Jingo Kogo.

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Jingo Kogo war die Gattin des Kaisers Tschuai, des Sohnes des Yamatodake, der im Jahre 191 der christlichen Zeitrechnung den Thron Japans bestieg. Die Kaiserin Jingo war nicht nur überaus klug und fromm, sondern auch voll Thatenlust, und so ward sie von den Göttern zum Werkzeuge großer Unternehmungen ausersehen. Kaiser Tschuai, ihr Gatte, war im Begriffe, die Barbaren der Insel Kiuschiu, welche sich von neuem gegen die Kaisermacht empört hatten, zu bekriegen und wieder zum Gehorsam zu bringen, und hatte seinen Wohnsitz in einem seiner Paläste auf jener Insel, in der Stadt Kaschihi, aufgeschlagen. Die Kaiserin war mit ihm gezogen, und außerdem befand sich in seinem Gefolge ein sehr weiser, noch heutzutage vom japanischen Volke hochverehrter Minister Namens Takeutschi, der bereits von des Kaisers Oheim angestellt war, dessen Rathschläge aber auch Tschuai selber stets zu befolgen pflegte. Mit diesen beiden, mit der Kaiserin und dem Minister Takeutschi, saß der Kaiser eines Abends friedlich und ruhig beisammen und vergnügte sich mit dem Spielen des Koto1, als die Götter durch den Mund der Jingo Kogo wichtige Rathschlüsse kund gaben. Ganz plötzlich rief dieselbe dem Kaiser zu: »Es liegt ein Land im Westen, jenseits der See, ein Land voll Ueberfluß und herrlicher Schätze. Dies Land sei dein!« Tschuai aber nahm den Ausspruch der Götter nicht gläubig und willig hin; er spöttelte und erwiderte: »Steigt man auf einen noch so hohen Berg am westlichen Gestade, so sieht man nichts als Meer. Die Stimme, welche aus dir redet, verkündet unwahres!« Mit diesen Worten schob er den Koto von sich. Die Götter aber erzürnten darob und sprachen weiter durch der Kaiserin Mund: »Du willst dem göttlichen Gebote nicht folgen! Nun, so bist du auch nicht der Mann, dies Land zu beherrschen – hebe dich weg!« Ueber diese Worte war der Minister Takeutschi sehr erschrocken. Er redete seinem Herrn und Gebieter zu: »Bitte, spiele weiter, o Kaiser!« Dieser zog auch, träg und niedergeschlagen, den Koto wieder zu sich heran und spielte einige Noten, aber schwach und immer schwächer, und bald verhallten die Töne ganz. Man kam mit einem Lichte herbei und sah, daß der Kaiser todt war.

Nun ward zuvörderst die Leiche feierlich bestattet, und sorgsam erfüllte man alle Reinigungsceremonien. Nachdem aber sämmtliche Sühnopfer und Gebete den Göttern und der Seele des Dahingeschiedenen nach Gebühr dargebracht waren, da befragte Takeutschi nochmals die Götter um ihren Willen. Der Ausspruch derselben lautete nicht anders, als ihn Jingo zuvor verkündet hatte. Die erhabene Sonnengöttin Amaterasu selber bestätigte ihn und fügte hinzu, daß die Kaiserin einem Prinzen das Leben schenken werde, welcher dermaleinst den Kaiserthron von Japan besteigen solle. Zunächst aber solle die Kaiserin Wittwe die Zügel des Reiches in die Hand nehmen und vor allen Dingen den Feldzug gegen Korea ohne Zögern beginnen. Auch schrieb sie vor, in welcher Art man nicht nur ihr selber und den übrigen Himmelsgöttern, sondern auch den Gottheiten des Landes und des Meeres Opfer darbringen solle. Vornemlich befahl sie, jenen drei Söhnen, welche Isanagi nach seiner Flucht aus der Unterwelt in dem Meere um Japan geschaffen habe, zu huldigen; ihnen zu Ehren solle man geweihte Stäbe oder Goheis2 an die Masten der Kriegsschiffe befestigen und eine besondere Gabe für sie opfern, nämlich Schläuche mit Asche vom Sumpfeibenbaum nebst Tellern aus Eichenblättern und hölzernen Eßstäbchen den Wogen anvertrauen. Die guten Folgen davon, so ließ Amaterasu verkünden, würden nicht ausbleiben.

Man kam allen diesen Weisungen aufs pünktlichste nach; als aber die stattliche Flotte im Begriff war, auszulaufen, flehte die Kaiserin, welche den Oberbefehl selbst zu übernehmen beschlossen hatte, abermals zu den Göttern, sie möchten ihr noch ein günstiges Zeichen zu Theil werden lassen. Sie wolle, so sprach sie, in die Meeresfluth untertauchen, und wenn dann, sobald sie wieder daraus hervorstiege, ihr Haar wohlgescheitelt und in zwei gleiche Hälften getheilt sei, so wolle sie dies als eine Verheißung ansehen, daß sie den Feldzug glücklich zu Ende führen werde. Die Götter gewährten ihr diese Bitte, und zum Andenken daran trug sie fortan ihr Haar stets in solcher Weise gescheitelt.

So lange der Kriegszug dauerte, kleidete und wappnete sie sich ganz nach Männerart. Mit Umsicht und Weisheit erließ sie alle ihre Befehle, zunächst den, daß die Soldaten stets gute Mannszucht halten, sich nicht der Beutesucht überlassen und Milde gegen den besiegten Feind üben sollten.

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