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Nuria

»Verdammte Scheiße«, sagte Emmett erschöpft, »mach so etwas nie wieder, Kleine.«

»Tut mir leid«, murmelte ich kleinlaut.

Die letzte Woche war der Horror gewesen, nicht nur für mich, sondern auch für meine Familie. Ich hatte versucht, endlich zu verschwinden, endlich zurück nach Chicago zu kehren. Allerdings hatte ich diesen Plan ohne Carlisle gemacht, welcher mir einen Strich durch die Rechnung machte.

Sobald er bemerkte, dass ich vom Einkaufen nicht wieder nach Hause kam, brach er, und der Rest des Clans, auf, um mich zu suchen. Dies war auch leider nicht sonderlich schwer, mit einer Adoptivschwester, die in die Zukunft sehen konnte und einem Adoptivbruder, der kilometerweit Gedanken lesen konnte.

Sieben Tage war ich unterwegs, bis sie mich gefunden hatten. Zu allem Übel waren sie nicht mal sauer. Ich wollte, dass sie sauer waren, die Hoffnung in mir endlich aufgaben und mich von ihrem Clan verwiesen. Meinetwegen sollten sie mich doch zu der Vampir-Mafia, den Volturi, schicken, damit sie meinem Leid endlich ein Ende bereiteten. Aber sie taten nichts dergleichen. Sie hatten Mitleid, alle von ihnen, sogar Rosalie. Auch Jasper, der dank seiner Gabe alles fühlen musste, was ich fühlte, wich mir nicht mehr von der Seite. Allerdings war ich dankbar, dass er meine Gefühle nicht veränderte; die Verzweiflung, die ich ständig spürte, seitdem ich ein Vampir war, gab mir wenigstens das Gefühl, dass ich nicht komplett seelenlos war. Irgendwas musste ja in mir sein, damit ich so empfand, wie ich es tat.

Nachdem meine »Familie« mich also zurück nach Hause verfrachtet hatte, sorgten sie dafür, dass ich das Haus nicht mehr unbemerkt verlassen konnte. Sie verbündeten sich allen Ernstes sogar mit dem Werwolfrudel, welches die Grenze nun stündlich ablaufen musste, damit ich nicht wieder fliehen konnte. Nur ein Gefängnis musste sich schlimmer anfühlen, da mir, damit, und unter der strengen Bewachung meiner eigenen Familie, keine Möglichkeit zur Flucht mehr blieb.

Allerdings war heute der erste Tag, wo ich das Haus wieder verlassen durfte. Obwohl es eher ein Zwang war.

Während meiner Mission des Verschwindens hatte ich meine Verabredung mit Paul vergessen. Sam hatte in den vergangenen sieben Tagen mehrfach versucht, Carlisle zu erreichen, wessen Handyakku allerdings leergegangen war, als sie unterwegs waren, um mich nach Hause zu bringen.

Kurzum, Paul war mal wieder kurz vorm Krepieren, weswegen ich ihn heute unbedingt besuchen musste, da es morgen schon zu spät sein könnte, um sein Leben zu retten.

Leider hatte ich auch als Vampir sowas wie ein Gewissen, weswegen ich mich furchtbar schlecht fühlte. Da meine Familie mich nun nirgends mehr alleine hingehen ließ, musste Emmett mit mir erstmal zum nächsten Supermarkt fahren. Hier besorgte ich, nur wegen dem schlechten Gewissen natürlich, Paul sämtliche Limos und alles Mögliche an Süßigkeiten.

Sam hatte erwähnt, dass Paul kurz vorm Verhungern und Verdursten war, meinetwegen, weswegen ich dachte, dass es wahrscheinlich das Mindeste wäre, ihm etwas mitzubringen.

Nachdem Emmett und ich fertig mit meinem Einkauf waren, fuhr er mich zu Sams Haus. Mit jedem Kilometer, den wir näher kamen, wurde ich immer nervöser.

Als Emmett schließlich vor dem Haus zum Stehen kam, sah ich ihn verunsichert an.

»Das wird schon werden, Kleine«, sagte er aufmunternd, »umbringen können dich seine Rudelmitglieder nicht.«

»Und das sollte mich jetzt aufmuntern?« Spöttisch zog ich meine linke Augenbraue nach oben.

»Ach Nuria, du weißt doch, ich bin kein Mann der großen Worte, ich lasse lieber meine Taten für mich wirken«, anzüglich wackelte er mit den Augenbrauen.

Angeekelt verzog ich das Gesicht, schließlich war das eine Info, die er lieber zwischen sich und Rosalie lassen sollte. Meine Reaktion brachte Emmett schließlich zum Grinsen.

»Husch, husch, jetzt geh schon zu deinem Loverboy«, scheuchte er mich schließlich, »obwohl Loverwolf auch gut klingen würde.«

»Um Himmels Willen«, rief ich aus, »sag das nie wieder.«

Emmett lachte laut auf. »Ich sollte es wohl wirklich lieber lassen.«

Nickend stimmte ich ihm zu, bevor ich mich schließlich überwand, endlich aus dem Auto auszusteigen, meine Einkäufe von der Rückbank zu nehmen und zur Haustür zu gehen.

Auch wenn meine Beine, als Vampir, hart wie Granit waren, fühlten sie sich in diesem Moment wie Wackelpudding an.

Als ich schließlich vor der Tür zum Stehen kam, nahm ich mir noch eine Sekunde, um tief durchzuatmen, bevor ich schließlich auf die Klingel drückte.

Zwanzig Sekunden, ich hatte jede Sekunde davon selbst gezählt, verstrichen, bevor die Haustür schwungvoll geöffnet wurde.

Vor mir stand ein junger Mann, ungefähr in meinem menschlichen Alter, welcher seinem Geruch nach, ein Werwolf sein musste.

»Oh dem Gott sei Dank«, rief er aus, bevor ich mich energisch in die Arme schloss. Ich blieb stocksteif stehen, da die Situation, in der ich von einem vollkommen Fremden umarmt wurde, doch etwas überrumpelnd war.

»Oh Embry«, rief der nächste Wolf, welcher nun hinter Embry zum Vorschein kam, »nun lass das arme Mädchen doch mal in Ruhe.«

Sofort löste der Wolf, welcher dem Anschein nach Embry hieß, seine Umklammerung.

»Tschuldigung«, sagte er verlegen, »ich bin nur so froh, dass du endlich hier bist, um unseren Paul zu retten.« Misstrauisch beäugte er mich. »Du bist doch hier, um Paul zu retten, oder?«

»Aus welchem Grund sollte sie sonst hier sein, du Idiot«, antwortete der Junge, der sich hinter Embry befand, auf die Frage, bevor ich es tun konnte. »Ich bin Jared«, stellte er sich schließlich lächelnd vor.

»Freut mich«, antwortete ich, das Lächeln erwidernd, »ich bin-«

»Nuria, schon klar«, unterbrach mich Jared, diesmal grinsend, »glaub mir, du bist hier mittlerweile so etwas wie eine Berühmtheit.«

Peinlich berührt verzog ich das Gesicht. »Stimmt, da war ja was. Hör mal, es tut mir wirklich leid, dass ich so lange nicht hier war und ich nicht nur Paul, sondern euch allen, solchen Kummer bereitet habe, aber-«

Beschwichtigend hob Jared die Hand. »Es ist okay, Nuria, du musst dich bei uns für nichts rechtfertigen. Ich denke, du hattest deine Gründe, weswegen du nicht hier warst. Und ich verstehe auch, dass die Prägung für dich nicht einfach ist, aber glaub mir, irgendwann wirst du verstehen, warum es ausgerechnet dich treffen musste. Warum das Schicksal dich und Paul füreinander bestimmt hat.«

Dankbar lächelte ich Jared an. Ich traute mich nicht, ihm zu widersprechen, nachdem er, trotz meines Verschwindens, so nett zu mir war. Aber Paul und ich konnten nicht füreinander bestimmt sein, schließlich waren doch schon Noah und ich füreinander bestimmt.

»Wie auch immer«, unterbrach Embry schließlich unser Gespräch, »über den Sinn des Lebens könnt ihr auch wann anders philosophieren. Du gehst jetzt endlich zu Paul, damit er langsam mal wieder der Alte wird. Sein Dramaqueen-Gehabe kann einen auch irgendwann ganz schön nerven.«

Jared nickte zustimmend und deutete mir, ihm zu folgen. Diesmal brachten sie mich nicht ins Wohnzimmer, sondern ins obere Stockwerk, wo wir schließlich vor einer braunen Holztür zum Stehen kamen.

»Tja, da wären wir«, sagte Jared, welcher nun auch etwas nervös klang, »bring uns unseren Paul zurück.«

»Das werde ich.«

Ich wartete noch, bis die beiden Jungs die Treppe wieder ins untere Stockwerk gegangen waren, bevor ich zögernd die Türklinke herunterdrückte.

⸻⸻

Ich bin zurück! 

Nach meiner längeren Schreibpause, bin ich nun mit einem neuen, langen, Kapitel wieder für euch da. Das sehnsüchtige Warten, auf die Fortsetzung von Nurias und Pauls Liebesgeschichte hat endlich ein Ende und ich werde versuchen, wieder wöchentlich ein neues Kapitel für euch hochzuladen.

Bis zum nächsten Kapitel

Eure missxlahote

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 05 ⏰

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Maybe in another life ║ Paul LahoteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt