Kapitel 7a

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Lysander Marell

»Flordelis Vanyeridis.«

Lysander ließ sich den Namen der Juwelendiebin wie sein ganz persönliches Honigbonbon auf der Zunge zergehen, zog den Klang der Worte auf unnatürliche Weise in die Länge. Nicht unbedingt, weil er die Chrysoberyllfrau im Verlauf des Gesprächs so dringend mit weiteren Sticheleien versehen wollte oder weil er es darauf anlegen würde, mit den geballten Fäusten unter ihrem Wollüberwurf Bekanntschaft zu schließen. Vielmehr, weil ihm die Melodie der Silben gefiel. Und weil er darüber hinwegtäuschen musste, wie sehr seine Neugier nach der plötzlichen Offenbarung gewachsen war.

Flordelis Vanyeridis.

Sie hatte ihm seinen Namen genannt.

Die Farbe in ihrer Stimme ...

Es erschien ihm nicht, als wiederholte sie diese Aneinanderreihung von Silben sehr oft. Eher noch, als wäre ihr Name etwas, das über Jahrhunderte einrosten könnte.

Wer lebte ein Leben, in dem der eigene Name Staub ansetzte?

Verbrecher, ja. Mörder bestimmt. Oder aber ...

Eine Juwelendiebin, die behauptete, keine zu sein.

Das war hoch interessant.

Sie war interessant.

Noch interessanter wäre es wahrscheinlich gewesen, was sie ihm beinahe auf dem Silbertablett präsentiert hätte. Denn wenn Juwelendiebstahl für gewöhnlich nicht auf der Liste dieser Frau stand ... Wofür setzte sie ihre Fähigkeiten in der Welt jenseits der Gesetze wohl ein? Und wer heuerte eine solche Dame für einen Juwelendiebstahl an, wenn er doch mit sehr großer Wahrscheinlichkeit über die tatsächlichen Aktivitäten abseits des Juwelendiebstahls Bescheid wusste?

Nun, auf gewisse Weise kannte er die Antwort.

Andererseits auch wieder nicht, zumal der offizielle Absender nicht unbedingt der tatsächliche Absender der magyschen Fernübertragung sein musste.

Folglich ergab sich: König Laurin Rabenschwinge von der Rabenfeste hatte sich höchst in Person an das Verfassen des Schriftstücks gemüht ... oder aber jemand handelte in seinem Auftrag, um die meuchellustige Juwelendiebin an den Hof hoch auf dem Rabenberg zu beordern.

Sehr gering die Wahrscheinlichkeit, dass der Absender nicht an den Hof gehörte. Dazu wären sämtliche Sicherheiten, Siegel und Magereybestimmungen zu aufwendig, zu teuer und unerreichbar gewesen.

Also jemand im Namen des Königs, da der Mann unter der Krone wohl kaum selbst einen Tunichtgut verpflichten konnte.

Diese Überlegung hatte er bereits vor einer Weile verfolgt.

Es mochte nun gut mehr als eine Stunde seit ihrem Aufbruch vergangen sein, doch erinnerte sich Lysander Marell noch sehr genau an ihre Reaktion auf seine Worte.

Für wen arbeitest du wohl? Für den König?

Im Grunde hätte er die magysche Signatur der Rolle gar nicht erkennen müssen, um die Wahrheit aus der Starre in sämtlichen Fasern ihres Körpers lesen zu können. Zwar mühte sich die Diebin mit jedem Muskelstrang gegen Offenbarung ihrer tiefen Gedanken, doch war sie nicht zu verbergen in der Lage, dass ein Teil ihrer Seele vor Überraschung über eine solch treffende Formulierung reagierte.

Überraschung und Schock.

Etwas, das noch immer in ihr nachhallte, das sie wie ein Schatten verfolgte.

Auf ihrer gesamten Wanderung vermochte Lysander die Grübeleien förmlich aus ihren Zügen zu lesen, obwohl die Dunkelheit der Nacht längst einen großen Teil der Miene in die Finsternis schluckte. Wie plakative Hinweisschilder prangten die Fragen in ihren Augen und schrieben all die unausgesprochenen Sätze auch ganz ohne Worte in die schwarze Bergluft.

Ein Schwert aus Rabenblut: Der Durst einer SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt