Hohodemi.

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Hohodemi der besten Wohlhabenheit erfreute. Hierüber erboste sich Hosusori gewaltig, und so kam er eines Tages in voller kriegerischer Rüstung herangezogen, um seinen Bruder zu befehden. Dieser aber, als er Hosusori erblickte, tauchte den Edelstein der Meeresfluth ins Wasser, und sofort stieg die See und schwoll so gewaltig, daß sie Hosusori auf den nächstgelegenen Hügel trieb. Aber auch hier war er nicht sicher, die Fluth überschwemmte den Hügel, und Hosusori sah sich genöthigt, auf einen Baum zu flüchten. Als er sah, daß auch dies ihm nicht half, da bat er seinen Bruder um Gnade und gelobte, er wolle dessen Sklav, Wächter und Gaukler werden, und dies Verhältniß solle für ihre Nachkommen achtzig Geschlechter hindurch dauern. Nun tauchte Hohodemi, als er seinen Bruder so reden hörte, den Edelstein der Ebbe ins Meer, und ebenso schnell, wie sie herangezogen, sanken die Wogen. Hosusori war gerettet und bat seinen Bruder, dessen Macht er nun erkannt hatte, um Verzeihung. Hohodemi aber traute ihm noch nicht; als jedoch Hosusori sein Gelöbniß wiederholte und sich sogleich als Gaukler costümirte, sich mit rother Farbe bemalte und in komischer Weise einen pantomimischen Tanz aufführte, durch den er seine vergeblichen Anstrengungen, dem anschwellenden Wasser zu entrinnen, treffend wiedergab, da lachte Hohodemi herzlich und reichte ihm ohne Zögern die Hand zur Versöhnung. Die Nachkommen Hosusori's aber sind bis auf den heutigen Tag die Wächter der Palastmauern und Gaukler und Taschenspieler geblieben. Sie heißen im Volke die flinken Burschen, Hayabito, wegen ihrer Jongleurkünste, oder Hundemenschen, Inubito, weil sie wie die Hunde Wachtdienste verrichten und oft auch wie jene erbärmlich ihr Leben verbringen.

Doch ehe noch dies Alles sich ereignete, hatte Hohodemi ein anderes wunderbares Ereigniß zu erleben. Toyotamahime, seine geliebte Gemahlin, hatte ihn nicht begleitet, als er den Palast des Meergottes verließ, aber sie hatte ihm versprochen, sie wolle ihm nachkommen. »Ich werde dir bald einen Sohn schenken,« sprach sie, »und zur Zeit seiner Geburt will ich in einer stürmischen Nacht zu dir herauf ans Land kommen.« Ferner bat sie ihn, hart am Strande ein Haus für sie zu bauen, in dem sie wohnen wolle. Dies Haus bauete Hohodemi auch sogleich und zwar mit aller nur möglichen Aufmerksamkeit. Er sparte keine Mühe, um es bequem und herrlich auszustatten, das Dach aber machte er aus lauter Federn der Seevögel, und daran hatte er seine besondere Freude, denn es gewährte nicht nur einen herrlichen Anblick, sondern war auch leicht und dabei warm. Nun geschah es aber, daß Hohodemi bei der allzugroßen Sorgfalt, die er auf das Dach verwandte, noch nicht damit fertig war, als Toyotamahime unter Sturm und Regen im Wogengebrause anlangte. Hohodemi führte seine Gemahlin in das Haus und zeigte ihr, daß das Dach noch nicht ganz fertig sei und an der einen Seite noch eine große Lücke habe; er bat sie, noch ein paar Tage bei ihm zu wohnen. Toyotamahime wies jedoch diese Bitte zurück; sie sagte, daß keine Zeit mehr dazu sei, und daß schon in der nächsten Nacht ihr Sohn geboren würde. So blieb denn nichts übrig, als daß Toyotamahime ihren Wohnsitz in dem unfertigen Hause aufschlug, und als Hohodemi, von ihr gedrängt, sie allein ließ, mußte er ihr fest und bündig versprechen, ja keinen Versuch zu machen, sie zu sehen. »Bleibe in deinem Hause,« sprach sie, »bis ich dich rufen lasse, und versuch es unter keiner Bedingung, mich vorher zu sehen!« Hohodemi versprach, ihre Bitte zu erfüllen; allein die Neugier ließ ihm keine Ruhe, und so schlich er leise herzu und sah seine Frau in der Gestalt eines Drachen sich auf dem Fußboden hin und her winden. Erschrocken trat er zurück, doch als ihn Toyotamahime später rufen ließ, da sah sie gleich, daß er ihr Geheimniß, das sie vor allen Menschen zu verbergen gedachte, seines Versprechens ungeachtet erspäht hatte. Und hierüber war sie so erzürnt, daß sie mit heiligen Eiden gelobte, zu ihrem Vater zurückzukehren und nie wieder auf die Erde zu kommen. Hohodemi suchte sie zu besänftigen, doch das gelang ihm nicht; Toyotamahime behauptete, daß sie die Schmach, welche er ihr angethan, nie wieder verschmerzen könne. Und ebenso, wie sie niemals aus dem Meere wieder empor kommen werde, so solle auch Hohodemi nicht im Stande sein, jemals wieder zu ihr hinunter zu tauchen; ja alle Abgesandten, die er zu ihr schicken sollte, würde sie behalten, und wenn die Sehnsucht nach ihm auch sie triebe, ihm Boten zu senden, so solle er dieselben ebenfalls behalten. Mit diesen feierlichen, harten Gelöbnissen legte sie ihr Söhnlein, das in der Nacht, wie sie vorhergesagt, geboren war, am Strande nieder. Als Hohodemi sie fragte, wie der Sohn heißen solle, da gab sie ihm, zur Erinnerung an seine Geburt, den sonderbaren Namen: Prinz vom unfertigen Taucherfederdache. Mit diesen letzten Worten trat sie in das Wasser und verschwand vor aller Augen.

Hohodemi aber klagte: »Die Ente kommt zum Lande, der Seetaucher zur Bucht, aber die, welche ich liebe, kommt nimmermehr zurück; ich habe sie verloren und werde sie nie vergessen!«

Nachdem nun Toyotamahime fortgezogen, beorderte Hohodemi Ammen für seinen Sohn, die ihn pflegten, ihm die Milch reichten und ihm den Reis kaueten. Doch verzehrte ihn fortwährende Sehnsucht nach seiner Gemahlin; diese aber litt an derselben Pein, und deshalb schickte sie ihre jüngere Schwester Tamayori zu dem Kinde und trug ihr auf, dasselbe groß zu ziehen. Und da der Schwur, den sie ausgesprochen, sie band und ihr den Weg auf die Erde zu dem Gatten und dem Kinde auf immer verschloß, so gab sie ihrer Schwester ein Lied für Hohodemi mit, das Antwort auf seinen Klaggesang brachte und ihre Sehnsucht nach dem herrlichen, hochverehrten Gatten aussprach.

In Folge der Verwünschung, welche vor langen Jahren die Schwester von Hohodemi's Mutter ausgestoßen, nach der die Geschlechter der Abkömmlinge Ninigi's ein frühes Grab finden sollten, konnte natürlich Hohodemi das Alter seiner Vorfahren nicht erreichen. Indeß wurde er noch 580 Jahre alt; seine Nachkommen aber fanden ein immer früheres Lebensende und langten zuletzt bei der Lebensdauer der heutigen Menschen an.

Als Hohodemi auf dem Berge Ahira in der Landschaft Hiuga auf Kiuschiu starb und in den Himmel hinaufzog, folgte ihm der Prinz vom unfertigen Federdache, sein einziger Sohn. Dieser aber liebte die Schwester seiner Mutter, welche ihn auferzogen, so sehr, daß er sie heiratete. Sie schenkte ihrem Gemahle vier Söhne, deren jüngster nachmals der erste Kaiser von Japan wurde, wie die älteste der Heldensagen berichtet.



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Japanische Götter Sagen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt