu uns einzuladen, damit wir sie hier in Ruhe »beschnuppern« konnten. Seitdem er uns heute Morgen darüber informiert hatte, tigerte ich durch sein ganzes Haus.
Seine Verlobte, Emily, tat dies mit einem Schmunzeln ab.
Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit Reifen über den Asphalt rollen hörte, sprang ich sofort von meinem Stuhl auf.
»Setz dich hin, Paul«, ermahnte Sam mich.
Seufzend kam ich seinem Befehl nach.
Plötzlich begann ich mich besser zu fühlen; ich spürte Nurias Präsenz in meiner Nähe. Es war wie ein kleiner Glücksrausch.
Wenige Sekunden später hörte ich es an der Haustür klopfen.
Ich wollte schon aufspringen, als Sam mir seine Hand auf die Schulter legte, um mich wieder auf den Stuhl zu drücken. »Ich mache die Tür auf.«
»Cool bleiben«, flüsterte Embry mir zu.
Wenn das nur so einfach wäre.
Ich wusste, dass mein aufgeregtes Verhalten ganz zur Belustigung meines Rudels war. Sonst war ich immer der taffe Paul, aber sobald es um Nuria ging, war ich das Gegenteil von taff.
Und sie wusste noch nicht mal davon.
Ich beobachtete aufmerksam, wie Sam die Haustür öffnete und drei Mitglieder des Cullen-Clans das Haus betraten. Bei den drei Mitgliedern handelte es sich um Carlisle, Emmett und Nuria, wobei Letztere Sam, Carlisle und Emmett nur zögernd folgte.
Sobald sie den Raum betrat, spürte ich sie noch deutlicher. Durch die Prägung konnte ich spüren, was sie fühlte, und bemerkte, wie sehr ihr dieses Aufeinandertreffen missfiel.
»Hallo«, begrüßte Carlisle uns freundlich. Was ein Heuchler. »Wie ihr sicher schon wisst, sind wir hier, um euch unser neues Mitglied, Nuria, vorzustellen.« Auffordernd sah er sie an; scheinbar war es nun an ihr, sich vorzustellen.
Alle richteten ihren Blick auf sie, was ihr sichtlich unangenehm war. Ich versuchte, Blickkontakt zu ihr aufzunehmen, aber keine Chance, sie starrte stur auf den Boden.
»Hey«, ertönte nun ihre glockenhelle Stimme, »ich bin Nuria Cullen, offiziell 18 Jahre alt und seit einem Jahr lebe ich hier bei den Cullens.«
Die Jungs murmelten ein Hallo zurück und sahen sie interessiert an. Dies taten sie wahrscheinlich nur, weil sie wussten, dass ich mich auf sie geprägt hatte. Aufgrund der Wolfstelepathie konnte ich dies nicht lange vor ihnen verheimlichen.
Nun lag es an uns, das Gespräch am Laufen zu halten.
»Es freut uns, dich kennenzulernen, Nuria«, antwortete Sam bemüht freundlich, »ich nehme an, Carlisle hat dich bereits über den Vertrag informiert?«
»Ja, das hat er.«
»Schön. Wir wären dir sehr verbunden, wenn du lernst, deinen Durst mehr zu kontrollieren. Freitag wäre das ja fast schiefgegangen, nicht wahr?«
Spöttisch lachte Nuria auf. »Oh ja. Und wie war das mit den Wölfen? Ich dachte, diese dürften sich auch nicht in der Nähe von Menschen verwandeln?«
Dies war eine Anspielung auf meine Explosion am Freitag. Na schönen Dank auch. Aber immerhin ließ sie so kurz ihren Blick über mich schweifen.
»Touché«, war Sams einfache Antwort darauf. »Habt ihr noch Fragen, Jungs?«
Erstmal schwiegen wir. Was sollten wir einen Vampir auch fragen? Was sein Lieblingsessen war, fiel mir schon mal raus.
»Warum wurdest du verwandelt?« fragte Jared schließlich, »ich meine, nachdem was ich gehört habe, verwandelt dein Dad«, dabei zeigte er auf Carlisle, »nur Menschen, die sonst sterben würden.«
So eine gute Frage hätte ich Jared gar nicht zugetraut. In Gedanken klopfte ich ihm dafür auf die Schulter.
»Messerattacke«, war Nurias einfache Antwort auf seine Frage.
Emily, die das ganze Gespräch mithörte, stieß einen entsetzten Schrei aus, woraufhin Sam sie gleich in seine Arme schloss.
»Oh«, fand Embry als Erster seine Stimme wieder, »das tut mir leid.«
Nuria nickte daraufhin nur knapp, bevor sie sich an Emmett wandte, der dem Gespräch bisher nur belustigt gefolgt war. »Können wir jetzt endlich nach Hause? Der Gestank wird langsam unerträglich.«
Jared knurrte daraufhin auf.
»Beruhig dich, Köter, wir können auch nichts für euren Geruch«, feixte Emmett.
Jared war schon dabei, aufzustehen, aber Sam drückte ihn bestimmend wieder auf den Stuhl.
»Kinder«, ermahnte Carlisle seine Jüngsten. »Nun gut, Sam«, wandte er sich an diesen, »ich denke, es ist für uns an der Zeit aufzubrechen.«
»Wartet, sollten wir uns nicht auch noch vorstellen?« fragte Seth, wobei er mir zuzwinkerte. Scheinbar versuchte er gerade, Zeit zu schinden, damit ich Nuria noch länger sehen konnte.
»Wenn's sein muss«, murrte Nuria.
Schnell übernahm ich das Wort, um uns alle vorzustellen. »Okay, das hier rechts neben mir ist Embry, neben ihm sitzt Jared. Das da drüben sind Quil und Jacob. Links von mir ist Seth«, erklärte ich ihr, wobei ich immer auf die jeweilige Person zeigte, »und ich bin Paul, aber wir haben uns ja schon kennengelernt.«
»Freut mich, euch kennenzulernen«, sagte sie, wobei sie versuchte, den Sarkasmus zu unterdrücken, was ihr nur so mittelmäßig gelang. »Dann können wir ja jetzt gehen.«
»Bin ganz deiner Meinung«, sagte Emmett, welcher einen Arm um sie legte und zum Abschied in die Runde winkte. Dann zog er sie aus der Küche hinaus. Nuria würdigte uns keines Blickes mehr. Sie machte es mir wirklich schwer.
»Entschuldigt bitte«, quittierte Carlisle das Verhalten seiner Kinder, »die beiden haben ein Temperament, welches sich nur schwer zügeln lässt.«
»Damit kennen wir uns aus«, sagte Emily, wobei sie uns liebevoll ansah.
Auch Carlisle verabschiedete sich und folgte seinen Kindern zum Auto.
Sofort sprang ich auf. Ich spürte bereits, wie Nuria sich von mir entfernte.
Ich rannte den Cullens hinterher zum Auto.
»Warte«, sagte ich und hielt mit meiner Hand die Autotür auf, welche Nuria zu schließen versuchte.
»Was ist?«
Dies war eine berechtigte Frage; ich hatte keine Ahnung, was ich nun zu ihr sagen sollte. Aber irgendwie musste ich sie zum Hierbleiben überreden.
»Willst du dir nicht das Reservat anschauen? Ich könnte dir alles zeigen«, fragte ich sie schnell.
»Ähm, nein. Kein Interesse«, ließ sie mich abblitzen.
»Komm schon«, versuchte ich es noch einmal.
Ihre großen, grünen Augen sahen zu mir hoch. Warum waren ihre Augen überhaupt grün und nicht so bernsteinfarben wie die der anderen Cullens?
»Auf Wiedersehen, Paul«, verabschiedete sie mich, bevor sie die Autotür zuknallte.
Emmett drückte sofort aufs Gas. Benommen stand ich in der Einfahrt und sah zu, wie meine Seelenverwandte verschwand. Sofort spürte ich wieder die gähnende Leere in mir, welche mittlerweile mein ständiger Begleiter war.
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Maybe in another life ║ Paul Lahote
Fanfiction❞Wenn du die Chance bekämst dein Leben nochmal komplett neu zu starten, würdest du es tun?❝ ❞Nur wenn du in jedem Leben an meiner Seite wärst.❝ ⸻⸻⸻ Schmetterlinge im Bauch, warme Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht und ein glückliches Lächeln dazu. Di...