Es war einmal...

119 11 1
                                    

Es war einmal ein großes und reiches Königreich. Das Reich lag im Norden des Landes und die Bewohner lebten in Wohlstand, dank des Handels mit den südlichen Reichen und der Schifffahrt im Westen. Es herrschte Frieden und keiner musste fürchten von Monstern oder Feinden angegriffen zu werden. Der König hatte es geschafft im Krieg, Seite an Seite mit seinem Vater, der dabei ums Leben kam, den Schrecken der Wälder zurück zu drängen und Frieden mit den angrenzenden Nationen zu schließen. Er hatte eine junge Frau aus dem hohen Norden geheiratet. Eine wunderschöne und starke Frau, aber auch furchtbar melancholisch. Denn alles was ihnen zu ihrem Reichtum noch fehlte war ein Kind, ein Nachkomme der das Reich weiter führen sollte.

Eines Abends im Winter saß die Königin am Fenster. Sie starrte nach draußen. Vor ihr lagen ihre eigenen Gärten. Im Frühling würden die Blumen dort wieder blühen. Hyazinthen, Glockenblumen, Tulpen und ihre Lieblingsblumen: Schneeglöckchen. Doch jetzt lagen die Anlagen noch unter einer dicken Schicht aus Schnee, die stätig dicker wurde. Die Frau sah dem Treiben der Flocken gedankenverloren zu, während sie in eine Stickarbeit vertieft war. Ihre rabenschwarzen Haare waren kunstvoll nach oben gesteckt und sie trug ein langes Kleid aus dunkelrotem Samt. Es wärmte sie nur wenig, doch die Königin fror nicht. In ihrer alten Heimat war es das ganze Jahr über um einiges kälter gewesen. Sie hatte das Fenster geöffnet um besser nach draußen sehen zu können. Ihre Gedanken wanderten zu ihrem sehnlichsten Wunsch. Sie war selbst um diese Jahreszeit geboren worden und dies verstärkte ihren Wunsch nach einem Kind nur noch mehr. Die weißen Flocken stürzten aus dem grauen Himmel auf sie zu. Fasziniert beobachtete sie, wie die Flocken fielen und sich auf dem Fensterbrett vor ihr sammelten. Einen Moment lang passte sie nicht auf und stach sich mit der Nadel in den Finger. Die Königin zuckte zusammen und besah sich den winzigen Stich. Dabei fielen drei Tropfen ihres roten Blutes in den Schnee. Die Frau legte ihren Rahmen beiseite und trat näher an das Fenster. Die Tropfen im Schnee funkelte wie Rubine und bei sich dachte sie:" Wenn ich doch nur ein Kind hätte mit Haut so weiß wie der Schnee meiner Heimat, mit Lippen so rot wie mein Blut und Haaren so schwarz wie der Fensterrahmen." Der Wind fuhr in das Zimmer hinter ihr und trug ihre Worte mit sich fort. Sie sollte erhört werden, aber der Wind und der Schnee waren nicht die einzigen, die ihren Wunsch hörten.

Tatsächlich wurde die Königin nach vier Monaten endlich schwanger. Sie und der König waren sehr glücklich.

Zur selben Zeit stand einige Meilen in Richtung Nordwesten entfernt eine andere Frau am Fenster. Ihr Haar war ebenfalls schwarz, doch ihres lag ihr offen und glänzenden über dem Rücken. Ihr Blick lag nicht auf irgendwelchen Gärten, sondern unter ihr tobte das Meer und sprühte Gischt gegen die Felsen. Ihr machte das nichts aus, die Frau stand aufrecht und stark, den Blick in den Wind gerichtet. Sie schloss die Augen und ließ ihr Haar durch den Wind zerzausen. "Was erzählst du mir, die Königin erwartet ein Kind?", füsterte sie nachdenklich. Sie hob eine ihrer weißen Hände und ließ den Wind durch ihre Finger, wie eine Stoffbahn gleiten. "Sehr interessant.", fügte sie hinzu und entließ den Wind aus ihrer Hand. Sie spürte wie etwas an ihrem dunklen Kleid zupfte. "Komm her meine Kleine.", meinte sie sanft und hob ein Kind, vielleicht acht, neun Jahre alt hoch. Es war ein kleines Mädchen mit blondem Haar." Was hat der Wind dir erzählt Mama?", fragte es neugierig." Später, später. Wenn du älter bist wirst du alles verstehen.", flüsterte die Frau. Das kleine Mädchen und sie sahen nun gemeinsam hoch zu den Sternen. Der Wind hatte die Richtung geändert.

The story of the Dark KingdomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt